Naila Wasserschaden zwingt zum Umzug

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Eine Woche nach dem Decken-Unfall in Rehau müssen in Naila Kinder in Sicherheit gebracht werden: Der Kindergarten am Park ist gesperrt. Am Dienstag kommen die Gutachter.

 
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Naila - Die Szenerie ist bizarr: Zwischen Weihnachtssternen aus Filz baumeln Wassereimer von der Decke, einige Deckenplatten sind herausgebrochen; sie hatten sich so vollgesaugt, dass sie zum Sicherheitsrisiko wurden. Seit dem gestrigen Montag ist der evangelisch-integrative Kindergarten in Naila gesperrt - bis auf Weiteres.

Die Verantwortlichen haben mit der Schließung eine schwierige Entscheidung getroffen - immerhin mussten sie für etwa 30 Kinder, davon einige mit Behinderung, ein adäquates Ausweichquartier finden. Doch war diese Entscheidung die einzig richtige, wie der Nailaer Dekan Andreas Maar findet: "Es geht hier um Menschen, um ganz kleine Menschen", sagt er: "Die Sicherheit der Kinder und auch unserer Mitarbeiter ist uns wichtig." Vorerst hat nun die integrative Gruppe in der benachbarten evangelischen Kindertagesstätte Froschgrün Unterschlupf gefunden, die zweite Gruppe ist im ebenfalls evangelischen Kindergarten "Hand in Hand" untergebracht.

Der Fall weckt Erinnerungen an den Unfall in Rehau vor knapp einer Woche: Am Mittwoch waren in der Gutenbergschule mitten im Unterricht Deckenplatten auf Schüler gestürzt. Während sich in dem Neubau in Rehau die Platten aus heiterem Himmel zu lösen schienen, hat der Nailaer Kindergarten am Park schon seit einigen Wochen mit Wassereintritt zu kämpfen. Immer wieder habe die Hausverwaltung versucht, das Flachdach des jahrzehntealten Gebäudes abzudichten, erklärt der Dekan. Vorige Woche aber, wohl durch den starken Regen, hat sich das Problem massiv verschärft. "Das war der Zeitpunkt, an dem wir Angst bekamen, dass Platten herabstürzen könnten", erinnert sich Kindergarten-Leiterin Jasmin Block: "Das konnte ich nicht mehr verantworten." Man zog eine Fachfirma hinzu. Deren Antwort kam am Freitagnachmittag - und sie war eindeutig: "Man hat uns empfohlen, zur Sicherheit sofort das Gebäude zu räumen", sagt Andreas Maar.

Die Eltern erfuhren davon erst, als sie ihren Nachwuchs gestern in den Kindergarten brachten. Dekan Maar schilderte ihnen in einem Brief sowie persönlich die Situation. Er hatte sich bewusst entschieden, die Eltern erst kurzfristig zu informieren; so habe er vermeiden wollen, dass er vor dem Wochenende nicht mehr alle Eltern erreicht und dann vielleicht Gerüchte die Runde machen.

Derweil weiß man über die Schäden noch nicht viel: Wie Maar erklärt, war auf dem Dach wohl ein Abfluss verstopft. Welche Gefahr nun durch den Wasserschaden und die Deckenplatten von dem Gebäude ausgeht, ist indes völlig ungewiss. Ob auch Schadstoffe ausdünsten, dazu kann der Dekan nichts sagen: "Das wüsste ich selbst gerne", meint er. Die Kirchengemeinde hat deshalb weitere Untersuchungen veranlasst. Fachleute werden sich dazu am heutigen Dienstag in dem geschlossenen Kindergarten treffen. Bis Ergebnisse vorliegen, wird es wohl Wochen dauern, meint Andreas Maar. Auch das Hofer Landratsamt ist informiert: Es ist als Aufsichtsbehörde zuständig für die fachliche Beratung von Kita-Trägern sowie auch für die Erteilung der Betriebserlaubnisse und für die Überwachung des Kindeswohls. Mitarbeiter der Behörde werden sich wohl nicht nur die Schäden in den bisherigen Räumen anschauen, sondern auch, wie die Kinder in ihren Provisorien untergebracht sind. Das Kindergarten-Gebäude selbst ist in Privatbesitz.

Der Kindergarten am Park mit einer Regelgruppe und einer Gruppe, zu der auch Kinder mit und ohne Behinderungen gehören, ist der einzige integrative Kindergarten im Altlandkreis Naila. Zwar ist das Gebäude wegen seiner Zweistöckigkeit nicht ganz optimal für eine solche Einrichtung, dennoch hat sich der Kindergarten mit den speziell geschulten Mitarbeitern in der Region etabliert: "Die Arbeit, die hier gemacht wird, ist wahnsinnig gut", lobt Andreas Maar. Auch deshalb bringen sogar Eltern aus Nachbarkommunen ihre Kinder extra nach Naila.

Zumindest für die nächsten Wochen ist der Betrieb gesichert. "Das Provisorium steht", versichert der Dekan. Aus seiner Sicht ist in den anderen Einrichtungen der Kirchengemeinde genug Platz für die beiden heimatlosen Gruppen. Der Kindergarten "Hand in Hand" ist ausgelegt für drei Gruppen, betreut derzeit aber nur zwei: "Dort gibt es gar kein Problem", sagt Maar. Und die Froschgrüner Kindertagesstätte hat nun erstmal ihre frisch renovierten Zusatzräume zur Verfügung gestellt.

Wie es weitergehen soll für den Fall, dass die Kindergartengruppen auch längerfristig nicht in ihr angestammtes Gebäude zurück können, ist ungewiss. Doch Andreas Maar betont: "Wir wollen die integrative Arbeit auf jeden Fall aufrechterhalten. Die Eltern sind sehr dankbar für dieses Angebot."

Während den Mitarbeitern die Situation gestern teils ganz schön an die Nieren ging, haben die Kinder den ersten Tag in der ungewohnten Umgebung gut weggesteckt: Nach einem sonnigen Spaziergang zur neuen Unterkunft gab es immerhin auch viele neue Spielsachen zu entdecken. "Wir haben versucht, den Kindern den Umzug so leicht wie möglich zu machen und ihnen zu vermitteln, dass alles ganz spannend ist", erklärt Jasmin Block. Die Gruppen sind weitgehend zusammengeblieben, und die Kinder haben ihre gewohnten Betreuerinnen und Betreuer um sich. Und gerade erst haben die Kinder die Weihnachtsgeschichte erzählt bekommen: "Nicht nur Maria und Josef sind auf der Suche nach einer Herberge, sondern auch unsere Kinder", meint der Dekan. "Es den Kinder so zu erklären", ergänzt Jasmin Block, "war genau das Richtige."

Man hat uns empfohlen, zur Sicherheit sofort das Gebäude zu räumen.

Dekan Andreas Maar,

Dekanat Naila

Wir haben versucht, den Kindern den Umzug so leicht wie möglich zu machen.

Jasmin Block, Leiterin des

Kindergartens am Park in Naila

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