Berlin - ZDF-Intendant Thomas Bellut hat sich gegen den Vorschlag ausgesprochen, es solle künftig nur noch einen nationalen Sender geben. "Ich halte das nicht für den richtigen Weg", sagte Bellut am Dienstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung zur "Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", zu der die Medienanstalt Berlin-Brandenburg und die Senatskanzlei Berlin eingeladen hatten.

"Ich bin klar für Vielfalt", sagte Bellut. Angesichts der Bedeutung in der politischen Berichterstattung der
öffentlich-rechtlichen Anstalten, halte er es für falsch, nur auf einen Sender zu setzen. "Die Konkurrenz, die wir um die beste Qualität haben, halte ich für außerordentlich wichtig."

Sachsen-Anhalts Medienminister Rainer Robra (CDU) hatte gefordert, die ARD solle sich auf die Berichterstattung aus den Bundesländern konzentrieren. Als nationaler Sender reiche das ZDF aus. Die ARD-"Tagesschau" wäre nach seiner Überzeugung in der bisherigen Form dann überflüssig.

Auch Patricia Schlesinger, Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb), erteilte diesen Ideen am Dienstagabend eine Absage. Gerade in Zeiten, in denen es ein erhöhtes Informationsbedürfnis gebe, sei ein funktionierendes öffentlich-rechtliches System umso wichtiger. Zur Hauptnachrichtensendung der ARD sagte sie: "Jeden Abend gucken 10,5 Millionen Menschen die Tageschau, darunter sind ungefähr 400 000 unter 29-Jährige. Das ist eine starke Meinungsmacht, und wir sind uns der Verantwortung bewusst, aber ich glaube nicht, dass man ernsthaft als Politik dahergehen sollte und sagen 'Das streichen wir mal'".

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die Ministerpräsidenten am Mittwoch auf, die Struktur der ARD und ihrer Sender nicht anzutasten. Allerdings müsse es einen fairen Interessenausgleich zwischen den Digitalangeboten der ARD-Anstalten und den privatwirtschaftlichen Nachrichtenportalen geben, so DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. "Es muss endlich Schluss sein mit der polemisch geführten Auseinandersetzung um die Tagesschau-App, aber auch mit übermäßigen Textangeboten der Sender." Im Zweifel gelte es, die dritten Programme der ARD-Sender als regionale Informationsquellen auszubauen und nicht als fünftes Rad am Wagen zu sehen, so der DJV-Vorsitzende. Dazu gehörten aber auch zeitgemäße Telemedienangebote.

Tabea Rößner, Expertin für Medienpolitik in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, verlangte von den Ministerpräsidenten, eine breite Diskussion über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anzustoßen. Unabgestimmte Vorstöße einzelner Medienpolitiker seien dagegen in einer populistisch aufgeheizten Stimmung gegen die Öffentlich-Rechtlichen wie derzeit fatal. Dabei werde aus dem Blick verloren, was angesichts der Digitalisierung Aufgabe und Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien sein soll. Bei der Konferenz der Ministerpräsidenten, die am heutigen Mittwoch in Saarbrücken begonnen hat, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk und seine Finanzierung ein Thema. Robras Vorschläge hatten bereits am Dienstag Kritik provoziert.