Wir haben ein Flugblatt erstellt, das wir nun über Facebook und verschiedene Webseiten verbreiten. Auch in vielen Zoiglstuben haben wir Flyer ausgelegt, weil dort erfahrungsgemäß viele Gäste aus Oberfranken verkehren. Wir wollen erreichen, dass das Verschwinden meines Mannes nicht in Vergessenheit gerät und dass Freunde und Bekannte stets wachsam und mit offenen Augen durchs Leben gehen.
Ist Ihr Mann krank oder hat er finanzielle Probleme, die sein Verschwinden erklären könnten?
Nichts dergleichen. Uns ging es gut. Alles war in Ordnung. Es kam öfter vor, dass er beruflich auswärts übernachten musste, aber dann blieben wir stets in Kontakt. Und wenn wir es abends nicht mehr schafften zu telefonieren, rief er sofort am nächsten Morgen an. Er hat mich immer darüber informiert, wo er sich gerade aufhält.
Wie gehen Sie und die beiden Töchter mit dieser Situation um?
Wir denken uns mehrmals täglich: "Das kann nicht sein." Ich bin jetzt aber niemand, der zu Hause rumsitzt und ununterbrochen heult. Ich gehe nicht blauäugig durchs Leben und weiß, dass mit jedem weiteren Tag die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass er vielleicht doch noch am Leben sein könnte. Das Schlimmste aber ist diese Ungewissheit.
Nehmen Sie ärztliche oder psychologische Hilfe in Anspruch?
Zunächst haben wir das Angebot der Polizei wegen psychologischen Betreuung abgelehnt. Inzwischen würden wir es aber gerne annehmen. Allerdings ist die Situation mit Psychologen in Weiden und Umgebung eher schwierig. Unsere evangelische Pfarrerin Lisa Weniger ist eine große Stütze für unsere Familie, sie ist fast täglich bei uns. Und zudem haben wir viele gute Freunde, die uns fantastisch helfen. Sei es bei der Flyer-Aktion oder bei handwerklichen Tätigkeiten im Haushalt. Da wären wir ohne meinen Mann nämlich aufgeschmissen, denn ich habe noch nie nach der Heizung gesehen. Wir hatten eine, wie ich finde, normale eheliche Aufgabenteilung.
Haben Sie am Morgen des Verschwindens etwas Außergewöhnliches an Ihrem Mann bemerkt? War er anders als sonst?
Überhaupt nicht. Wir haben uns noch abgesprochen, wer wann nach Hause kommt und er hätte eigentlich der Erste sein müssen. Unsere Tochter kam um 19 Uhr und ich um 20.30 Uhr heim. Als ich das Auto nicht in der Einfahrt sah, beschlich mich schon ein komisches Gefühl. "Wo ist Papa?", fragte ich unsere Tochter. Doch sie sagte nur, dass er auch schon nicht da gewesen sei, als sie nach Hause gekommen war.
Versuchten Sie daraufhin, ihn zu kontaktieren?
Ja, wir riefen ihn an, da ging aber nur die Mailbox ran. Dann schrieben wir ihm über Whatsapp. Die Nachricht kam an, das sahen wir an den beiden Bestätigungshaken dahinter, doch diese wurden nicht blau als Beleg dafür, dass er sie auch gelesen hätte.
Waren Sie persönlich am Fundort des Firmenfahrzeugs Ihres Mannes zwischen Rehau und Schönwald?
Noch nicht. Aber ich will dort unbedingt noch hin und selbst einige Wege rund um die Weiher abgehen. Dazu müssen allerdings Zeit und Wetter passen. Zudem sind laut Polizei die kleinen Weiher und Tümpel mit maximal 1,5 Meter Tiefe noch nicht näher abgesucht worden. Das soll erst nach der Entscheidung von Experten geschehen.
Gibt es aktuell so etwas wie Alltag für Ihre Familie?
Wir wollen den Alltag wiederfinden. Das ist wichtig, denn wir können ja nicht ständig rumsitzen und warten, dass das Telefon klingelt oder das Polizeiauto vorfährt, um uns Neuigkeiten mitzuteilen. Deswegen gehe ich jetzt auch wieder zur Arbeit.
Wie schätzen Sie die Arbeit der Polizei ein, die die großflächige Vermisstensuche nach drei Tagen einstellte und dafür besonders in den sozialen Netzwerken Kritik erntete?
Die Polizei hat sicher nicht die personellen Ressourcen, pausenlos nach meinem Mann zu suchen. Und zudem stehen wir in ständigem Kontakt mit den Beamten und sind über die weiteren Aktionen und Ermittlungen im Bild.
Die Fragen stellte Fabian Leeb
Der aktuelle Stand der Ermittlungen
Mehr als eine Woche nach dem Verschwinden Erwin Kreisels gibt es weiterhin keine Anhaltspunkte, wo sich der Vermisste aufhält. "In den polizeilichen Ermittlungen gab es keinen Hinweis, der uns dem Vermissten näher gebracht hätte", sagt Albert Brück, der Sprecher des Polizeipräsidiums Regensburg. Auf die Frage, warum die Weiher nahe Sophienreuth noch nicht abgesucht wurden, entgegnet Brück: "Am ersten Tag der Suchaktion waren Polizeihubschrauber im Einsatz. Da die Weiher nicht sehr tief sind und das Wasser sehr klar war, hatte die Hubschrauberbesatzung sehr gute Sicht in das Wasser." Daher seien die Suchmannschaften davon ausgegangen, dass sich Erwin Kreisel nicht im Wasser befindet. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, ergänzt Albert Brück, dass Experten der Polizei die Suche in den Weihern erneut aufnehmen werden. Die Ermittler müssten sich mit Spezialisten der Bereitschaftspolizei in Verbindung setzen. Bei der gebe es spezielle Eistaucher, die auch bei geschlossener Eisdecke auf die Suche gehen könnten. C M
