Hof Umzug statt Unterricht

Ulrich Rockelmann

Vor 50 Jahren wechselte die Oberrealschule ins neue Schiller-Gymnasium. Da hieß es anpacken: Die Schüler schleppten stunden- und tagelang Bücher und Stühle.

 
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Hof - Immer wieder interessant ist es, in der Hofer Schulgeschichte zu forschen. Zum Beispiel im Jahr 1965. Dieses brachte für die Stadt gleich zwei Zäsuren. Zum einen wich landesweit die Bezeichnung Oberrealschule dem (mathematisch-naturwissenschaftlichen) Gymnasium; zum anderen zog die größte höhere Hofer Schule in das umgebaute Schillerschulhaus um und bildete fortan das Schiller-Gymnasium. Einige persönliche Erlebnisse kann Ulrich Rockelmann schildern, ein seinerzeit direkt betroffener "Oberschüler".

Im September 1964 kam er in die damalige Oberrealschule Hof (OR Hof), als sich der Schulbetrieb noch auf zwei Gebäude (Schlossplatz und Altstädter Schulhaus) verteilte. Dort, an Marien- und Luitpoldstraße, residierten in zehn Zimmern die Unterklassen, während sich die oberen Jahrgänge, das Direktorat und verschiedene Spezialräume am Schlossplatz befanden.

Für das Schuljahr 1964/65 bedeute dies, dass die Klassen 1a bis c, 2a bis c, 3a bis c und 4a im Altstädter Schulhaus untergebracht waren. Die interne Leitung des dortigen Schulbetriebs hatte 1965 der bei Schülern und Eltern gleichermaßen beliebte Gymnasialprofessor Leo Gemeinhardt, während Oberstudiendirektor Dr. Christian Braun als Leiter der gesamten Anstalt sein Büro am Schlossplatz hatte und nur selten in der "Altstädter" auftauchte.

Dieses Gebäude war - wohl auch im Hinblick auf den 1965 bevorstehenden Umzug - nicht mehr im besten Zustand. Größere Renovierungen hatten schon länger nicht mehr stattgefunden, und zu den Sanitäreinrichtungen schweigt man lieber. Vorteilhaft für den Sportunterricht war die angebaute Turnhalle, zwischen ihr und dem eigentlichen Schulgebäude befand sich der Hausmeisterbereich.

Nicht weit vom Altstädter Schulhaus lag in der Wilhelmstraße die Wilhelmschule, eine Volksschule. Die beiden Pausenhöfe grenzten in einer Ecke offen aneinander und ermöglichten damit einen - wenn auch nicht gewünschten - "Durchgangsverkehr". Mitunter mussten Aufsichtslehrer in den Pausen kleinere Konflikte schlichten, wenn sich Volks- oder Oberschüler auf das jeweils "andere Territorium" begaben.

Ein permanentes Problem stellte naturgemäß die räumliche Trennung vom Hauptgebäude am Schlossplatz dar. In der Unterstufe war davon in erster Linie der Zeichenunterricht betroffen. Etwa 500 Meter lang war der Fußweg zwischen beiden Schulgebäuden, die immer in den Pausen zurückgelegt werden mussten. Und die mit dem Erstellen des Stundenplans betrauten Lehrer hatten für die Planung nicht selten harte Nüsse zu knacken, denn das Pendeln zwischen den Schulhäusern betraf ja auch viele Lehrkräfte.

Die belebte Kreuzung Marien-/Luitpoldstraße besaß 1964 bereits eine vollständige Ampelanlage. Mitunter missachteten dort natürlich auch Schüler das "Fußgängerrot", so wie ein Freund aus der Parallelklasse. Zu seinem Pech stand schräg hinter ihm auf der anderen Straßenseite zufällig ein Polizist, der ihn prompt laut zurechtwies: "Berschla, wie gehstn ieber die Schtross?" Geistesgegenwärtig konterte Horst laut: "Zu Fuß!", ehe er sicherheitshalber in Richtung Kreuzstein davoneilte.

Der Umzug in das künftig gemeinsame Schillerschulhaus warf gegen Schuljahrsende immer stärkere Schatten auf den Schulbetrieb. Bereits Ende Juni 1965 waren die Prüfungen (Schulaufgaben oder "Exen") soweit wie möglich abgeschlossen, und die Schüler mussten beim Umzug mithelfen.

Von den vier Stunden täglicher Anwesenheit wurde jetzt ein erheblicher Teil dazu verwendet, diverses "Kleinmaterial" wie Bücher, Bilder, Stühle oder Sammlungsstücke hinüber in die Schillerschule zu tragen - selbstverständlich in Begleitung von Lehrkräften.

Da begegneten sich in Teilen der Luitpold- und Wilhelmstraße mitunter zweireihige Schlangen von Schülern, die "hinwärtigen" gut bestückt, die aus der Gegenrichtung kommenden ohne Last. Ob Mathematiklehrer dazu einmal die dabei zurückgelegten Weglängen ausrechneten?

Dann nahte im September 1965 der Neubeginn in der Schillerschule, wenn auch längst nicht alle Umbauarbeiten fertig waren. Noch im übernächsten gedruckten Jahresbericht 1966/67 beklagte die Schulleitung wörtlich "das säumige Verhalten einiger Firmen", und erst 1968 konnte erleichtert vermeldet werden: "Die Um- und Ausbauten am und im Schulgebäude sind abgeschlossen."

Zu jenem Zeitpunkt ahnte wahrscheinlich niemand, dass auch die Schillerschule 25 Jahre später aus all ihren Nähten platzen sollte: Seit dem Schuljahr 1994/95 ist die Oberstufe im renovierten Altstädter Schulhaus untergebracht. Ein Kreis scheint sich geschlossen zu haben - indes mit einem Unterschied zu 1964: Die Entfernung zwischen Hauptgebäude und Filiale beträgt nicht mehr 500, sondern nur noch 200 Meter.

Jubiläum

50 Jahre Schiller-Gymnasium - dieses Jubiläum wird am

17. Oktober mit einem Festakt

und einem "Tag der offenen Tür"

gefeiert.

Zwar begann im Jahr 1965 der Schulbetrieb des Gymnasiums - doch erst drei Jahre später war im Gebäude alles fertig gestellt. 1968 konnte die Schule erleichtert vermelden: "Die Um- und Ausbauten am und im Schulgebäude sind abgeschlossen."

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