Was von Gomringer einst als Ode an "La Rambla", die bekannte Flaniermeile Barcelonas, gedacht war, ist nun auch ein Geschenk an die Stadt Rehau, die, das sagt Bürgermeister Abraham, "gut mit einem internationalen Gedicht an prominenter Stelle arbeiten kann". Dass nun ein spanischsprachiges Stück Literatur mitten in Rehau an der Wand steht, solle auch zeigen, dass es sich bei Rehau um eine weltoffene Stadt handle.
Dass die Kommune im Zuge der "Avenidas"-Debatte ins Interesse der Medien gerückt ist, kommt dem Stadtoberhaupt dabei nur gelegen. Bei Abraham laufen derzeit auch immer wieder Anfragen überregionaler Medien auf. "Die Fassaden-Aktion hat schon seit dem diesbezüglichen Stadtratsbeschluss für viel Aufmerksamkeit gesorgt", berichtet er. "Wir hoffen, dass sich dieses Interesse im Zuge des Festakts noch einmal aufgreifen lässt. Wir wollen dokumentieren, dass wir die Heimat Eugen Gomringers sind." So soll sich der Rummel um die Fassade etwa auch auf das Kunsthaus mit dem Eugen-Gomringer-Archiv übertragen. Bereits jetzt sorge die Einrichtung dafür, dass Gruppen von Kunstliebhabern von weit her nach Rehau kommen. "Natürlich gibt es auch Rehauer, die das Kunsthaus besuchen, überwiegend nutzen es aber Auswärtige."
Mit "Avenidas" am Maxplatz können sich die Rehauer offenbar gut anfreunden. Beschwerden hat es laut Abraham nicht gegeben. Die Rehauer nähmen das Werk gut an - "auch wenn es manchem womöglich spanisch vorkommt", scherzt der Bürgermeister.
Eugen Gomringer selbst hat die mit seinem Werk bemalte Fassade bereits in Augenschein genommen. "Ich fahre oft mit dem Wagen daran vorbei", berichtet der Lyriker. Er fühlt sich geehrt, dass "die Stadt ihren Bürger so wertschätzt" und so einen großen Aufwand betreibe. "Das freut mich schon."
Zum Festakt werden viele geladene Gäste nach Rehau kommen. "Es reisen Freunde und Gönner von mir an - auch aus Berlin", erzählt der Künstler, der am Samstag auch den Kulturpreis des Landkreises Hof entgegennehmen darf. Miteinander zu tun hätten die Auszeichnung und die "Avenidas"-Kontroverse aber nicht - zumindest hofft er das: Als bloße Solidaritätsbekundung möchte er den Preis keinesfalls verstanden wissen.
Für Gomringer ist die Diskussion um sein Werk nach dem Rehauer Festakt am Samstag längst noch nicht beendet. Ende Juni reist der 93-Jährige nach Bielefeld, wo ein Ehepaar das Gedicht ebenfalls an einer Hauswand anbringen lässt. Der Verfasser ist dort zur Einweihung und zu einem Vortrag im lokalen Kunstverein eingeladen. "Und es wird bestimmt nicht das letzte Mal sein, dass ich vor eine Wand mit meinem Werk trete", glaubt er. "Ich nehme das aber ganz gelassen."