Vor dreißig Jahren wurde Deutschland von einem ganz besonderen Lebensgefühl überrollt: dem Disko-Fieber. Den Sprung über den großen Teich hatte es mit dem Film „Saturday Night Fever“ geschafft. Der Oscar- und Golden-Globe-nominierte Streifen machte nicht nur die Bee Gees mit ihren, in schwindelerregendem Falsett gesungenen, Superhits unsterblich (der Soundtrack verkaufte sich über 40 Millionen Mal); er bereitete auch im guten alten Europa den Boden für Diskotheken, die wie Pilze aus der Erde schossen. Diese Orte, wo die ganze Nacht Party war, machten alle Besucher gleich – wenn sie ausgeflippte Kleidung trugen und tanzen konnten. Der Alltag verlief meist stumpfsinnig, und „nur Samstagnacht“ (so der deutsche Filmtitel) ging es endlich ab. Wer tagein, tagaus als graue Maus Diktate aufgenommen oder als Zechenarbeiter kaum den Kohlenstaub vom Gesicht bekommen hatte, stylte sich am Wochenende, föhnte die wilde Mähne und zog Schlaghosen und lächerliche Rüschenhemden an. Auf den Tanzflächen der Diskopaläste verblassten die sozialen Unterschiede: Wer sich zu Hause unverstanden fühlte, wurde unter den glitzernden Spiegelkugeln für einige aufregende Stunden zum Helden, zur Party-Queen. In dem von dem versierten Musical-Macher Robert Stigwood produzierten und John Badham inszenierten Erfolgsfilm ist es John Travolta, der in der Rolle des Vorstadtjungen Tony Manero (auf dem Foto mit Co-Star Karen Lynn Gorney als Stephanie) diese Möglichkeit nutzt, um der grauen Vorstadt Brooklyn zu entkommen und in Manhattan sein Glück zu suchen. Mit „Saturday Night Fever“ wurde Travolta über Nacht zum Idol einer ganzen Generation, seine Pose (Bild) zum Symbol des Diskotanzes schlechthin – und zum Ziel gnadenlosen Spotts: In der Filmparodie „Die nackte Kanone“ wirft ein John-Travolta-Verschnitt mit elegantem Schwung in den Hüften seine weiße Anzugjacke weg – doch die fliegt ihm postwendend wieder um die Ohren.