Kulmbach Zoff um Handtücher und Gutscheine

Ärger gibt es im Stadtrat um Werbegeschenke, die der Ex-OB in den vergangenen Jahren verteilt hat. Foto: Archiv

Die einen sehen es als verwerflich an, die anderen verstehen die Aufregung nicht. Der Stadtrat muss nun entscheiden, ob der Ex-OB in allen Punkten entlastet wird.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kulmbach - Der Streit schwelt in Kulmbacher Stadtratskreisen hinter verschlossenen Türen schon seit Monaten. Der Vorwurf, der vor allem aus den Reihen der SPD, aber auch der Grünen kommt: Der ehemalige OB Henry Schramm habe Werbegeschenke und Gutscheine für Gaststätten oder auch Thermen im Wert von Tausenden Euro verwendet, ohne Belege für die Verwendung abgegeben zu haben. Jetzt, kurz vor der Behandlung der Rechnungsprüfung für die Stadt Kulmbach in den Jahren 2016 bis 2018, dringen Details an die Öffentlichkeit. Sogar der Verdacht der Untreue wird ins Gespräch gebracht. Doch die Aussagen zu dem Thema sind höchst unterschiedlich.

Stadtrat Hans Werther (SPD), Mitglied im Rechnungsprüfungsausschuss, sagt, seine Fraktion werde Ex-OB Henry Schramm in einzelnen Punkten die Entlastung verweigern. Konkret gehe es um Geschenke wie Handtücher, Bademäntel oder auch Thermengutscheine im Wert von rund 30 000 Euro, für die es laut Werther "keinerlei" Belege gibt. Doch auf Nachfrage muss Werther einräumen: Er wisse nicht, ob es nicht noch Bestände im Rathaus gibt. Sollte das so sein, müsse man die natürlich abziehen von dem strittigen Betrag. Werther sagt auch: "Ich kritisiere nicht die Geschenkgutscheine, sondern dass niemand mehr sagen kann, an wenn und wann sie gegeben wurden." Keinerlei Belege gebe es im Rathaus über die Verwendung. "Da gibt es gar nichts." Persönlich überzeugt habe er sich, das räumt Werther ebenfalls auf Nachfrage ein, aber nicht. Die Rechnungsprüfer hätten das berichtet.

Stundenlang haben am Montagabend die Fraktionen der SPD sowie der CSU, WGK und FDP getagt. Die Werbegeschenke und ihr Verbleib waren in beiden Sitzungen Hauptthema. Bei der SPD gab es Missstimmung über eine Presseerklärung, die Hans Werther am Montag veröffentlicht hat und die den Anschein erweckt, die gesamte Fraktion stünde dahinter. "Eine Entlastung der damaligen Stadtführung kann für die beanstandeten Prüfbereiche unseres Erachtens nicht erteilt werden", heißt es in der Erklärung. Doch zumindest Inge Aures, Simon Moritz, Theresa Weith und auch Christina Flauder sagen, sie wussten von dieser Erklärung nichts und seien nach ihrer Meinung nie gefragt worden. "Ich habe sie namentlich abgegeben", sagt nun Hans Werther. Die Fraktion sei nicht befragt worden. "Manche hätten es gern vorher gesehen", erklärt er, weist aber darauf hin, dass es inhaltlich keine Probleme in der Fraktion gegeben habe.

Die Fraktionen des "Bürgerlichen Lagers" kündigen an, derzeit an einer Stellungnahme zu arbeiten. Sie werde zeitnah veröffentlicht, sagt CSU-Fraktionssprecher Dr. Michael Pfitzner. Wolfram Brehm (CSU) und Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses, erklärt aber vorab, dass es um 22 500 und nicht 30 000 Euro geht. Das Geld sei aus dem Verfügungsfonds des Oberbürgermeisters. So etwas gebe es in jeder Stadt. Und in der Tat sei keine Liste geführt worden, zum Beispiel welcher Sportler nun genau bei der Sportlergala ein Handtuch bekommen hat. "Aber es gibt natürlich eine Liste, wo die Zahl der Geschenke und die Veranstaltung benannt wurden." Mehr müsse im Rahmen des Verfügungsfonds auch nicht sein. Das sei im Übrigen auch bei den Oberbürgermeistern Aures und Stammberger nicht anders gehandhabt worden. Haushaltsrechtlich sei alles korrekt gelaufen. Brehm abschließend: "Mit dem Neidbild wird hier Politik gemacht."

