So!: Herr Schmitz, Sie gelten als begnadeter Improvisator. Ist das ein Naturtalent? Oder kann man Schlagfertigkeit trainieren?

Unser Sonntagsstar

Der deutsche Komiker Ralf Schmitz, 1974 in Leverkusen geboren, ist auch Musiker, Moderator, Schauspieler, Synchronsprecher und Autor. Nach Abitur und Zivildienst hat er eine Schauspiel- sowie eine klassische Tanzausbildung absolviert und Gesangsunterricht genommen. 2003 war er "Newcomer des Jahres" beim Deutschen Comedypreis, 2005 gewann er diesen Preis in der Kategorie "Beste deutsche Impro-Show" mit der Sat.1-Comedyserie "Schillerstraße". In den "7 Zwerge"-Kinokomödien spielte Schmitz den Zwerg Sunny. Seit 2005 tritt er mit eigenen Bühnenprogrammen bundesweit auf. Er ist auch als Synchronsprecher tätig, zuletzt sprach er den Leonard in "Angry Birds". Sein aktuelles Soloprogramm heißt "Schmitzenklasse". Seit dem Start 2013 moderiert Schmitz das Datingformat "Take Me Out" bei RTL. Neue Folgen davon laufen noch bis Mitte März, so auch am heutigen Samstag um 22.30 Uhr.


Ralf Schmitz - "Schmitzenklasse" live

22. Februar Halle/Saale, Steintor-Variete

23. Februar Weimar, CCN Weimarhalle

24. Februar Suhl, Congress-Centrum

25. Februar Limburg, Stadthalle

2. März Hagen, Stadthalle

3. März Düsseldorf, Mitsubishi-Electric-Halle

7. März Hamm, Maximilianhalle

8. März Osterholz-Scharmbeck, Stadthalle

9. März Lübeck, Musik- und Kongresshalle

16. März Mannheim, Rosengarten

17. März Freiburg, Konzerthaus

18. März Ulm, Congress-Centrum

14. April Gummersbach, Schwalbe-arena

15. April Hannover, Theater am Aegi

21. April Siegburg, Rhein-Sieg-Halle

26. April Dessau, Anhaltinisches Theater

27. April Berlin, Tempodrom

28. April Jena, Sparkassen-Arena

4. Mai Lemgo, Lipperlandhalle

5. Mai Krefeld, Seidenweberhaus

6. Mai Wuppertal, Uni-Halle

17. Mai Trier, Arena

18. Mai Aachen, Eurogress


Ralf Schmitz: Ach du je, das ist ja eine interessante Frage. Kann man das lernen? Jein. Was man lernen kann in der Improvisation, das sind so "Leitplanken", sag ich mal. Hilfestellungen, durch die man auf der Bühne die Angst verliert, wenn man ohne Text rausgeht. Denn: Die Angst muss man loswerden, sonst ist man blockiert. Man sollte lernen, dass man tendenziell den ersten Gedanken nimmt oder das Erste, das die Zuschauer einem zurufen. Dass man nicht lang überlegt, weil auch das wieder den Fluss hemmt und damit auch die eigene Fantasie. Ob einem das generell liegt oder nicht, ob man dafür ein Talent hat, das muss man rausfinden. Mir liegt das sehr. Es macht mir wahnsinnigen Spaß, mich darauf einzulassen, ohne eine Idee auf die Bühne zu gehen und mir dann ad hoc, sehr schnell, ganz spontan was auszudenken. Dass muss und soll dann nach Möglichkeit auch noch komisch sein.

So!: Wie viel von "Schmitzenklasse" ist festes allabendliches Gerüst? Und wie viel kommt durch Improvisation hinzu?

