Hof Wie Hanna und Günther die Liebe fanden

Hand in Hand durchs Leben: Hanna und Günther Müller (vorne) feiern ihr 70. Ehejubiläum. Zum Gratulieren kamen (von links) Freundin Bärbel Gahlow, CSU-Stadtrat Wolfgang Fleischer, Tochter Gabriele Wagenführer und Schwiegersohn Lutz Wagenführer. Foto: Ertel

Die Hofer Hanna und Günther Müller sind seit 70 Jahren verheiratet und noch immer glücklich: Was ist ihr Geheimnis?

 
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Hof - Hanna und Günter Müller sitzen am festlich geschmückten Tisch in der Küche des Seniorenheims Michaelis-Hof und prosten sich zu. Sie feiern ihr 70. Ehejubiläum. Es gibt Schnittchen und Sekt. Freunde und Verwandte sind gekommen, Pflege-Schwestern des Ehemannes, der CSU-Stadtrat Wolfgang Fleischer überbringt die Glückwünsche des Bürgermeisters und ein Präsent. Der Vormittag läuft ähnlich ab wie bei vielen anderen Ehejubiläen. Doch eine Sache ist besonders: Zwischen dem Jubelpaar knistert es. "Ich liebe sie heute viel mehr als damals", sagt Günther Müller. Seine Frau ergänzt: "Meine Liebe wird jeden Tag stärker."

Während Hanna Müller aus dem gemeinsamen Leben erzählt, streichelt sie unablässig die Hand ihres Ehemannes. Sie fährt über seinen Oberschenkel und greift dann wieder nach seiner Hand. Günther Müller ist in seinen Bewegungen zwar eingeschränkt, doch erwidert er ihre Berührungen und blickt seiner Frau immer wieder tief in die Augen. "70 Jahre sind wir verheiratet, 70 glückliche Jahre", wiederholt er jedes Mal, wenn einer der Gratulanten ihm die Hand drückt. Als könnte er es selbst nicht glauben. "Das gibt es nicht alle Tage. Es ist schön, wenn man zusammen alt werden kann."

Als sich die beiden vor 72 Jahren trafen, war es Liebe auf den ersten Blick - für beide. "Ich wusste gleich, dass ich ihn heiraten werde", erzählt Hanna Müller.

Im Schnitt hält eine Ehe in Deutschland 15 Jahre. Gleichzeitig ist sich die Mehrheit der Deutschen - zwei Drittel - sicher, es gebe "die eine Liebe, die ein Leben lang hält". Das fand eine repräsentative Umfrage der GfK Nürnberg im Auftrag des Gesundheitsmagazins Apotheken -Umschau heraus. Männer sind davon gleichermaßen überzeugt wie Frauen (Männer: 65,7 Prozent; Frauen: 69,5 Prozent). Als Grund für diesen Optimismus geben viele positive Erfahrungen aus dem eigenen Umfeld an: Bei 83 Prozent der Befragten gibt es im Freundes- und Familienkreis einige Partnerschaften, die schon seit "Ewigkeiten" halten.

"Ewigkeiten" - ganze 90 Jahre - dauerte die längste bekannte Ehe. Karam und Kartari Chand, die aus Indien stammten und in England lebten, waren zwischen 1925 und 2016 verheiratet. Im Jahr 2016 ist der Ehemann Karam gestorben. Zwei Jahre zuvor hat das Paar in einem Interview ein Geheimnis ihrer glücklichen Ehe verraten: das Essen. Sie aßen gern Butter, Milch und frischen Joghurt. Was aber noch wichtiger war: Karam und Kartari haben sich nie gestritten und sich gegenseitig stets unterstützt.

Genau so halten es Hanna und Günther Müller: "Wir streiten uns nicht und haben immer gut zusammengearbeitet", sagt die 90-Jährige. Wenn es Unstimmigkeiten gibt, diskutieren wir sie aus." Das bestätigt auch die Tochter Gabriele Wagenführer. "Wir hatten immer ein harmonisches Familienleben."

Dabei lief es für Hanna und Günther Müller nicht immer gut - erst der Krieg und die Nachkriegsjahre, dann der Umzug aus Plauen in den Westen, der Neustart in der neuen Heimat, der Familienbetrieb, der die ganze gemeinsame Zeit beanspruchte und eine schwere Krankheit. "Wir haben Freud und Leid geteilt. Das hat uns zusammengeschweißt," sagt Hanna Müller. Das Schönste im Leben sei für sie die Geburt der Urenkelin vor zwei Jahren gewesen.

Als die beiden sich in Gutenfürst vor 72 Jahren trafen, war Günther Müller 20 Jahre alt und lebte bei seiner Tante, nachdem die Metzgerei und das Wohnhaus seiner Familie in Plauen eine Bombe getroffen hatte. Die 17-jährige Hanna lebte in Kemnitz bei Gutenfürst, ihre Eltern waren Bauern. Weil die Braut noch zu jung zum Heiraten war, musste das Liebespaar zwei Jahre warten.

Die Familienmetzgerei bauten sie in Plauen wieder zusammen auf und bekamen ihre erste Tochter Brigitte. Mit 23 legte Günther Müller seine Meisterprüfung ab, seine Frau arbeitete sich ins Metzgergeschäft ein. 1950 zog das Ehepaar nach Hof um, gründete in der Marienstraße eine Metzgerei und betrieb sie über 30 Jahre lang. Das Geschäft lief hervorragend, die zweite Tochter Gabriele wurde geboren.

Die Müllers arbeiteten viel, die erste Urlaubsreise machten sie erst, als sie in Rente waren. Zeit für die Kinder hatten sie wenig. "Aber das nehme ich ihnen nicht übel, das war eben so", sagt Tochter Gabiele Wagenführer.

Das gemeinsame Arbeitsleben war allerdings einige Jahre lang durch Günther Müllers Krankheit unterbrochen: 40 Mal musste er ins Krankenhaus, um sein Bein behandeln zu lassen, das nach einer Kriegsverletzung schwer lädiert war.

Seit etwa zwei Wochen lebt Günther Müller im Seniorenheim. Nach zwei Jahren Pflege zu Hause kann die Familie seine Pflege nicht mehr stemmen. Aber seine Ehefrau besucht ihn jeden Tag. Zu Hause ist sie auch nicht allein, sie hat ihre Nachbarin und Freundin Bärbel Gahlow, die seit 48 Jahren eine Wohnung im Haus der Müllers mietet. Diese sagt: "Es gibt keine besseren Leute als die beiden. Sie geben immer nur."

Zum Abschied fragt Stadtrat Fleischer, ob er in fünf Jahren zum nächsten Jubiläum gratulieren dürfe. "Dass wir das noch erleben, glaube ich nicht", sagt Hanna Müller.

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