Überlegt wurde, eine vorstehende Fensterbrüstung und auch einen Balkon abzupolstern. Auch direkt unter dem Nest könnte am Boden etwas aufgestellt werden, das einen möglichen Sturz zumindest abfedern kann. Ob das weiteres Unheil verhindert, ist aber nicht sicher. "Die Vögel haben bereits Schwungfedern. Die fallen ja nicht kerzengerade nach unten", erklärt Ralf Pfeifer seine Zweifel. Ob für die beiden weiteren Jungtiere Schutzmaßnahmen getroffen werden können, die ihnen ein Schicksal wie das ihrer beiden Geschwister erspart, bleibt offen. Ein paar Tage noch, meint der Greifvogelexperte, dann sollten die Uhus so weit entwickelt sein, dass sie sicher fliegen können. Bis dahin gilt es, Daumen zu drücken. Gerhard Schoberth von der Tierrettung kämpft derweilen um das Leben des zweiten Vogels.
Eigentlich, berichtet Kastellan Harald Stark, war der Nistkasten hinter dem Fenster ganz oben im Giebel für Falken gedacht. Doch dann hat sich ein Uhu entschieden, dort einzuziehen. Das kommt nicht alle Tage vor. Die größte Eulenart der Welt bevorzugt sonst eher steile Felsenhänge für Brut und Aufzucht des Nachwuchses. Vier junge Uhus sind hinter der Wand des Arsenalbaus aufgewachsen, erzählt Susanne Benker. Sie zeigt auf die Überreste der Nahrung, die aus dem Fenster geworfen wurden: Vogelknochen liegen dort, selbst einen Igel hatten die Uhu-Eltern ihren Kindern gebracht. "Man kann die ganze Speisenkarte sehen", sagt Susanne Benker und deutet auf die vielen Hinterlassenschaften am Boden.
Harald Stark hat mit den Vogelschützern gesprochen. Der Greifvogelexperte habe ihm erzählt, dies sei der erste Fall in Oberfranken, wo ein Uhu sich für ein Gebäude als Brutplatz entschieden hat. So selten das auch sein mag: Ob es gut ist, daran hat Harald Stark angesichts der traurigen Zwischenfälle seine Zweifel. "Wenn die da oben rauskommen, stürzen sie geradeaus ab."
Die Uhus, auch als Herrscher der Nacht bezeichnet, weil sie in der Dunkelheit auf Jagd gehen, waren auch im Landkreis Kulmbach schon einmal fast ausgestorben. Die jahrelangen strengen Schutzmaßnahmen hatten aber Erfolg. Eine kleine Population etablierte sich. Heute, weiß Ralf Pfeifer, nimmt die Zahl der Brutpaare im Kulmbacher Land sogar wieder zu. Wie viele es genau sind, kann man nicht sagen. Pfeifer spricht von 15 bis 20 Brutplätzen im Landkreis. Ob die alle besetzt sind, wisse er aber nicht. Es sei ganz sicher auch eine gewisse "Dunkelziffer" vorhanden.