Kulmbach Beschäftigte wollen Wertschätzung

In der Tarifrunde fühlen sich die Mitarbeiter von Raps und Ireks von den Arbeitgebern schlecht behandelt. Dagegen wollen sie jetzt erste Zeichen setzen.

 
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Kulmbach - Peter Geißler, Betriebsratsvorsitzender bei der Firma Raps in Kulmbach, ist enttäuscht. In der laufenden Tarifrunde, sagt er, haben die Arbeitgeber keinerlei Angebote vorgelegt, obwohl gerade die Lebensmittelindustrie derzeit besonders gut dasteht und die Beschäftigten aufgrund der Corona-Krise unter erschwerten Bedingungen arbeiten müssen. "Wir sind diejenigen, die die ganze Zeit die Lebensmittelregale füllen, und dann werden wir so behandelt", zeigt sich Geißler enttäuscht von der Haltung der Arbeitgeberseite in der Tarifkommission. Nicht nur, dass von der Arbeitgeberseite bislang überhaupt kein Angebot vorgelegt wurde, macht Geißler ärgerlich. Auch die Art, wie ein Termin, zu dem viele Mitglieder der Runde von weither anreisen müssen, kurzfristig abgesagt wurde, lässt den Kulmbacher den Kopf schütteln.

Der Kulmbacher NGG-Gewerkschafter ist Mitglied der Bayerischen Tarifkommission Nährmittel. Er sitzt am Tisch, wenn über die künftigen Löhne und Gehälter verhandelt wird. Am 9. Juli war Geißler bereits auf dem Weg nach München. Dorthin hatten die Arbeitgeber zu einem Tarifgespräch eingeladen. Doch kurz vorher sei von den Arbeitgebern dann eine Absage gekommen. "So eine Dreistigkeit", sagt Geißler, "fordert zum Handeln auf." Raps sei daher dabei, wenn es in der kommenden Woche darum geht, Zeichen zu setzen. Ausdrücklich betont Geißler, es werde kein Warnstreik stattfinden. "Wir wollen bewusst jetzt keine Angst schüren." Vielmehr handle es sich um eine "Gesundheitsaktion". Das Ziel: "Wir wollen das Eis der Verhandlungen brechen."

Mehr Anerkennung für systemrelevante Arbeit fordert die Gewerkschaft NGG. Auch sie weist auf verschiedene Protest-Aktionen und Informationsveranstaltungen im Rahmen einer "Gesundheitswoche" hin. Beschäftigte am Kulmbacher Standort der Lebensmittelkonzerne Raps und Ireks wollen auf ihre Lage aufmerksam machen. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Hintergrund ist die laufende Tarifrunde für die bayernweit rund 5000 Beschäftigten der Branche. "Die Wut unserer Kolleginnen und Kollegen bei Raps und Ireks über das bisherige Nullangebot der Arbeitgeber ist groß. Sie haben in der Pandemie größtenteils durchgearbeitet und erwarten mehr Wertschätzung für ihre Arbeit", sagt Michael Grundl von der NGG Oberfranken. Zwischen dem 23. und 30. Juli werde es in ganz Bayern - also auch in den großen Kulmbacher Betrieben Ireks und Raps - betriebliche Aktionen geben.

Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung von sechs Prozent, mindestens jedoch 180 Euro mehr im Monat, sowie einen Corona-Bonus in Höhe von 1500 Euro. Arbeitgebervertreter hatten die zweite Tarifverhandlung für die Branche am 10. Juli abgebrochen. Nach NGG-Informationen bewegen sich die Auftragseingänge der Firmen trotz Pandemie auf dem Vorjahresniveau. Einzelne Hersteller hätten sogar Schwierigkeiten, die hohe Nachfrage zu bedienen. "Die Arbeitgeber müssen sich jetzt bewegen und ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen. Am Ende geht es auch darum, ob die Branche für Fach- und Nachwuchskräfte attraktiv bleibt", so der Verhandlungsführer und bayerischer NGG-Landesvorsitzender, Mustafa Öz.

Bei den bevorstehenden betrieblichen Protesten wird die Gewerkschaft auch über den Arbeits- und Gesundheitsschutz informieren und sich mit den Beschäftigten über die hohe Arbeitsbelastung durch Überstunden und Sonderschichten austauschen. Zu Bayerns Nährmittelindustrie zählen Unternehmen wie Hipp, Raps, Mondelez, Bernbacher, Ireks, Wela, Nutrichem, Saumweber und Innfood, informiert Michael Grundl.

Auch Peter Geißler berichtet von mehr Belastung für die Beschäftigten während der Corona-Krise. Es sei schwerer, die Arbeit zu machen. Versetzte Schichten mussten gefahren werden, die Beschaffung der Produkte weltweit sei erheblich erschwert. "Wir haben alles getan, die Produktion auch in der schwierigen Zeit zu halten, und dann kommt so eine Abfuhr"

Mit der Aktion, zu der Geißler bewusst weder den genauen Inhalt noch den Termin bekannt geben will, wollen die Beschäftigten deutlich machen, dass sie die Wertschätzung ihrer Leitungen erfahren wollen. "Wer arbeitet, soll auch Geld verdienen. Das hebt auch die Kaufkraft. Wir produzieren Qualität, dafür wollen wir auch Anerkennung."

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