Ihre Gier war unersättlich: Wie Spielgeld hat die hochrangige Angestellte einer Kulmbacher Bank die Gelder ihrer Kunden verzockt. 20.000, 30.000, 40.000 Euro, die Frau hatte sich schamlos an den Konten bedient, Unterschriften wurden gefälscht, alle möglichen Tricks wurden angewandt, damit man ihr nicht auf die Schliche kommt. Von August 2009 bis zur Entdeckung durch die Innenrevision kam so ein Schaden von knapp 1,2 Millionen Euro zustande. Etwa ein Fünftel hat die 41-jährige Bankkauffrau aus dem Landkreis Kulmbach den Kunden wieder zurückbezahlt. Bleibt ein Schaden von gut 744.000 Euro.

Über diese Höhe hatte die Frau mittlerweile auch ein notarielles Schuldanerkenntnis unterschrieben. Die Bank hat ihren Kunden alles sofort zurückerstattet und blieb selbst auf 175.000 Euro sitzen, dem Eigenbehalt der Versicherung. Auch diesen Betrag hat die Frau inzwischen ausgeglichen. Vor Gericht muss sie sich trotzdem verantworten, wegen Untreue in 41 Fällen. Um eine Gefängnisstrafe wird sie wohl schon allein wegen der Vielzahl der Fälle und der Höhe des Schadens nicht herumkommen.

Das jedenfalls ergab ein Rechtsgespräch gleich zum Prozessauftakt am Montag vor dem Bayreuther Landgericht. 20 Minuten lang hatten sich das Gericht, der Vertreter der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Wolfgang Schwemmer zurückgezogen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten. Vorsitzender Richter Michael Eckstein gab anschließend bekannt, dass der Verteidiger eine mögliche Bewährungsstrafe angesprochen habe. Dies sei seitens des Gerichts kategorisch in Abrede gestellt worden, sagte Eckstein. Die Staatsanwaltschaft sehe das genauso.

Kein guter Start für ein Verfahren, das auf drei Tage angesetzt wurde. Schnell wurde bekannt, dass der Frau mittlerweile ganz offiziell eine Spielsucht attestiert wurde und sie daraus resultierend eine Berufsunfähigkeitsrente von 1000 Euro im Monat erhält. Geld, das komplett an die Bank zur Tilgung des Schadens überwiesen wird.

In den Jahren 1998 und 1999 habe sie begonnen, zusammen mit einer Freundin und Kollegin am Neuen Markt zu spekulieren. Aus 10.000 D-Mark Einsatz sei damals bis zu 350.000 Mark geworden. Da sei der Reiz geweckt worden und man habe immer weiter spekuliert. Auch als das Geld ganz schnell wieder weg war, denn die 350.000 standen nur auf dem Papier. Sogar der Einsatz von 10.000 Mark war weg. Die Freundin hörte auf zu zocken, die Angeklagte begab sich auf immer riskantere Geschäfte. „Bei mir war der Reiz geweckt, ich konnte nicht mehr aufhören“, sagte die Frau.

Von Optionsscheinen auf den Dax mit Hebelwirkung und anderem Fachchinesisch war die Rede. Richter Eckstein entgegnete, dass dies doch alles mit seriösen Bankgeschäften gar nichts mehr zu tun habe.

Irgendwann war das gesamte eigene Geld weg, sämtliche Girokonten waren bis zum Anschlag überzogen. Längst hatte die Frau die Geschäfte nicht mehr über ihren Arbeitgeber getätigt, sondern über eine Internetbank.

Auf legalem Weg kam die Angeklagte auch nicht mehr an weitere Mittel ran, nachdem selbst die Anlagen der Eltern schon angetastet wurden. Da sei die Idee gekommen, die Kundenkonten zu plündern. „Man traut es sich daheim nicht zu sagen, dann macht man den ersten Schritt und leiht sich von den Kunden Geld“, sagte die Frau und meinte mit „man“ natürlich sich selbst. Auch das mit dem Leihen stimmt so nicht, denn kein Kunde wusste etwas davon.

Um zu verhindern, dass Kunden Verdacht schöpfen, hatte die Angeklagte nicht nur Unterschriften gefälscht, sondern die Auszüge sogar eigenmächtig umgestellt, damit die Kunden erst einmal gar nicht mehr an ihre Auszüge für Tagesgeldkonten und Sparbücher kommen. Wollte ein Kunde trotzdem seinen Auszug, so hatte die Angeklagte das Papier kurzerhand gefälscht.

Sie bereue das zutiefst, sagte die Frau. Sie habe geglaubt, sie könne das alles irgendwann wieder zurückbezahlen. Anfangs habe dies ja auch funktioniert. Doch dann sei der Spieltrieb immer stärker geworden. „Ich hatte keinen Überblick mehr“, gestand die Bankkauffrau, die sich seit ihrer Ausbildung zur Geschäftsstellenleiterin und anschließend zur Bereichsdirektorin für Privatkunden hochgearbeitet hatte.

Sie habe mit dem Geld jongliert. „Für mich waren das nur Zahlen“, sagte sie. 40.000 Euro Spekulation am Tag sei am Ende nichts Besonderes gewesen. Irgendwann verliere man eben das Gefühl für die Realität, sagte die Angeklagte.

Nahezu unglaublich klingt es, wenn die Angeklagte beteuert, dass ihr Ehemann davon nichts mitbekommen haben soll. Er habe sich nie dafür interessiert, sagte sie. Er habe ihr vertraut und sich nicht um Geldangelegenheiten gekümmert. Es habe ja auch nie außergewöhnliche Anschaffungen gegeben, keine besonderen Autos, keine Luxusurlaube, nichts. Höchstens einmal eine Woche Türkei für 500 oder 600 Euro.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.