107 Jahre später - im September 2017 - begab sich dessen Urenkel John Gebhardt auf Spurensuche in Schauenstein (wir berichteten). Er fand den gut erhaltenen "Gebhardt-Brunnen" und begegnete der Stadträtin Ulla Tögel. Obwohl Tögel nach Schauenstein zugezogen ist, wusste sie den Namen Gebhardt sofort einzuordnen. Bei diesem ersten Besuch von John Gebhardt zog Tögel den Stadtarchivar Adalbert Vogel und einige Schauensteiner hinzu, die einiges über die Auswandererfamilie zu berichten wussten. Diese ersten Informationen waren bruchstückhaft und teilweise widersprüchlich.
Dies entfachte Tögels Forschergeist. Da es erst seit 1871 Standesämter gibt, kontaktierte sie das Staatsarchiv Bamberg und das Nürnberger Kirchenarchiv per E-Mail. Weil der US-Amerikaner, der für eine deutsche Firma aus Freudenstadt in Hongkong arbeitet, nochmals mit seinem Sohn Joe nach Schauenstein kommen wollte, mobilisierte Tögel die deutschen Verwandten, die von Elias Fischer abstammen. Er war der Onkel des Auswanderers, der Bierbrauer, Gasthofbesitzer und von 1888 bis 1894 Bürgermeister in Schauenstein war. John L. Gebhardts Mutter war eine gebürtige Fischer.
Kein Wunder also, das im Rathaus nun viele mit dem Nachnamen Fischer beieinander saßen. Es herrschte eine gespannte Atmosphäre. Alle waren neugierig, ihre US-Verwandten kennenzulernen. Nach Tögel hieß Bürgermeister Peter Geiser die Gäste willkommen. "Es ist für mich etwas Besonderes, den Urenkel eines Schauensteiner Auswanderers hier im Rathaus bei dieser Familienzusammenführung begrüßen zu dürfen", betonte der Bürgermeister. Geiser hatte anlässlich des festlichen Momentes die Amtskette angelegt, denn es folgte der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Geiser erinnerte an die Verdienste von John L. Gebhardt, mit dessen großzügiger Spende der alte marode hölzerne Wasserkasten durch einen Granitbrunnen ersetzt werden konnte. "Dafür sind wir heute noch dankbar", betonte der Bürgermeister.
In gemütlicher Runde folgte das Kennenlernen mit den deutschen Verwandten. Tanja Fischer und ihr Ehemann Günter Völkel aus dem Ortsteil Loh hatten einen selbst gezeichneten Stammbaum der Familien Fischer und Gebhardt ausgebreitet, der auf großes Interesse der Gäste stieß. Joe Gebhardt ergänzte diesen Stammbaum handschriftlich mit seinem Geburtsjahr "1983" und dem Vornamen seiner Mutter "Carol".
Der Bürgermeister überreichte den Gästen einen Bildband über die Stadt, eine CD mit dem Schauenstein-Lied, eine Nachprägung des Schauensteiner Groschens aus dem Jahr 1622 und eine Flasche der hochprozentigen "Schlossgeister". Tögel schenkte ihnen eine Publikation des Heimatforschers Adrian Roßner über die früheren Auswanderungswellen. "Die Not der Menschen war früher so groß, dass viele über Nacht den Entschluss fassten, nach Amerika auszuwandern", betonte Tögel. Sie verglich die damaligen Migrationsbewegungen mit den aktuellen Flüchtlingsströmen nach Europa.