Kulmbach Junge Uhus stürzen von der Burg

Keine Bewegung hat der kleine Uhu gemacht, nachdem er bei seinem vermutlich ersten Ausflug aus dem Nest im Arsenalbau der Plassenburg abgestürzt war. Mit wachem Augen verfolgte der Jungvogel, ängstlich in eine Ecke gedrückt, aber jede Bewegung um ihn herum . Das Tier wurde, wie einen Tag zuvor eines seiner Geschwister, von der Tierrettung Bayreuth abgeholt und zu einem Tierarzt gebracht. Die Mitarbeiter auf der Burg hoffen, dass wenigstens dieses Tier den Flugunfall gut übersteht. Das Geschwistertier, ebenfalls abgestürzt, hat leider nicht überlebt. Foto: Melitta Burger

Tierdrama in Kulmbach: Zwei von vier Jungvögeln fallen aus einem Brutplatz im Arsenalbau in die Tiefe. Einer der seltenen Vögel stirbt. Für die zwei anderen Uhus im Nest heißt es nun Daumen drücken.

 
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Kulmbach - Vier junge Uhus sind in den vergangenen Wochen hinter einem Schlupffenster ganz oben im Giebel des Arsenalbaus in der Plassenburg herangewachsen. Für Vogelschützer und das Personal auf der Burg war dieses seltene Ereignis Grund zur Freude. Doch die ist in den vergangenen Tagen Sorge und Trauer gewichen. Als die ersten beiden Jungvögel am Dienstag und Mittwoch ihre Flügel ausbreiten wollten, endete das in tragischen Abstürzen. "Der erste junge Uhu hat es leider nicht geschafft. Bei dem zweiten sieht die Prognose besser aus", sagt Gerhard Schoberth von der Tierrettung Bayreuth. Er hat beide Vögel abgeholt und zum Arzt gebracht. Die Greifvogelstation in Bayreuth wird nun versuchen, den überlebenden Uhu gesund zu pflegen und aufzuziehen, damit er wieder in die Freiheit entlassen werden kann.

Aufregung auf der Burg. Kastellan Harald Stark und Burgführerin Susanne Benker bewachen am Mittwochvormittag abwechselnd den jungen Uhu, der sich bewegungslos in die Ecke einer Mauer gedrückt hat. Mit wachen Augen verfolgt das Jungtier jede Bewegung in seinem Umfeld. Das Tier, etwa acht Wochen alt, ist bei seinem ersten Flugversuch abgestürzt, hat sich verletzt. Bis die sofort alarmierte Tierrettung eintraf, galt es, das verängstigte, unter Schutz stehende Tier abzuschirmen und ihm unnötigen weiteren Stress zu ersparen. "Ich möchte vermeiden, dass Menschen oder auch Hunde zu nahe an das verletzte Tier herankommen", sagt Harald Stark. "Der kleine Kerl kriegt ja sonst Panik. Er ist sowieso schon traumatisiert genug."

Die beiden Mitarbeiter auf der Burg sind in großer Sorge. Der junge Uhu, bereits ein stattlicher Vogel, ist nicht der erste, der dieses Schicksal erlitten hat. Eines seiner Geschwister war am Vortag ebenfalls aus großer Höhe zu Boden gestürzt. Ein Bein war gebrochen, auf der anderen Seite die Hüfte. Ein Tierarzt in Auerbach hat versucht, den Uhu zu retten. Doch leider konnte der Veterinär nicht mehr helfen. Die Verletzungen waren zu schwer, um das Leben des seltenen Greifvogels zu retten.

Alarmiert von dem Unglück des Vortags haben die Mitarbeiter der Burg die Umgebung des Nests seitdem regelmäßig kontrolliert. "Wir wussten ja, dass da noch weitere Jungvögel im Nistkasten sind. Da mussten wir uns kümmern. Ich möchte nicht, dass bei mir ein solch seltener Vogel verendet", sagt Harald Stark. "Wir tun alles dafür, die kleinen Kerle durchzubringen."

