Hof Helfer in seelischer Not

Peter Rauscher
Menschen in psychischen Notfällen bekommen demnächst rasch Hilfe über eine neue Notrufnummer des psychiatrischen Krisendienstes für Oberfranken. Foto: Uli Deck dpa

Der psychiatrische Krisendienst Oberfranken soll zum Jahreswechsel starten. Nachts, an Wochenenden und Feiertagen sind Mitarbeiter der Diakonie Hochfranken unterwegs.

 
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Hof - Zum Jahresbeginn 2021 soll der neue psychiatrische Krisendienst für Oberfranken an den Start gehen. Rund 200 Fachkräfte stehen ab dann bereit, Menschen in psychischen Notfällen rasch zu helfen - entweder am Telefon über eine neue Notrufnummer oder mit mobilen Einsatzteams, die wie eine schnelle Eingreiftruppe zu den Anrufern entsandt werden können.

Katrin Strohhöfer ist Psychologin und Psychotherapeutin. Sie leitet die neue Einsatzzentrale des Krisendienstes in Bayreuth und ist gerade noch mit deren Aufbau beschäftigt. Bis zu 20 Personen sollen im Endausbau hier arbeiten, einige Stellen sind noch unbesetzt, sagt sie.

Der Krisendienst soll schrittweise ausgebaut werden: Zunächst wird er nur an den Vormittagen von 9 bis 14 Uhr erreichbar sein, ab 11. Januar Samstag bis Mittwoch 9 bis 17 Uhr, Donnerstag und Freitag zwischen 19 und 21 Uhr. Die vorgesehene Erreichbarkeit rund um die Uhr soll ab Sommer 2021 sichergestellt sein.

Der Aufbau dieser Krisendienste in ganz Bayern ist ein Kernstück des 2018 vom Landtag beschlossenen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes. Krisendienste gab es da bereits in Ballungsräumen wie München und Nürnberg, die flächendeckende Einrichtung in Bayern ist einmalig in Deutschland. Träger der Krisendienste sind die Bezirke.

"Der neue Krisendienst ist das Puzzlestück in der Notfallversorgung der Bevölkerung, das noch gefehlt hat", sagt Strohhöfer. Nach den Erfahrungen aus den schon bestehenden Krisendiensten erwartet sie ein "breites Spektrum" an Hilfeersuchen: den einsamen alten Mann, der gerade Witwer geworden ist, den psychisch erkrankten Menschen in einer akuten Krise, den depressiven Menschen, der seinen Suizid plant. Bisher waren das oft Fälle für Polizei oder Notarzt. Künftig soll es dafür eine neue Notrufnummer geben. Bis zur Einrichtung der einheitlichen Notrufnummer wird es Nummern mit Ortsvorwahlen geben.

Wenn die telefonische Krisenberatung nicht ausreicht, können mobile Hilfsteams aus jeweils zwei Fachkräften entsandt werden, die je in höchstens einer Stunde an jedem Ort in Oberfranken sein können. Für diese Einsätze wurden die Sozialpsychiatrischen Dienste (SPDI) in Bayreuth, Bamberg, Hof und Coburg/Kronach personell aufgestockt.

Abends, nachts, an Wochenenden und Feiertagen wechselt die Zuständigkeit für die mobilen Einsätze auf die Diakonie Hochfranken. Leiter dieses Dienstes ist Martin Schuster, Chef der SPDI Hof. 135 Fachkräfte wurden dafür oberfrankenweit als geringfügig Beschäftigte gewonnen. Insgesamt arbeiten für den neuen Krisendienst in Oberfranken rund 200 Fachkräfte aus allen psychologischen und psychiatrischen Bereichen, größtenteils in Teilzeit oder geringfügig.

Mit rund 1,4 Millionen Euro Kosten für die mobilen Einsatzteams im ersten Jahr des Krisendienstes rechnet der Bezirk Oberfranken, eine weitere Million Euro, die für die Leitstelle veranschlagt wird, übernimmt das Gesundheitsministerium. Wie das neue Angebot in Oberfranken angenommen wird, müsse sich erst noch zeigen, meint Strohhöfer. Schuster sagt: "Auf dem Land ruft man nicht so schnell um Hilfe, zumal damit oft auch noch Stigmatisierung verbunden ist." Aber es werde langsam besser. Falsche Zurückhaltung könne fatale Folgen haben: "Wer rechtzeitig Hilfe sucht, kann oft vermeiden, dass es zu Erkrankungen kommt."

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