Zu Wort gemeldet hat sich ausführlich inzwischen der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Kulmbach, Thomas Nagel (FDP). Er stellt fest: "Das Rechnungsprüfungsamt hat in seinem Bericht zur Jahresrechnung 2016 bis 2018 festgestellt, dass die Stadt Kulmbach die ihr in der Gemeindeordnung vorgegebenen Aufgaben im Großen und Ganzen erfüllen konnte. Wörtlich schließt der Bericht: ‚Nach unserer Auffassung sollte dem Stadtrat die Feststellung der Jahresrechnung 2018 bis 2018 empfohlen werden. Gleichzeitig kann die Entlastung erteilt werden‘." Die Empfehlungen des Rechnungsprüfungsamtes seien vom Rechnungsprüfungsausschuss nach langen und umfassenden Beratungen einstimmig getroffen. Alle Gremiumsmitglieder, auch Hans Werther, haben laut Thomas Nagel mitgestimmt. Zudem habe das Rechnungsprüfungsamt festgestellt, dass neue Prüfungsfeststellungen im Berichtszeitraum aus verschiedenen Gründen nicht erhoben werden.

Nagel zum Hintergrund: "Die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses haben sich intensiv in zwei Sitzungen mit dem Bericht befasst. Erst auf Vorgabe des Rechnungsprüfungsausschusses hat der damalige Leiter des Rechnungsprüfungsamtes die Sachverhalte schriftlich verfasst, mit den sich die Ausschussmitglieder im Detail beschäftigt haben. Unklarheiten konnten ausgeräumt werden. Erst als keine Fragen mehr offen waren, wurde die Abstimmung herbeigeführt. Wichtig ist: Die Jahresrechnung 2016 bis 2018 ist aus haushaltsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Alle Positionen sind Bestandteil des vom Stadtrat beschlossenen Wirtschaftsplans und wurden korrekt verbucht. Haushaltsüberschreitungen gab es nicht."

Aus der internen Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses seien nun, nach Nagels Meinung aus dem Zusammenhang gerissen, Einzelpositionen in Frage gestellt worden, wie die Bestellung von Handtüchern. "Hier handelt es sich um Ausgaben, die der OB aus dem vom Stadtrat zur Verfügung gestellten Haushaltsansatz Öffentlichkeitsarbeit bezahlt hat." Des Weiteren handle sich im Wesentlichen um Gast- und Geburtstagsgeschenke, die im Namen der Stadt Kulmbach ausgegeben wurden, unter anderem auch an Vertreter der Partnerstädte und örtlichen Vereine. "So wurden anlässlich der letzten Sportlergala an Sportvereine 40 Thermen-Gutscheine übergeben. Hier handelt es sich um Ausgaben, die der Oberbürgermeister aus seinem Verfügungsfond bezahlt hat. Alle Stadtratsmitglieder können sich sicher an Termine erinnern, bei denen solch Geschenke überreicht wurden. Das ist vielfach belegbar, auch medial. Rechtsaufsicht und Staatsanwaltschaft haben diese Sachverhalte geprüft und keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten ergeben. Offene Fragen wurden beantwortet, Unklarheiten ausgeräumt." Die Handtücher, über die jetzt geredet wird, haben laut Nagel einen Wert von zehn Euro. Zudem sei das Rechnungsprüfungsamt zu der Feststellung gekommen, dass jeweils die Hälfte der Handtücher und Bademäntel noch im Rathaus vorhanden seien.

Henry Schramm habe nicht anders gehandelt wie seine Vorgängerin. "Die Rechtmäßigkeit dessen wurde auch mehrfach durch leitende Beamte bestätigt. 13 Jahre lang hat es aus meiner Stadtratskenntnis keine negative Prüfungsbemerkung gegen Henry Schramm gegeben. Unsere Empfehlung, künftig Listen zu führen, richtet sich nicht nur an den Oberbürgermeister, sondern vor allem auch an die Verwaltung."