Schmitz: Ungefähr halb und halb. Es kommt immer auf den Abend an. Manchmal ist es ein bisschen mehr Improvisation, manchmal ein bisschen weniger. Ich frage die Leute nach bestimmten Dingen, etwa nach ihrer Schulzeit oder anderen Parametern. Manches ergibt sich auch einfach so. Daraus spiele ich dann eine spontane Szene. Die ist jeden Abend anders, die verändert sich, die ist immer wieder neu, die fordert mich. Und das ist ja auch der Sinn der Sache. Ich muss alle möglichen komischen Szenen und Situationen spielen. Die andere Hälfte besteht aus meiner Welt, aus Mitbringseln aus meiner Beobachtung. In diesem Fall eben aus meiner Schulzeit. Zum Beispiel hatte ich einen Religionslehrer, den ich oft erwähne. Der war nicht böswillig und fies, sondern einfach langweilig und faul. Der wollte selber keinen Unterricht machen. Einmal hatte er einen Diavortrag vorbereitet, der bestand aus drei Dias. Und die sind ihm dann runtergefallen. Da hat er gesagt: "Geht nach Hause. Ich muss die noch mal neu ordnen." Da hatten wir noch Glück, denn meistens ging die Zeit in Religion schlecht oder gar nicht rum. Ich habe nun Folgendes gemacht: Ich erzähle nicht nur diese Anekdote, sondern ich mache dann im Anschluss auch eine Situation auf, die Religionsunterricht spannender gestaltet. Ich erzähle die Bibel-Geschichte in wenigen Augenblicken nach - anhand des heutigen Fernsehens. Die Zuschauer haben sozusagen die Fernbedienung in der Hand. Und können umschalten. Im nächsten Programm, auf dem nächsten Sender läuft die Bibel-Geschichte an einer anderen Stelle weiter.

So!: Wie muss man sich das vorstellen?

Schmitz: Etwa so: "Bauer sucht Frau" beginnt bei Adam und Eva. Noah sitzt bei "Tiere suchen ein Zuhause", weil die Tiere aus der Arche ja ein neues Zuhause brauchen. Petrus sitzt bei Günther Jauch in "Wer wird Millionär?" und muss Fragen beantworten zu Jesus und zur Wiederauferstehung. Und so weiter, und so weiter. Die Bibel-Geschichte wird also aufgearbeitet mit heutigen Fernseh-Mitteln. Ich will mich nicht darüber lustig machen, sondern eine humorige Perspektive auf dieses Thema liefern, die es so bisher nicht gab. Und so etwas mache ich mit verschiedenen anderen Sachen natürlich auch.

So!: Zentrales Thema ist ja die Schulzeit. Jetzt mal ohne Witz: Wie haben Sie Ihre Schulzeit erlebt?

Schmitz: Ich habe tatsächlich viele schöne Erinnerungen an meine Schulzeit. Es gibt da auch ein paar schwierige, ohne Frage. Aber überwiegend - da ich das Ganze schon damals immer mit Theater verbunden habe - hatte ich immer großen Spaß. Wenn es mal nicht so gut lief, wenn es mal Stress und Ärger gab, dann habe ich diese Arbeit in den Theatergruppen gemacht. Ich war immer schon derjenige, der Theater spielte, der eine Aufführung präsentierte, zu der die ganze Schule kam. Später waren das oft auch komische Sachen. Das haben die Leute, meine Mitschüler und Kollegen und Freunde, immer gut honoriert. Bei mir war das immer mit drin, das war Teil meines Charakters. Ich habe die Schulzeit eigentlich in wirklich guter Erinnerung.

So!: Was waren denn Ihre Lieblingsfächer?

Schmitz: Deutsch. Philosophie. Lustigerweise auch Biologie, das fand ich spannend bis in die Oberstufe. Andere Fächer fand ich eher ein bisschen blöd. Mathe zum Beispiel. Ich war da nicht wahnsinnig schlecht, aber mir war das Fach nicht wirklich wichtig. Ich hatte eine relativ normale Schulzeit, würde ich sagen.

So!: Haben Sie Ihre Mitschüler damals schon zum Lachen gebracht? Waren Sie der Klassen-Clown?

Schmitz: Ja, auf jeden Fall. Es ist zwar das Klischee schlechthin, aber man muss das bejahen. Ich habe Loriot-Sketche nachgespielt, Louis de Funes, Heinz Erhardt, von Otto ein paar Sachen. Das haben wir dann in der Schul-Aula aufgeführt. Ausverkauft. Riesen-Applaus. Wunderbar. Da habe ich also kleine erste Erfolge gefeiert, wenn ich das mal vorsichtig so sagen darf. Aber tatsächlich auch in der Klasse. Da gibt es den einen oder anderen Klassenbuch-Eintrag - ich wollte das noch organisieren für die Show, aber leider war das nicht möglich, die Klassenbücher waren nicht aufzutreiben. Ich hatte schon mal, na ja, eine lustige Entgegnung auf die Anmerkungen eines Lehrers parat. In vorsichtiger Art und Weise. Ich war kein enfant terrible, aber ich war nicht immer still.

So!: Hatten Sie Ihr hyperschnelles Mundwerk schon als Schüler?

