Münchberg Münchberg diskutiert auch virtuell

Von Vanessa Schweinshaupt

Die Facebookgruppe "Stadt Münchberg und Umgebung" hat mehr als 1300 Mitglieder. Sie bietet Bürgernähe - aber auch hier gelten Grenzen der Meinungsfreiheit.

 
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Münchberg - "Bei Fragen oder Problemen ist es mir lieber, wenn die Leute sich direkt an mich oder die Stadt wenden", sagt Münchbergs Bürgermeister, Christian Zuber. Im persönlichen Gespräch lasse sich eben vieles schneller klären. Und dafür seien schließlich die Bürgersprechstunde oder der Bürgerstammtisch da. Trotzdem hält er die Facebookgruppe "Stadt Münchberg und Umgebung", die mittlerweile mehr als 1300 Mitglieder zählt, für sinnvoll. "Ich glaube, es ist wichtig, dass es so eine Seite gibt. Dort können sich die Leute untereinander austauschen und informieren."

Ähnlich sieht das Corinna Klamt. Die 46-Jährige ist Gründerin und Administratorin von mehr als zehn Facebook-Gruppen, darunter die der Münchberger. "Es geht darum, Menschen eine Plattform zu bieten, auf der sie sich vernetzen können, sich gegenseitig informieren und helfen", erklärt Klamt ihre Intention. Die gebürtige Coburgerin, die im Landkreis Hof wohnt, hatte zunächst mit einer virtuellen Gruppe in Hof begonnen, ehe sie vor zwei Jahren auch die für Münchberg installierte.

"Freunde von mir wohnen in Münchberg, und als wir etwas organisieren wollten, ist mir aufgefallen, dass es eine Plattform wie in Hof hier noch nicht gab", erzählt Klamt. "Ich hab das dann geändert. Es macht halt vieles leichter." Das war vor knapp zwei Jahren. Einfacher wird dadurch vor allem der Kommunikationsweg, also das miteinander-inKontakt-Treten. Zum Beispiel wenn Haustiere ent- oder zulaufen, wenn bei Umzügen und Haushaltsauflösungen Sachen abzugeben sind oder Feste und Partys angekündigt werden. "Alles was die Leute so bewegt, darf man dort posten", erklärt Klamt. "Aber", holt sie aus, "man muss sich auch an die Regeln halten. Das Internet ist längst kein rechtsfreier Raum mehr. Nur weil man mehr oder weniger anonym ist, gibt es einem nicht das Recht, sich unangemessen zu benehmen oder andere zu beleidigen."

Dann nämlich greift die Gruppenadministratorin durch. Vom persönlichen Anschreiben über Verwarnung bis zum Gruppenausschluss, kann sie alles steuern. "Ja, ich habe damit eine gewisse Macht", weiß die Coburgerin, die heute im Fichtelgebirge wohnt. "Aber ich will sie nicht missbrauchen, sondern richtig einsetzen. Das Regelwerk, das online steht, gibt ja auch den Rahmen vor, in dem man sich frei bewegen darf. Ich mische mich nur ein, wenn eine Grenze überschritten und es richtig böse wird."

Auf gut Deutsch heißt das: Wer sich fremdenfeindlich oder menschenverachtend äußert, fliegt. Freilich gilt auch im Internet das Recht auf freie Meinungsäußerung. Aber das hat seine Grenzen. Viele, die sich vermeintlich auf Artikel 5 des Grundgesetzes berufen, um ihre Meinung kundzutun, übersehen dabei häufig ein paar wesentliche Punkte. Zum einen schränkt sich Artikel 5 im zweiten Absatz selbst ein, zum zweiten gibt es Grenzen wie die der Schmähkritik und Beleidigung, und zum Dritten steht die Unantastbarkeit der Menschenwürde stets über dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Das zeigt schon die Reihenfolge der Artikel im Grundgesetz.

Die Debatte um Flüchtlinge und Asylbewerber spaltet nicht nur Deutschland in mehrere Lager, sondern auch die virtuelle Welt. "Vor allem fremdenfeindliche Äußerungen sind immer wieder zu lesen. Das geht natürlich gar nicht", mahnt Corinna Klamt.

Sie bezieht sich damit nicht alleine auf die Münchberg-Gruppe, sondern auf ihre Gruppen im Allgemeinen. Mitglieder, die durch Fremdenfeindlichkeit auffielen, würden aus der Gruppe verwiesen und bei massiven Beleidigungen auch blockiert. Dann sei ein erneutes Eintreten in die Gruppe unmöglich.

Grundsätzlich lasse sie aber schon mit sich reden, sagt Klamt. Ihre Devise lautet: "Jeder hat eine zweite Chance verdient." Wer allerdings "Gaskammern" oder "Giftpilzsuppen" für Menschen anderer Hautfarbe, Herkunft oder Orientierung fordert, der brauche darauf nicht zu hoffen. Ganz im Gegenteil, hier überlegt die praktizierende Erzieherin sogar, Anzeige zu erstatten. "Damit auch der Letzte kapiert, dass man im Internet nicht alles schreiben und tun kann."

