Als willige Büttel Erdogans haben türkische Richter weitere Journalisten zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Justiz dort setzt darauf, dass die Empörung darüber erlahmt und alle, die dagegen aufbegehren, ermüden. Die Forderungen nach Freilassung der "Cumhuriyet"-Redakteure werden zwar pflichtschuldig in den Nachrichten gemeldet, aber der türkische Despot weiß genau, dass er nichts zu befürchten hat. Erdogan hat in seinem Machtrausch jedes Maß verloren. Er schwebt auf einer Wolke aus Arroganz und Ignoranz. Weil ihm die Mehrheit der Türken zu Füßen liegt, zog der flugs die Wahlen vor, um schneller als angepeilt sein Präsidialsystem zu etablieren, mit dem er nahezu unumschränkt zu herrschen gedenkt. Wer kann ihn dann noch in die Schranken weisen? Schon dräuen wieder Wahlkampfauftritte des "Sultans" in Deutschland vor jubelnden Türken. Ab 7. Juni dürfen türkische Wahlberechtigte im Ausland ihre Stimme abgeben; in der Türkei selbst wird am 24. Juni gewählt. Die Wahlen sollten eigentlich erst im November kommenden Jahres stattfinden. Aber Erdogan, der gegenwärtig fest im Sattel sitzt, möchte kein Risiko eingehen. Derzeit spricht der Präsident höchst erfolgreich die patriotischen und religiösen Gefühle der türkischen Massen an. Naiv beklagt sich der im Februar in der Türkei freigelassene "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel über das Schweigen deutscher Unternehmer während seiner Inhaftierung. Die denken doch nur an ihre Geschäfte und verschwenden kaum einen Gedanken an hinter Gittern schmachtende Journalisten.