Schmitz: Ja. Das war schon immer so. Ich weiß auch nicht, woher das kommt. Ich empfinde mich übrigens gar nicht als schnell. Das ist ja immer eine Frage der Perspektive. Ich empfinde eher die anderen als langsam. Was natürlich daher kommt, dass ich meine Schlagfertigkeit auf der Bühne ständig trainiere und gegenüber dem Publikum dadurch klar im Vorteil bin.

So!: Wer schnell redet, wirkt oft hektisch.

Schmitz: Ja, aber da gibt es schon einen großen Unterschied. Hektisch wirkt immer planlos, nah am Hysterischen. Schnell bedeutet eben nur: Das Ganze eine Spur - äähm - schneller zu geben. Es ist die reine Geschwindigkeit. Auch da ist eben alles relativ. Man kann die Frage also mit Einstein abschließen: Alles ist relativ.

So!: Sie suchen sich für Ihre lustige Klassenfahrt eine Handvoll "Mitschüler" aus dem Publikum. Nach welchen Kriterien wählen Sie die Leute aus?

Schmitz: Spontan. Das ist ganz spontan, da passiert ganz viel intuitiv. Jetzt könnte man sagen, durch einige Jahre Erfahrung in diesem Bereich kristallisiert sich da ein System heraus. Aber die Parameter sind schwer zu fassen. Es gibt ja auch Abende, da frage ich das Publikum nach bestimmten Dingen und spiele dann damit eine Szene. Es muss nicht immer ein Zuschauer auf die Bühne. Im Moment sind es viele. Aber das kann beim nächsten Programm schon wieder ganz anders sein. Selbst wenn Zuschauer auf der Bühne sind: Letztendlich mache immer ich die Arbeit. Es muss keiner meinen Job machen, es muss niemand lustig sein auf der Bühne. Es geht ja darum, dass ich in der Improvisation in Situationen geworfen werde, in denen ich bestehen muss. Der Zuschauer muss das nicht, um Himmels willen. Das merken die Zuschauer auch sehr schnell. Die Angst, die Scheu, jetzt auf der Bühne zu stehen, verfliegt sehr schnell. Die Leute merken, spüren und erkennen: Ihnen muss gar nichts einfallen. Darum geht es überhaupt nicht. Sie müssen nicht schlagfertig agieren, das mache schon ich. Und so soll es ja auch sein. Die Leute haben doch bei mir eine Karte gekauft und nicht bei sich selbst.

So!: Wie kann man Ihnen denn entkommen? Muss man sich da ganz hinten hinsetzen? Oder hat man auch dort eigentlich keine Chance?

Schmitz: Nee, eine Chance haben Sie nicht (lacht) . Na ja, eine Chance, mir zu entkommen, haben Sie nur, wenn ich merke, dass Sie echte Angst haben. Dann lasse ich Sie natürlich in Ruhe. Ich zwinge niemanden gegen seinen hundertprozentigen Willen auf die Bühne. Das mache ich nicht. Mittlerweile ist es so, dass die Leute durch die vielen Jahre auch merken, dass das gar nicht so arg ist. Da gibt es kaum noch Gegenwehr, da ist die Angst nicht mehr so vordergründig. Im Gegenteil: Es gibt sogar einige Leute, die sich mittlerweile schon freuen, wenn sie auf der Bühne mit dabei sind. Das ist ein schöner Effekt. Aber: Wenn Sie gar nicht wollen und Sie sitzen in der 18. Reihe und ich sehe die Angst aus Ihren Augen springen, dann lasse ich Sie auch in Ruhe.

So!: Sie lachen auch oft über sich selbst. Ist Ralf Schmitz, der Komiker, so schnell, dass er Ralf Schmitz, den Zuhörer, noch derart verblüffen kann?

Schmitz: Ha, ha! Das ist ja ein lustiger Einfall. Ich überhole mich selbst und bringe mich selbst zum Lachen. Aber wo ich gerade darüber nachdenke, ist da tatsächlich etwas dran. Bei der Improvisation passiert ja vieles intuitiv. Das, was ich da spiele und sage, kann ich ja nicht lange am Schreibtisch überprüfen und beleuchten und aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Ich erfinde den Text in der Sekunde, in der es passiert. Gefühlt also gleichzeitig. Insofern kann es schon tatsächlich mal passieren, dass aus der Situation heraus im Affekt eine schnelle Pointe rausrutscht, die mir gerade einfällt. Während ich das ausspreche, gefällt sie mir selber gut. Nicht, weil ich mich so toll finde, sondern, weil sich die Situation gerade so ergeben hat. Das macht dann tatsächlich Spaß. Insofern haben Sie tatsächlich Recht (lacht). Manchmal überholt die Szene einen selbst.Ja, das kann passieren.

