Kultnacht am Samstag Die kultigste Nacht Wunsiedels

Ein Markenzeichen der Kultnacht: Kunst an den ungewöhnlichsten Orten. Foto: Florian Miedl

Am Samstag dreht sich in der Festspielstadt alles um die Kultur. Das Bürgerforum ermöglicht auch einige besondere und pikante Einblicke.

 
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Dies interessiert wahrscheinlich nur Pedanten: Die wievielte Kultnacht veranstaltet das Wunsiedler Bürgerforum am Samstag eigentlich? „Offiziell“ ist es die 22. Stefan Frank, der Vorsitzende des Bürgerforums, zählt hingegen die zwei wegen Corona ausgefallenen Kultnächte zumindest ein wenig mit dazu. „2020 und 2021 durften keine Veranstaltungen stattfinden, geplant hatten wir sie aber schon, zumindest die Konzepte waren jeweils bereits fix.“ Das wäre also schon mal geklärt. Statt der früheren Ankündigungen jeweils mit der Anzahl der Kultnächte ist jene am Samstag einfach die Kultnacht 23. Und diese hat es in sich.

Programm an 13 Stationen

An 13 Stationen bekommen die Besucher ein Programm serviert, das die gesamte Bandbreite der Kultur umfasst. Zweifellos eines der Highlights ist die Willi-Seiler-Retroperspektive im Foyer der Fichtelgebirgshalle. Diese ist zwar schon seit Ende März zu sehen, am Samstagabend führt der 96 Jahre alte Künstler und ehemalige Leiter der Wunsiedler Steinfachschule um 19 Uhr aber persönlich durch die Schau.

Ein Markenzeichen der Kultnächte sind die Kunstorte. „Wir öffnen bewusst für eine Nacht interessante Leerstände“, sagt Stefan Frank. Davon gibt es in Wunsiedel eine ganze Reihe. Da sich glücklicherweise einige wieder mit Leben füllen, werden der Marktplatz 1 und die Losburg das letzte Mal als Leerstände bespielt. Hier werden zum Teil noch dieses Jahr die Stadtbibliothek und ein kleines Hotel einziehen. Am Samstag verwandelt der Wunstock-Verein den Marktplatz 1 in eine urige Rockkneipe. „The Misfinks“ aus dem Fichtelgebirge und „The Rocket Dogz“ aus Prag geben in den früheren Räumen des Bürgerforums lautstarke Gastspiele. Die Wunstock-Macher pflegen seit Jahren beste Kontakte nach Tschechien und schaffen es so immer wieder, Bands aus dem Nachbarland zu engagieren.

Jede Menge Impulse

So wie Wunstock bei den Kultnächten mittlerweile als „gesetzt“ gilt, verhält es sich mit vielen anderen Akteuren ebenso. Stefan Frank: „Genau das ist das Schöne an der Kultnacht: Viele Akteure wollen sich beteiligen und bringen so Impulse und eine ungemeine Vielfalt ins Programm.“ Die vielen beteiligten Organisatoren des Bürgerforums gestalten aus all den Angeboten, gewürzt mit den eigenen Ideen, eine Veranstaltung, die in der weiten Region einzigartig ist.

So etwa in einem weiteren, seit einem knappen Jahr, „lost place“, der früheren Commerzbank. Wo früher Finanzgeschäfte Alltag waren, stellt am Samstag Frankenpost-Fotograf Florian Miedl Bilder unter dem Motto „Wunsiedler Momente“ aus. Und Anna Dietz zeigt ihre „Bilder aus der Seele“. Ebenfalls in der ehemaligen Commerzbank wird Katrin Stehle um 21 Uhr mit „Kartoffeln“ ein clowneskes Theater über die menschlichen Megathemen Essen und Liebe zeigen. Nach dem lustigen und nachdenklichen Stück können sich die Besucher eine Bass-Massage mit DJ Medium Daddy Kane gönnen.

Die Offenheit für alle Spielformen der Kunst und Kultur ist wohl eines der Geheimrezepte der Kultnacht. Wie die Erfahrung zeigt, ist es ein Ding der Unmöglichkeit, alle Eindrücke einzusammeln. Wer zum Beispiel im vergangenen Jahr die Fotos der Wunsiedler Wirtshausfenster von Gerhard Hanske verpasst hat, der kann sie im Schaufenster der Losburg bewundern. In der ehemaligen Gaststätte veranstalten Katharina Plank, Markus Krenek und Simon T. Hauser ein Quiz unter dem Motto. „Wunsiedel gewinnt“.

