Selb Immer an der Seite der Opfer

Die neuen Gesichter des Opferhilfevereins "Weißer Ring" in der Region: Konrad Schmidling aus Selb und Heike Richter aus Kirchenlamitz. Foto: ago

Konrad Schmidling ist der neue Außenstellenleiter des "Weißen Rings". Mit seiner Stellvertreterin Heike Richter setzt er sich für Menschen ein, die Schlimmes erleiden mussten.

 
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Selb - Es ist eine Aufgabe, die an die Nieren geht. Es sind Schicksale, die persönlich betroffen machen. Und es ist eine Arbeit, die normalerweise nicht im Licht der Öffentlichkeit steht: Die Helfer des "Weißen Rings" kümmern sich um Opfer von Verbrechen. In den Landkreisen Wunsiedel und Hof stellt sich der Verein jetzt neu auf: Neuer Außenstellenleiter für die Landkreise Wunsiedel und Hof sowie für die Stadt Hof ist Konrad Schmidling aus Selb, seine Stellvertreterin ist Heike Richter aus Kirchenlamitz.

Kontakt

Der "Weiße Ring" ist eine Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer und ihre Familien. Er wurde 1976 in Deutschland unter anderem von dem Fernsehjournalisten Eduard Zimmermann (Aktenzeichen XY) in Mainz gegründet, wo er auch seinen Sitz hat. Seine Tätigkeit finanziert der Verein aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Geldbußen und testamentarischen Zuwendungen. Konrad Schmidling ist erreichbar unter der Telefonnummer 0151/55164751, E-Mail wr.hofwunsiedel@yahoo.com; seine Stellvertreterin Heike Richter unter der Telefonnummer 01520/9977260,
E-Mail heikeri@yahoo.de.

Seit dem 1. Juli hat der 68 Jahre alte Schmidling das Amt inne, ebenso seine Stellvertreterin Richter. Die hatte zuvor von April bis Ende Juni die Außenstelle kommissarisch geleitet, nachdem Ines Mergner aus Hof das Amt niedergelegt hatte. Der "Weiße Ring" ist eine überparteiliche und unabhängige private Bürgerinitiative mit etwa 3000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer und rund 50 000 Mitgliedern.

In Führungspositionen wird man allerdings berufen, wobei sich die Mitglieder dafür vorher aus- und weiterbilden lassen müssen. Sowohl Richter als auch Schmidling sind seit September 2015 beim "Weißen Ring". Für beide war es inneres Bedürfnis zu helfen. Schmidling, gebürtiger Selber und erfolgreicher Unternehmer, formuliert es so: "Mir persönlich geht es gut. Und ich fand es an der Zeit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben." Und die 47 Jahre alte Heike Richter, die bei Gealan-Formteile in Oberkotzau arbeitet, wollte Menschen helfen, die Schlimmes erlebt haben. "Wir hören zu, geben konkrete Hilfestellung und auch eine Schulter, an der man sich ausweinen kann."

Ganz unvorbereitet werden die Helferinnen und Helfer nicht losgeschickt. Wer helfen möchte, muss zunächst drei Hospitationen bei erfahrenen Kollegen machen und bei Beratungen über die Schulter schauen. "Dabei kann jeder für sich herausfinden, ob man der Aufgabe gewachsen ist und ob man sie machen will." Es folgen ein Grund- und ein Aufbauseminar sowie für Außenstellenleiter ein Führungskräfteseminar. Die Wochenendseminare finden in ganz Deutschland statt.

Zum Team von Schmidling und Richter gehören auch Alice Bachmann und Manuela Schaller aus Hof. Das Quartett ist im Prinzip in ganz Hochfranken im Einsatz. Die vier Ehrenamtlichen, die lediglich Kilometergeld erstattet bekommen, sind die Anlaufstelle für alle Opfer von Verbrechen - und das rund um die Uhr.

"Manchmal ist man schon erschüttert und fragt sich, was Menschen antreibt", sagt Heike Richter. Frauen, die von ihren Männern verprügelt werden, Kinder, die von Verwandten missbraucht werden, Menschen, die einfach Angst vor ihren Partnern oder Familien haben - das alles haben Richter und Schmidling schon erlebt. "Am schlimmsten ist es, wenn Kinder die Leidtragenden sind", sagt Richter.

Diesen verängstigten und teilweise auch geschundenen Menschen zu helfen, sehen die Mitarbeiter des "Weißen Rings" als ihre vornehmste Aufgabe an. "Wir hören vor allem zu, geben Rückendeckung, vermitteln die Hilfesuchenden an Beratungsstellen weiter und begleiten sie bei Behörden- oder Gerichtsterminen", fasst Schmidling zusammen. Und seine Kollegin ergänzt: "Wir begleiten die Menschen auf ihrem Weg. Wie der aussehen soll, entscheiden sie selbst." Es sei nicht ihre Aufgabe, die Initiative zu übernehmen.

Den Kontakt nehmen die Opfer in der Regel von sich aus auf, wobei meist die Polizei auf den "Weißen Ring" hinweist. Die Helfer selbst unterliegen der Schweigepflicht und wenden sich ihrerseits nicht an die Justiz- oder Polizeibehörden.

Um vier bis fünf Fälle im Monat kümmert sich jeder der hochfränkischen Mitarbeiter. Und da kommen schnell 20 bis 30 Stunden zusammen. Um mit dem Erlebten und Gehörten klarzukommen, trifft sich die Gruppe regelmäßig und tauscht sich aus. "Jeder hat so seinen Weg, das alles zu verarbeiten." In der Regel sind die Mitarbeiter allein tätig, haben aber immer Rückhalt bei den Kollegen und dem Verband. "Und zu manchen Treffen gehen wir auch zu zweit", sagt Schmidling.

Die beiden neuen Außenstellenleiter wollen die Arbeit in der Region intensivieren. "Wir wollen unsere Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und bewusst machen", sagt Schmidling. Info-Stände oder Vorträge hält er für ein geeignetes Mittel, um Präsenz zu zeigen. Auch Heike Richter sieht das so: "Wir wollen ja auch Menschen helfen, deren Fälle nicht bei der Polizei gelandet sind. Und die Dunkelziffer ist groß."

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