Kulmbach Improvisation der Spitzenklasse

Von Horst Wunner
Immer wieder ein Highlight: Die Session zum Finale. Foto: Wunner

Ein grandioses Konzert zum 25. Jubiläum ihrer Freundschaft haben die Old Beertown-Jazzband und die Semperhouse Band gegeben. Das Publikum war begeistert.

 
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Wernstein - Männerfreundschaften sind manchmal problematisch, sie halten zuweilen nicht lange. Ein leuchtendes Gegenstück dazu sind die Kulmbacher Old Beertown-Jazzband und die Semperhouse Band aus Dresden. Die so gegensätzlichen Klangkörper, hier die Autodidakten, die es zu erstaunlicher Reife gebracht haben, und dort die studierten Musiker mit ihrem unvergleichlichen Sound, meist aus der Sächsischen Staatskapelle Dresden stammend.

Es war Schicksal, als sie am 6. Juli 1987 im Vereinshaus in Kulmbach noch vor der Wende erstmals gemeinsam auftraten, die richtigen Männer am richtigen Ort. Daraus ist eine musikalische Verbindung gewachsen, die nun in einem grandiosen Konzert zum 25-jährigen Jubiläum gipfelte. Die nunmehr fünfte Moonlight-Serenade im romantischen Innenhof des Schlosses Wernstein sah wieder viele Besucher, die sich nicht nur vom hinreißenden Spiel der insgesamt 15 Interpreten inspirieren ließen, sondern auch vom traumhaften Ambiente eines sich später lichtblau färbenden Sommerhimmels.

Fünfte Serenade

Der Abend bot alles, was das Blut der Jazz-, Swing- und Dixie-Fans schneller pulsieren ließ, ihnen die Melancholie des Blues so nahebrachte, dass man sich weit weg im Süden der USA fühlte. Die Rhythmuskraft, die Soli, die Intensität der Töne und die einzelnen Arrangements trafen genau den Nerv. Die Improvisation hatte während der drei Stunden Hochkonjunktur.

Abwechselnd in schöner Mischung präsentierten sich die beiden Bands, immer ihre Stärken gekonnt einsetzend. Die Kulmbacher bewegten sich sicher auf dem schmalen Pfad zwischen fränkischer Mentalität und Louis-Armstrong-Feeling. Harald Hänsel blies die Trompete bis zum höchsten Ton, die tief aus der Kehle kommende Stimme des Udo Koch verbreitete Satchmo-Gänsehaut und die galanten, mitunter auch bissig-ironischen Randbemerkungen des Initiators und Moderators Conny Fischer am Kontrabass, gaben dem Abend noch die besondere Note.

Die Old Beertown-Jazzband ist ein Phänomen, jeder Einzelne ist ein Alleskönner. Im Song "On the Sunny Side" bewiesen sie das immens, Heinz Haueißen wusste mit der brillanten Klarinette noch Glanzlichter zu setzen. Man muss sie einfach ob ihrer musikalischen Fähigkeiten mögen, einen Bernd Meile (Saxofon), Jochen Haueißen (Schlagzeug) oder Wolfgang Igler (Banjo).

Ein Höllentempo mit markanten Ausrufezeichen legten die Dresdner vor, die Profis, jeder ein Ass. Ob die ellenlangen Posaunenintonierungen des "Kabarettisten" Michael Winkler, die Wahnsinns-Tonkaskaden des Klarinettisten Friedeman Seidlitz oder die Kornettvariationen des Kurt Sandau, hier war Perfektionismus verbunden mit Intuition vorprogrammiert. "Tiger Rag" und "In the Mood" kamen dem Original ganz nahe, sogar Klassisches, leicht verjazzt, fand mit der Tell-Ouvertüre von Giacomo Rossini und dem "Ungarischen Tanz" von Johannes Brahms im begeisterten Publikum Anerkennung.

Als dann noch die musikalische Männerfreundschaft zur gemeinsamen Session die Bühne füllte und den "C-Jam Blues" fetzig präsentierte, flippten die Zuhörer fast aus. Es gab für den fulminanten Abschluss Beifallsstürme. Die oben auf dem Podium jazzten aber auch individuell und wie die Verrückten im positiven Sinne, die fluoreszierenden Lichteffekte reizten zusätzlich die Sinne.

Benefizveranstaltung

So schön kann Jazz serviert werden, das Benefizkonzert erfüllt auch einen guten Zweck: Wie Schlossherrin Freifrau Iris von Künßberg-Schmidt beim anschließenden Empfang bekannt gab, bekommt den Erlös die Jugendförderung des Posaunenchores Veitlahm und die Carl-von- Linde-Realschule. Der Kulmbacher Posaunist Udo Koch brachte es noch einmal auf den Punkt: Für ihn wie für die gesamte Old Beertown-Jazzband sei es immer wieder ein Erlebnis, mit den hochrangigen Musikerkollegen aus Dresden die Bühne teilen zu dürfen.