Kulmbach Tödlicher Unfall hat gerichtliches Nachspiel

Klaus Rössner
Tödlicher Unfall hat gerichtliches Nachspiel Quelle: Unbekannt

Weil er mit dem Auto einen Rollerfahrer gerammt hat, muss sich ein 42-Jähriger vor dem Kadi verantworten. Hier geht es vor allem um die Frage, ob er das Zweirad überhaupt erkennen konnte.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kulmbach - Leitplanken sollen Leben retten. Doch in manchen Fällen können sie gerade das Gegenteil bewirken. Dann nämlich, wenn sie die Sicht einschränken. Das zeigt jetzt ein Verfahren vor dem Amtsgericht Kulmbach.

Dort musste sich ein 42-jähriger Ingenieur aus dem westlichen Landkreis verantworten. Der Mann hatte einen Lastwagen überholt und war dabei frontal gegen einen entgegenkommenden Rollerfahrer geprallt - der noch am Unfallort seinen Verletzungen erlag.

Zum folgenschweren Unglück war es am 4. April vergangenen Jahres gekommen. Der Ingenieur war auf der Staatsstraße von Kasendorf nach Welschenkahl unterwegs, als er kurz nach 6 Uhr einen Lastwagen überholte. Dabei übersah er den entgegenkommenden Rollerfahrer, den er frontal rammte. Für den Mann, der in einer Kulmbacher Firma arbeitete, kam jede Hilfe zu spät. Deshalb musste sich nun der Autofahrer vor dem Amtsgericht Kulmbach verantworten. Vorwurf: fahrlässige Tötung.

Rechtsanwalt Karsten Schieseck aus Bayreuth verdeutlichte bei der Verhandlung, dass sein Mandant eine nur noch bruchstückhafte Erinnerung an das Geschehen habe und unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. "Ich habe nur noch Erinnerungsschnipsel", so der Angeklagte. Er zeigte sich tief bewegt und rang um Fassung:"Ich habe riesiges Leid über die Familie gebracht und mich beschäftigt der Unfall jeden Tag. Ich kann das einfach nicht abschütteln."

Zum Unfallhergang führte der Beschuldigte vor Gericht aus, er sei sich sicher gewesen, den Laster überholen zu können. Den Rollerfahrer habe er nicht gesehen. Nach dem Aufprall habe er das Zweirad gefunden und erst später den Fahrer, dem er mit Wiederbelebungsversuchen helfen wollte.

Auch der Fahrer des beteiligten Lastwagens sagte aus, keinen Roller gesehen zu haben. Der Oberpfälzer hatte Eier geladen und konnte wegen der zerbrechlichen Ladung nur 50 bis 60 Kilometer pro Stunde schnell fahren. Plötzlich sei er vom Angeklagten in dem beschädigten Wagen überholt worden, der dann vor ihm zum Stehen kam. Ein besonderes Gewicht kommt bei dem Strafverfahren der Frage zu, ob der Angeklagte den Gegenverkehr überhaupt erkennen konnte.

Daran bestehen berechtigte Zweifel nach den Einlassungen eines Sachverständigen. Der Unfall habe sich in der Morgendämmerung zugetragen. Nicht nur wegen der schummrigen Lichtverhältnisse sei die Erkennbarkeit des Rollers stark eingeschränkt gewesen. Wie der Experte ausführte, hat das Zweirad nur maximal 25 Prozent seiner üblichen Lichtausbeute zur Verfügung gehabt. Es habe nur einer von zwei Scheinwerfern gebrannt, und der mit verminderter Leistung. Ein Teil des Gehäuses sei weggeschmolzen gewesen, und das verflüssigte Plastik habe sich über die Lampe gelegt, so dass diese erheblich dunkler war. Hinzu kommt, dass die Scheinwerfer beim Roller bauartbedingt so tief angebracht waren, dass diese in der leichten Kurve vor dem Unfallort von der Leitplanke verdeckt wurden. "Die Sichtbarkeit des Rollers war stark eingeschränkt. Der Scheinwerfer war höchstens noch eine Funzel."

Aufgrund der Expertise beriet sich das Gericht mit der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Anwalt Karsten Schieseck hatte die Einstellung des Verfahrens gefordert. Richterin Sieglinde Tettmann aber hielt eine erneute Untersuchung und weitere Erhebungen bezüglich der Roller-Beleuchtung für unumgänglich. Der Prozess wurde daraufhin vertagt.

Bilder