Auch Bürgermeister Christian Zuber beobachtet solche Diskussionen mit Argusaugen. "Manchmal frage ich mich schon, was gewisse Debatten da verloren haben. Ich würde auch nicht lange diskutieren, sondern Leute direkt rausschmeißen, die gewisse Aussagen tätigen", sagt er. "Beleidigungen und Fremdenhass gehen ja wohl am Sinn der Gruppe vorbei."

Die Administratorin Klamt ist, was das Ausgrenzen von Mitgliedern angeht, anderer Meinung. Zwar teile sie Zubers Ansicht bezüglich Fremdenhass und Beleidigungen, sie möchte aber auch nicht als der "Gruppen-Diktator" rüberkommen. "In meinen FB-Gruppen herrscht keine Willkür. Ja, ich gebe Regeln vor und habe eine Art Hausrecht. Aber die Leute sollen ruhig schreiben, was sie denken. Solange der Umgangston passt, darf auch heftig debattiert werden. Ich lösche solche Diskussionen nicht. Alles soll transparent bleiben. So können die Leute dann auch nachvollziehen, warum jemand aus der Gruppe entfernt wurde."

Prinzipiell nämlich vertraue sie den Usern und überprüfe die Posts vor Veröffentlichung nicht, erklärt sie. Erst kurz nach der Publikation wirft sie einen Blick darauf. Selbst Werbung und Kleinanzeigen sind okay. Nur wenn sie überhand nehmen oder die Gruppe "zugespamt" - also mit Beiträgen zugemüllt - wird, dann greift Klamt ein. "Das kommt ja den Mitgliedern zugute."

Trotz aller Werbe-Spammer, Trolle - also Internetnutzer, die mit ihren Beiträgen nur provozieren und diffamieren wollen - und anonymer Wichtigtuer schätzt Bürgermeister Zuber die positiven Seiten der Facebookgruppe. Einen Vorteil der Seite sieht er darin, dass er auf Aussagen sofort reagieren kann, wenn es notwendig ist. "Um zum Beispiel etwas sachlich richtig zu stellen. Manchmal hilft es ja schon, aufklärerisch tätig zu sein."

Deshalb verfolgt das Stadtoberhaupt die Aktivität der Gruppe. Auch weil er wissen möchte, was "seine Münchberger" gerade so beschäftigt. Allerdings betreibe er kein Facebook-Monitoring, also keine Überwachung rund um die Uhr.

Corinna Klamt freut sich darüber, dass der Münchberger Bürgermeister Mitglied in der Gruppe "Stadt Münchberg und Umgebung" ist. "Es ist bürgernah und super für die Leute. Man kann sein Anliegen direkt vorbringen."

Das sei schließlich einer der vielen Gründe gewesen, weshalb sie die Gruppe vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat: Man kann miteinander in Kontakt treten - "und dadurch vielleicht ja auch die ein oder andere Freundschaft schließen".

Das Internet ist längst kein rechtsfreier Raum mehr. Es muss sich auch an Regeln gehalten werden.

Corinna Klamt, Administratorin

Beleidigungen und Fremdenhass gehen ja wohl am Sinn der Gruppe vorbei.

Bürgermeister Christian Zuber

Was ist ein "Admin"?

Der Begriff "Administrator", kurz "Admin", bezeichnet eine spezielle Rolle eines Benutzers in Netzwerken oder Websites wie Diskussionsforen. Um spezielle Aufgaben - hauptsächlich das Verwalten und, je nach Art und Weise, teilweise Redigieren von Inhalten - zu erfüllen und die jeweiligen Benutzungsrichtlinien durchzusetzen, hat ein Administrator erweiterte Benutzerrechte. In Internetauftritten wie in Foren verfügt er zum Beispiel über das Recht auf das Löschen und Bearbeiten von Beiträgen und die Sperrung von Benutzern.

Das Tätigkeitsbild von Administratoren in Foren und Netzwerken ähnelt den Aufgaben eines Moderators.

(Quelle: Wikipedia)

Schwerwiegende Vergehen

Facebook ist keine rechtliche Grauzone. Paragraf 130 des Strafgesetzbuches gilt auch im Internet. Der Tatbestand der Volksverhetzung stellt ein schwerwiegendes Vergehen dar. Wer zum Hass aufstachelt, zu Gewalt auffordert, jemanden böswillig beschimpft, verächtlich macht, verleumdet oder die Menschenwürde anderer angreift, und zwar in Bezug auf eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, der macht sich schuldig, erklärten erst kürzlich Beamte vom Hofer Staatsschutz in der Frankenpost.

Wer wegen einer Hassrede verurteilt wird, muss bis zu fünf Jahren Haft rechnen. Und auch wer derartige Stellungnahmen mit "Gefällt mir" kennzeichnet, kann wegen Billigung von Straftaten belangt werden.

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