Marktredwitz Stadt unterstützt jungen Studenten

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Kämmerer Markus Brand (links) und Oberbürgermeister Oliver Weigel überreichten Kevin Lesiewicz die Patenschaftsurkunde der Bauer'schen Wohltätigkeitsstiftung. Foto: Gerd Pöhlmann Quelle: Unbekannt

Kevin Lesiewicz ist an der Fernuniversität Hagen eingeschrieben. Auf seinem Weg zum Informatiker hilft ihm die Bauer'sche Stiftung in Marktredwitz.

 
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Marktredwitz - Die Stadt Marktredwitz unterstützt Kevin Lesiewicz bei seinem Informatikstudium an der Fernuniversität Hagen. Der 20-Jährige leidet an einer besonderen Form der Muskeldystrophie. Seit einer Operation im Jahr 2010 ist er von künstlicher Beatmung abhängig und kann das Bett seither nicht mehr verlassen. Da er von Grundsicherung lebt, ist es ihm nicht möglich, das Studium selbst zu finanzieren.

"Der Ferienausschuss des Stadtrats hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, dich durch die Bauer'sche Wohltätigkeitsstiftung finanziell zu unterstützen", sagte Oberbürgermeister Oliver Weigel bei einem Besuch an Kevins Krankenbett. Mit Kämmerer Markus Brand überbrachte er am Dienstag die Patenschaftsurkunde der Stiftung. Mit 1000 Euro jährlich, also 500 Euro pro Semester, hilft die Stadt Marktredwitz Kevin dabei das Informatikstudium zu absolvieren. "Wir helfen gerne, studieren musst du aber selber", wandte sich Weigel an den frischgebackenen Studenten. Der möchte sich nach sechs Semestern mit dem Titel "Bachelor of Science in Informatik" schmücken.

Mit seinem Abiturzeugnis in der Tasche hatte sich Kevin Lesiewicz auch relativ schnell an der Fernuni in Hagen eingeschrieben. Im Oktober beginnt dort das Wintersemester. Schon bald wird er sich mit mathematischen Grundlagen, Computersystemen und objektorientierter Programmierung beschäftigen müssen. Das Studium selbst ist modular aufgebaut. Diese Bausteine des Studiengangs können sich über ein oder zwei Semester erstrecken. Vor jedem Semester belegen die Studierenden die den Modulen zugeordneten Kurse. "Die Studienunterlagen bekomme ich per Post oder online", erläuterte Kevin seinen Besuchern. Zu jeder Kurseinheit gibt es verschiedene Aufgaben, die Kevin bearbeiten muss. Da die Studierenden, anders als bei einem Präsenzstudiengang, die meiste Zeit auf sich alleine gestellt sind, hält die Fernuniversität Hagen verschiedene Online-Angebote wie News-Gruppen oder eine Lernumgebung bereit. Hier hat Kevin die Möglichkeit, sich mit anderen Kursteilnehmern und Betreuern auszutauschen. Und bereits im Februar erwarten ihn die ersten Klausuren. An der Fernuniversität Hagen ist es üblich, dass die Klausuren zeitgleich unter der Aufsicht von Mitarbeitern der Fakultät in Räumen verschiedener Universitäten, etwa in München oder Berlin, stattfinden. Das aber ist in Kevins Fall schlechterdings nicht möglich. "Ich kann die Prüfungen zu Hause schreiben, dabei muss aber ein Beamter anwesend sein", berichtete Kevin.

"Das Studium ist sicher nicht ohne", sagte Oberbürgermeister Oliver Weigel. "Aber ich bin mir sicher, du schaffst das." Immerhin habe er bereits das Abitur mit Bravour bestanden. Das Zeugnis hatte ihm Gertraud Nickl, die Leiterin des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) in Marktredwitz, Ende Juni an seinem Bett überreicht. "Kevin hat das Abitur nicht nur bestanden, sondern mit dem tollen Ergebnis von 1,7 abgeschlossen", sagte sie damals. Die Abiturfeier in der Aula des OHG erlebte er dann doch mit - dank Skype am Computer neben seinem Bett. Seine Mitschüler würdigten seine Leistungen damals mit einem großen Applaus. Denn schon während seiner Schulzeit zeigte sich Kevin von seiner kämpferischen Seite. Ohne jemals das OHG betreten zu haben paukte er sich - mithilfe engagierter Lehrer - als Inklusionsschüler durch den gymnasialen Stoff. Drei Jahre lang bekam Kevin Hausunterricht, wobei ihm auch die liebevolle Betreuung seiner Mutter zugute kam. Sie ermöglicht es ihm bis heute mit Unterstützung von Pflegepersonal zu Hause leben zu können. 2014 wurde ihm von der Krankenkasse eine moderne Computerausrüstung genehmigt, inklusive eines professionellen Spracherkennungsprogramms. Jetzt liegt bereits die erste Studienlektüre auf dem Bett: "Einführung in die imperative Programmierung".

"Ich würde mich freuen, wenn du uns immer mal wieder über deine Fortschritte im Studium informierst", sagte Weigel, bevor er sich mit Markus Brand auf den Weg machte, und Kevin sich seinem Studium widmen konnte.

Das Studium ist nicht ohne. Aber ich bin mir sicher, du schaffst das.

Oberbürgermeister Oliver Weigel

Die Bauer'sche Wohltätigkeitsstiftung

Seiner Geburtsstadt Marktredwitz hat der im Jahr 1881 in Nürnberg verstorbene Johann Matthäus Bauer eine Stiftung in Höhe von 100 000 Mark hinterlassen. Dabei verfügte er, dass ein Großteil des Geldes für die Errichtung und den Betrieb eines Waisenhauses zu verwenden sei. Weiterhin sollten Lernmittel und das Schulgeld für arme Kinder bereitgestellt werden. Neben der Unterstützung von Chorschülern und Förderung des kirchlichen Gesanges wollte Bauer einen kleinen Teil des Stiftungsgeldes zur Unterstützung würdiger armer Personen eingesetzt wissen. Das Stiftungsgebäude wurde errichtet, aber nie in Betrieb genommen, da das Stiftungsvermögen bei den Währungsumstellungen 1923 und 1948 fast vollständig verloren ging. So war der Wille des Stifters nicht mehr erfüllbar, also arbeitete die Stadt Marktredwitz eine neue Satzung aus. Danach ist Aufgabe der Stiftung nun die Unterstützung würdiger, bedürftiger Waisen und sonstiger würdiger, armer in Marktredwitz lebender Personen.

Quelle: Satzung der J.-M.-Bauer-Stiftung

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