Kulmbach - Ein Hauch von Haute Couture wehte diesmal durch's vollbesetzte Café Clatsch. Der gute Besuch war in erster Linie dem angekündigten Programm geschuldet: Eine Modenschau stand an - nicht irgendeine, sondern eine mit Trachten, und auch hier nicht irgendwelche Allerweltstrachten, sondern solchen aus dem Kulmbacher Land. Schneidermeisterin Regine Leuschner hatte sich schon vor Jahren der Aufgabe gewidmet, die Geschichte dieses Kleidungsstücks zu erforschen, das man früher wohl hauptsächlich in zwei Kategorien einteilte: Eine für Alltag und Arbeit, die andere für festliche Anlässe und den sonntäglichen Kirchenbesuch. Regine Leuschner, die drei alte Trachten - Leihgaben von Erika Münch aus Görau - mitgebracht hatte, erläuterte mit viel fachfraulichem Wissen die Details dieser mit immensem Arbeitsaufwand hergestellten Kleidungsstücke, unter anderem den "gestiftelten" Rock: In tagelanger Handarbeit wurde Fältchen an Fältchen gelegt, um so ein möglichst voluminöses Kleidungsstück entstehen zu lassen, das man mit heutigen Augen keineswegs als figurenfreundlich bezeichnen würde. Aber damals galt Dünnsein auf dem Land ja auch keineswegs als erstrebenswert, was ein altes Sprichwort belegt: "Kla und dick is Bauernglück; long und derr is Stodtgezerr". Für die erneuerte, von Regine Leuschner entwickelte Kulmbacher Tracht undenkbar! Bei den heutigen Röcken gibt es zwar auch noch Falten, die aber so geschickt eingearbeitet sind, dass sie möglichst wenig auftragen. Die Mieder gehen ein wenig über die Taille, wodurch eine schlankmachende Wirkung erzielt wird und sich das Kleidungsstück zudem auch prima zu Jeans tragen lässt. Und einen kleinen, aber feinen Trick gibt's auch bei der Schürze (dem "Scherzer", wie der Franke zu sagen pflegt): Sie zieht sich nicht mehr um die Hüften herum, was zusätzlich auftragen würde, sondern ist heute einen Tick schmäler gehalten.