Pikante Einblicke a la Sankt Pauli

Interessante Einblicke gewährt ab 22 Uhr Schauspielerin Christiane Rücker in der Losburg. Sie ist dieses Jahr bei den Luisenburg-Festspielen in den Stücken „Die Schöne und das Biest“ sowie in „Brandner Kaspar 2“ zu sehen. Wer die Filmografie der 78 Jahre alten Schauspielerin betrachtet, dem schwant, dass das von Luisenburg-Pressesprecher Christof Kaldonek geführte Gespräch Pikantes ans Licht bringen wird. So hat Christiane Rücker nicht nur in Serien wie den „Rosenheim-Cops“ oder „Kottan ermittelt“ mitgewirkt, sondern auch in einschlägigen Filmen wie „Zieh dich aus, Puppe“, „Heubodengeflüster“ oder „Der Arzt von Sankt Pauli“.

Jetzt hat es sich ausgefichtelt

Ständig Programm gibt es unter anderem mit dem öffentlichen Klavier auf dem Marktplatz.Im Herzen der Stadt persiflieren übriges mit einer Installation Roland Wolf und Christopher Wölfel die nur wenige hundert Meter im Fichtelgebirgsmuseum in einer Ausstellung präsentierte „Fichtelization“. Alles Fichtel oder was? So in etwa kommt sich mittlerweile so mancher vor, der sich in der Region vom Fichtelbagger bis zu Fichtelrad oder Fichtelwichtel auf Schritt und Tritt mit dem Wort „Fichtel“ konfrontiert sieht. Der programmatische Titel von Wolf und Wölfel lautet daher „#ausgefichtelt“

Das Rathaus bietet sich ebenfalls stets bestens als Kultnacht-Location an. Unter anderem spielen und singen um 19 und 20 Uhr Ulrike Schelter-Baudach und Kerstin Schaller Lieder von Zarah Leander über die Liebe. Zu späterer Stunde, um 21 und 22 Uhr greift hier die Bayreuther Sopranistin Clariz Mora zur Harfe. „Das wird ein einzigartiges Erlebnis“, ist sich Stefan Frank sicher.

Ein Klutnacht-Klassiker ist die Krugelsbach-Führung um 19.45 Uhr. Klaus Brunner führt die Besucher in die Wunsiedler Unterwelt. Die Anmeldefrist für die Führung ist allerdings bereits beendet.

Auch Lehrreiches über Wunsiedel

Weitere Veranstaltungsorte sind das Fichtelgebirgsmuseum, das Museumscafé, Buntmachers Bar, der Luitpoldplatz die Ratsstuben und das Café Luitpold, in dem Philipp Riedel und Jan Weinert Lyrik und Musik zum Thema „Zeitschmelze“ bieten, bevor Wieland Mrusek und Silas Kirchner Dark-Elektro-Pop anstimmen. Helmut Mühlhöfer bietet dazu Berliner Wunsiedler Weiße mit Schuss und Käsestangen.

Wie immer können die Besucher etwas über Wunsiedel lernen. So führt Christine Roth um 20 und 22 Uhr auf den Spuren des Klassizismus und des Mittelalters durch die Stadt. Treffpunkt ist der Luitpoldplatz.

Übrigens: Das Bürgerforum blickt bei der Kultnacht weit über die Grenzen Wunsiedels und der Region hinaus. „Wir freuen uns, dass dank des Awo-Kreisverbandes mit Hadi Hosaini ein Künstler aus Afghanistan im Fichtelgebirgsmuseum ausstellt“, sagt Stefan Frank.

Kaum ist die Kultnacht 23 am Sonntagmorgen Geschichte, werden sich die Organisatoren in einigen Tagen zusammensetzen und die Nacht der Nächte analysieren. „Klar sind wir schon bald wieder gedanklich bei der Kultnacht 24.“ Doch zunächst freuen sich Frank und die übrigen Bürgerforums-Mitglieder auf die Kultnacht 23.

Das detaillierte Programm der Kultnacht gibt es im Internet auf der Homepage des Bürgerforums Wunsiedel und in Flyern, die in der Stadt ausliegen.

Überall freie Eintritte

Dass ein derartiges Programm wie es die Kultnacht bietet, einiges an Geld kostet, dürfte klar sein. Stefan Frank: „Wir zahlen den Künstlern natürlich Honorare, und wie immer sind alle Veranstaltungen für die Besucher kostenlos.“ Die Kultnacht finanziert sich aus Spenden und dem Überschuss aus der Kneipennacht. Spenden sind den Kultnacht-Machern daher immer willkommen, um auch in Zukunft das kulturelle Leben der Stadt bereichern zu können. Die IBAN für das Spendenkonto des Bürgerforums lautet: DE25 7805 0000 0200 2269 59. BIC: BYLADEM1HOF bei der Sparkasse Hochfranken. „Natürlich freuen wir uns auch über jedes neue Mitglied“, so der Vorsitzende des Bürgerforums, Stefan Frank.

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