In der Ältestenratssitzung habe der Jurist der Stadt Kulmbach, Michael Thamm, die Fraktionen informiert. Thomas Nagel zitiert ihn: "Gründe aus denen man eine Entlastung verweigern kann, liegen nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht vor, da es sich, wenn, dann um ‚kleinere Unzulänglichkeiten‘, die als einzelne Vorgänge keine schwerwiegenden Unkorrektheiten darstellen und im Hinblick auf den Gesamtumfang der Haushaltswirtschaft nicht ins Gewicht fallen, gehandelt hat."

Nagel zieht Bilanz: "Ich bin enttäuscht, dass Informationen aus nichtöffentlichen Sitzungen anscheinend abermals in die Öffentlichkeit getragen wurden; noch mehr enttäuscht bin ich darüber, dass dabei der Öffentlichkeit auch noch eine sehr verkürzte Information gegeben wurde, die letztlich zu einer völlig verzerrten Darstellung und Wahrnehmung führt. Dieses Vorgehen verwundert mich und ist aus meiner Sicht weder notwendig noch der Sache dienlich und nach meinem Rechtsempfinden nicht in Ordnung. Es scheint, hier ist das Ziel letztlich die Rufschädigung. So sehe ich nicht meine Aufgabe als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses. Als langjähriger Stadtrat sage ich: Henry Schramm hat über 13 Jahre für diese Stadt alles gegeben. Er hat unser Kulmbach zum Oberzentrum und zur Universitätsstadt gemacht. Ich appelliere vor diesem Hintergrund an den gesamten Stadtrat, sich auf die Sacharbeit zu konzentrieren - es liegen große Aufgaben vor uns. Unser Ziel muss es sein, nach vorne zu schauen und gemeinsam die Zukunft zu gestalten.

Die zuständige Abteilungsleiterin am Landratsamt, Kathrin Limmer, hat sich zu dem Thema ebenfalls zu Wort gemeldet: "Nach Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen und Einstellung der Verfahren hat das Landratsamt als Disziplinar- und Rechtsaufsichtsbehörde den entsprechenden Akteninhalt ebenfalls gewürdigt. Als Ergebnis dieser Ermittlungen wurde festgestellt, dass gegen Oberbürgermeister a.D. Henry Schramm kein Disziplinarverfahren einzuleiten war, da sich keine zureichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen von Dienstvergehen ergeben haben." Auch hinsichtlich der Geschenke und Gutscheine haben sich laut Limmer nach den Ermittlungen und den staatsanwaltschaftlichen Erhebungen ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte für etwaige Vergehen im Sinne des Strafrechts oder Disziplinarrechts ergeben. Allerdings habe das Landratsamt in diesem Zusammenhang keine Belegprüfung vorgenommen, da dies der örtlichen und überörtlichen Rechnungsprüfung in der Stadt Kulmbach obliege.

Die überörtliche Prüfung der Stadt Kulmbach werde durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband durchgeführt. Auch dieser prüfe unter anderem die Jahresrechnungen im mehrjährigen Rhythmus.

Landrat Klaus Peter Söllner wird deutlich: "Was haben wir denn?", fragt er und gibt die Antwort gleich selbst: "Gar nichts, außer Mutmaßungen, und damit sollten sich die Gremien befassen, wenn es Fragen gibt. Wegen so etwas verweigert man die Entlastung nicht." Söllner ist in Sorge über die Außenwirkung der Streitigkeiten: "Wir beschädigen mit diesen Mutmaßungen mittlerweile den gesamten Standort Kulmbach." Alles müsse seine Ordnung haben. Die Basis, auf der nun Kritik geübt wird, hält er aber nicht für angebracht. Auch er gebe Repräsentationsgeschenke aus, Krawatten oder Handtücher beispielsweise. Es werde festgelegt, wie viel der Kreis dafür ausgeben kann. "Das wird in der Stadt nicht anders sein." Söllner abschließend: "Gerade haben wir alle Hände voll zu tun, eine weltweite Krise im Griff zu behalten. Es soll nichts unter den Tisch gekehrt werden, aber dafür gibt es Gremien. Da gehört dieses Thema hin."

Autor

Bilder