Hof/Bayreuth Insolvenzverwalter soll in eigene Tasche gewirtschaftet haben

Wer einen Kredit für eine Immobilie aufnimmt, kann diesen nach einer festgelegten Zeit kündigen. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Der Schaden beträgt mehrere Millionen Euro. Die Opfer werfen der oberfränkischen Justiz deswegen schwere Versäumnisse vor.

 
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Hof/Bayreuth - Ein neuer schwerer Skandal erschüttert Wirtschaft und Justiz in Oberfranken: Auf Antrag der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Hof ist in Bayreuth ein Rechtsanwalt festgenommen worden. Er ist dringend verdächtig, sich als vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter über Jahre hinweg bei den ihm anvertrauten Firmen bedient zu haben. Der Schaden geht nach ersten Schätzungen in die Millionen.

Nach Informationen unserer Zeitung wird dem Juristen Fehlverhalten in nicht nur einem, sondern in einer ganzen Reihe von Insolvenzverfahren vorgehalten. Schwere Vorwürfe erhebt demnach eine Familie aus dem Fichtelgebirge, die sich von dem Anwalt um das Lebenswerk des inzwischen verstorbenen Vaters, eines Bauunternehmers, gebracht sieht. Hier wurde der Insolvenzantrag sogar schon im Jahre 1999 gestellt, das Verfahren aber immer noch nicht abgeschlossen. Ursprünglich habe man mit der Insolvenz nach vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten einen Neuanfang gesucht, sagen die Angehörigen im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Hoffnung sei berechtigt gewesen, da der Inhaber der Firma ein großes Immobilien-Projekt genehmigungsfertig ausgearbeitet habe. Im Vertrauen auf seine Seriosität habe man dies auch dem Insolvenzverwalter vorgetragen. "Da haben seine Augen zu leuchten begonnen", erinnert sich die Familie des Bauunternehmers. Der Anwalt habe das Projekt danach jedoch aus der insolventen Firma genommen und durch eine Projektgesellschaft selbst verwirklicht. Der Bayreuther steht im Verdacht, allein dadurch persönlich eine Millionensumme eingenommen zu haben, die eigentlich den Gläubigern der Baufirma zugestanden hätte. Ihr inzwischen verstorbener Mann habe das Amtsgericht über Jahre immer wieder auf das betrügerische Wirken des Anwalts hingewiesen, sagte die Witwe des Unternehmers. So seien bereits vor dem Insolvenzantrag bezahlte Planungsleistungen angeblich noch einmal geleistet worden - in wessen Taschen, wird nun ermittelt. Erst vor Kurzem sei der unabhängige Prüfungsbericht für das Insolvenzverfahren eingegangen. Der schmale Band liste eine Vielzahl nun offengelegter Betrügereien auf. Die Festnahme des Anwalts ist den Angehörigen nur eine geringe persönliche Genugtuung. Die Witwe sagt: "Ich erwarte mir nach 18 Jahren nichts mehr."

Die Zahl der betroffenen Verfahren und Firmen ist bislang noch unbekannt. Die Kanzlei des Anwalts wurde am Donnerstag der vorigen Woche durchsucht. Inzwischen ist gegen ihn Haftbefehl erlassen. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft Hof gestern auf Anfrage. Letzten Endes aufmerksam wurden die Behörden offenbar durch ein Insolvenzverfahren, das ungewöhnlich lang dauert. Demnach soll es bei der Insolvenz einer ehemals in Bayreuth ansässigen Strickwarenfabrik zu Auffälligkeiten gekommen sein. Obwohl der Insolvenz-Antrag schon im Jahre 2003 gestellt wurde, ist das Verfahren immer noch nicht abgeschlossen. Das Amtsgericht Bayreuth hat nun am 24. November diesen Jahres einen anderen Bayreuther Anwalt als Sonderinsolvenzverwalter eingesetzt. Dem bisherigen und nun inhaftierten Insolvenzverwalter hat das Gericht die Verfügungsberechtigung über Konten bei der HypoVereinsbank, UniCredit-Bank sowie bei der Deutschen Kreditbank AG entzogen. Gleiches gilt für alle anderen "im Verfahren angelegten Konten, soweit diese nicht bekannt waren und sind".

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