So!: Sie arbeiten ja mit diesem unverkennbaren rheinischen Humor. Funktioniert der im ganzen Land gleich gut? Oder bemerken Sie regionale Unterschiede?

Schmitz: Das funktioniert in der Tat sehr gut. Wobei ich mich bemühe, auch die anderen Dialekte zu lernen. Deswegen ja der Kontakt mit dem Publikum, dieses Miteinander, dieses Einbauen der aktuellen Sachen in die Show. Ich lasse mich ganz bewusst und mit ganz viel Spaß auch auf die Region ein. Ich frage nach dem Bürgermeister, ich frage nach der Schule vor Ort, ich frage nach den eigenen Erlebnissen der Zuschauer, ich frage nach Ausdrücken im Dialekt. Ich frage nach all dem. Ich zwinge keinen in Südbayern, jetzt Rheinisch zu verstehen. Es ist natürlich dieser kleine Singsang da, diese Farbe, die die Herkunft nicht verleugnen lässt. Das mag sein. Aber ich kann das auch bewusst einfärben. Wenn ich in Köln spiele, dann klingt das Ganze natürlich etwas rheinischer als wenn ich in Südbayern oder in Hamburg spiele. Aber dadurch, dass es kein festes Stück gibt, dass alles sehr offen und frei ist, kann ich das dosieren. Es macht mir auch großen Spaß, jeden Abend auf die verschiedensten Dialekte einzugehen. Das ist doch toll. Ich kann mit den Zuschauern zusammen lernen und etwas herausfinden - auch über die Gegend, in der sie leben.

So!: Wie lange geben Sie sich jeden Abend, um aus den "Zombies in Konsumentenhaltung" im Publikum tränenlachende Fans zu machen?

Schmitz: Ha, ha! Wo haben Sie denn das Zitat her?

So!: Ich habe irgendwo gelesen, dass Sie das mal so gesagt haben.

Schmitz: Ha, ha, ha! Nein. Ich glaube, "Zombies in Konsumentenhaltung" habe ich nicht gesagt. Lustig ist das durchaus. Aber ich würde mich daran erinnern, wenn ich das mal gesagt hätte. Also: Um aus diesen Leuten etwas herauszukitzeln, wie lange dauert das? Die Frage ist: Wann bekomme ich das Publikum? Durch den direkten Kontakt gleich am Anfang? Ich glaube schon. Ich habe das Gefühl, dass das sehr schnell geht. Es ist ja mein Ziel, dass es nicht eine halbe Stunde dauert, bis sich die Leute auf mich einlassen können, bis wir uns verstehen. Das soll schon in den ersten drei, vier, fünf Sätzen passieren. Zum einen durch den direkten Kontakt, zum anderen auch durch die Spielfreude, die ich mitbringe. Die ist nicht aufgesetzt, die ist tatsächlich da. Ich mag sehr gern, was ich tue. Das ist bei diesem Beruf sehr hilfreich (lacht). Ich freue mich immer sehr auf die Vorstellung. Und wenn ich dann rauskomme, dann geht es eben auch sofort los. Ich komme von der Bühne, ich habe das mein Leben lang gemacht. Der ganze Tag zielt eigentlich nur auf den Punkt, wo die Vorstellung losgeht, wo das Licht angeht auf der Bühne. Ich glaube, dass das einen sehr schnellen Draht schafft zwischen Publikum und Künstler. Diese schnelle Verbindung zwischen mir und den Zuschauern, das ist toll. Und es ist - ehrlich gesagt - auch mein Ziel. Es soll nicht so eine ansteigende Kurve sein, sondern das direkte Zueinander-Finden, das direkte Miteinander-Sprechen. Wenn ich diesen direkten Kontakt schaffe, können die Leute auch direkt einsteigen.

So!: Wie viele Kilometer pro Auftritt legen Sie denn so zurück bei Ihrem Herumrennen zwischen Bühne und Zuschauerraum?

Schmitz: Das habe ich nie gemessen. Aber es müssen einige sein. Immer runter und wieder rauf, von links nach rechts, und die vielen Szenen, die ich spiele, da stehe ich ja auch nicht immer auf einem Punkt. Es stimmt: Das müssen Kilometer sein. Aber ich weiß nicht, wie viele. Keine Ahnung. Da müsste ich mal so einen Schrittzähler mitnehmen. Oder so eine Armbanduhr mit App. Das ist ein schönes Projekt, Frau Herdegen. Das werde ich mal angehen. Mal gucken, welche Strecke ich da zurücklege.