Prompt fanden sie gestern das zweite verletzte Jungtier. Auch sein erster Ausflug endete tragisch. Erneut wurde die Tierrettung verständigt, der Landesbund für Vogelschutz und auch die Untere Naturschutzbehörde informiert. "Das musste sein", klärt der Kreisvorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz in Kulmbach, Erich Schiffelholz, auf. "Der Uhu ist eine unter höchstem Schutzrang eingeordnete Tierart." Auch der Landesbund für Vogelschutz wurde aktiv. Greifvogel-Experte Ralf Pfeifer war zusammen mit einem Vertreter der Naturschutzbehörde am Mittwoch auf der Burg, um gemeinsam zu überlegen, wie die beiden noch im Nest sitzenden Jungvögel geschützt werden können. Doch das, sagt Ralf Pfeifer, ist gar nicht so einfach. An den Brutplatz selbst wagt sich Pfeifer nicht direkt heran. "Dann springen sie vor Angst womöglich raus und stürzen auf jeden Fall ab." Unfälle wie diese kommen laut Pfeifer auch immer wieder vor, wenn Uhus in steilen Felswänden brüten.

Überlegt wurde, eine vorstehende Fensterbrüstung und auch einen Balkon abzupolstern. Auch direkt unter dem Nest könnte am Boden etwas aufgestellt werden, das einen möglichen Sturz zumindest abfedern kann. Ob das weiteres Unheil verhindert, ist aber nicht sicher. "Die Vögel haben bereits Schwungfedern. Die fallen ja nicht kerzengerade nach unten", erklärt Ralf Pfeifer seine Zweifel. Ob für die beiden weiteren Jungtiere Schutzmaßnahmen getroffen werden können, die ihnen ein Schicksal wie das ihrer beiden Geschwister erspart, bleibt offen. Ein paar Tage noch, meint der Greifvogelexperte, dann sollten die Uhus so weit entwickelt sein, dass sie sicher fliegen können. Bis dahin gilt es, Daumen zu drücken. Gerhard Schoberth von der Tierrettung kämpft derweilen um das Leben des zweiten Vogels.

Eigentlich, berichtet Kastellan Harald Stark, war der Nistkasten hinter dem Fenster ganz oben im Giebel für Falken gedacht. Doch dann hat sich ein Uhu entschieden, dort einzuziehen. Das kommt nicht alle Tage vor. Die größte Eulenart der Welt bevorzugt sonst eher steile Felsenhänge für Brut und Aufzucht des Nachwuchses. Vier junge Uhus sind hinter der Wand des Arsenalbaus aufgewachsen, erzählt Susanne Benker. Sie zeigt auf die Überreste der Nahrung, die aus dem Fenster geworfen wurden: Vogelknochen liegen dort, selbst einen Igel hatten die Uhu-Eltern ihren Kindern gebracht. "Man kann die ganze Speisenkarte sehen", sagt Susanne Benker und deutet auf die vielen Hinterlassenschaften am Boden.

Harald Stark hat mit den Vogelschützern gesprochen. Der Greifvogelexperte habe ihm erzählt, dies sei der erste Fall in Oberfranken, wo ein Uhu sich für ein Gebäude als Brutplatz entschieden hat. So selten das auch sein mag: Ob es gut ist, daran hat Harald Stark angesichts der traurigen Zwischenfälle seine Zweifel. "Wenn die da oben rauskommen, stürzen sie geradeaus ab."

Die Uhus, auch als Herrscher der Nacht bezeichnet, weil sie in der Dunkelheit auf Jagd gehen, waren auch im Landkreis Kulmbach schon einmal fast ausgestorben. Die jahrelangen strengen Schutzmaßnahmen hatten aber Erfolg. Eine kleine Population etablierte sich. Heute, weiß Ralf Pfeifer, nimmt die Zahl der Brutpaare im Kulmbacher Land sogar wieder zu. Wie viele es genau sind, kann man nicht sagen. Pfeifer spricht von 15 bis 20 Brutplätzen im Landkreis. Ob die alle besetzt sind, wisse er aber nicht. Es sei ganz sicher auch eine gewisse "Dunkelziffer" vorhanden.

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