So!: Ist die Show Ihr Haupt-Fitnessprogramm? Wie bereiten Sie Ihren Körper auf die allabendliche Strapaze vor?

Schmitz: Dadurch, dass das kontinuierlich passiert, ist es tatsächlich Teil des Sportprogramms. Ich glaube, das hilft sehr dabei, fit zu bleiben. Aber es gibt auch andere Sachen: Ich laufe gerne, ich fahre gerne Fahrrad. Und ich laufe Inline-Skates. Die habe ich im Kofferraum immer dabei. Wenn nicht gerade tiefster Winter ist und alles verschneit, laufe ich damit gerne. Es gibt ja in vielen Städten schöne Strecken - am Wasser entlang oder durch einen Park. Damit versuche ich, mich unterwegs fit zu halten. Zu Hause gibt es noch ein paar Sachen, es gibt ja mittlerweile tolle Übungen, die man daheim machen kann. Dazu kommt noch ein bisschen Cross-Training. Langweilig wird's mir da nicht.

So!: Sie sind ja auch ausgebildeter Tänzer. Tanzen Sie denn noch ab und zu?

Schmitz: Ich muss zugeben: Nein. Tatsächlich habe ich damals eine kleine Ballett-Ausbildung gemacht. Die ist bis heute von großem Vorteil. Aber dass ich Tänzer wäre, so wie damals mit allen Möglichkeiten - es wäre sehr vermessen, das heute noch zu behaupten. Ich habe das alles mal gelernt, klar. Aber ich könnte - um Himmels willen - jetzt nicht auftreten als Tänzer. Da bin ich zu lange aus der Übung und aus dem Training raus. Um da wieder hinzukommen, müsste ich wohl alles aufgeben, was ich tue, und die ganze Woche, jeden Tag vier, fünf, sechs Stunden üben. Und selbst dann: Ich bin jetzt 43. Die Form für Tänzer in diesem Alter wieder zu erreichen - ich weiß nicht, ob das überhaupt noch möglich wäre.

So!: Aber Sie gehen bestimmt ab und zu mal tanzen.

Schmitz: Ja, klar, das kommt vor. Also nicht Ballett an der Stange, sondern abends beim Weggehen. Natürlich.

So!: Sie sind auch sehr erfolgreicher Autor. In Ihrem Buch "Schmitz' Katze" haben Sie die alte Weisheit aufgegriffen: "Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal". Welche Erfahrungen mit Vierbeinern haben Sie denn selbst gemacht?

Schmitz: Na ja. Das ist ja alles in dem Buch manigfaltig beschrieben. Etwa meine lange, lange Freundschaft mit meiner damaligen Katze "Minka". Meine Mutter hatte auf diesem Supernamen bestanden: "Minka". Die ist immerhin zwanzig Jahre alt geworden. Es gab sie also auch nach Erscheinen des Buches noch ein paar Jahre. Sie war schon ein Methusalem. Und ich beschreibe alles: Balkontür aufmachen, Balkontür zumachen, Katze raus, Katze rein, raus, rein. Die ganzen Fressgewohnheiten, die Schlafgewohnheiten. "Minka" war der älteste Freund, den ich hatte. Ich habe das Buch auch beschlossen mit dem Statement, dass ich mir nach "Minka" keine neue Katze aussuchen und nach Hause holen werde. Ich fand das schwierig, wenn man so lange mit einem Tier - mit einem Freund, wenn man so will - zusammen war. Wenn die Großmutter stirbt, geht man ja auch nicht ins Altenheim und sucht sich eine neue aus. Aber ich habe auch geschrieben, wenn mal wieder eine zu mir will, dann werde ich wohl nicht anders können, als das zu akzeptieren. Und genau so war es: Als ich vor ein paar Jahren umgezogen bin, kam tatsächlich über die Terrasse eine kleine schwarze puschelige Katze in mein Wohnzimmer. Sie setze sich, guckte mich an, maunzte - und es war passiert. Das ist jetzt anderthalb Jahre her. Ich habe noch nachgeforscht, wo sie herkommt. Aber da war niemand, der sein Lieblingstier vermisste. Die Katze ist also bei mir, gehört dazu - und ist aktuell ein neuer Freund. Wir haben viel Spaß.

Interview: Andrea Herdegen