Hof - Manipulation und Entmündigung: Einstige Vordenker und heutige Macher der vernetzten, digitalen Welt warnen vor den Gefahren ihrer eigenen Schöpfung. Apple-Chef Tim Cook untersagt seinen Nichten und Neffen, dass sie sozialen Netzwerken beitreten. Der frühere, ranghohe Facebook-Mitarbeiter Chamath Palihapitiya bilanziert: "Was wir schufen, zerstört den Zusammenhalt jeder Gesellschaft." Und Jaron Lanier, ein früherer Pionier bei der Entwicklung virtueller Realität, reist im Aussteiger-Rasta-Look rund um den Globus, um mit radikalen Ansätzen vernichtende Kritik zu üben. Seine Forderung: Die Geschäftsmodelle von Facebook, Google und Co. und deren "organisiertes Ausspähen" abschaffen. Ist also ein Slogan wie "Digital first - Bedenken second", wie ihn FDP-Chef Christian Lindner im vergangenen Bundestagswahlkampf auf seine Plakate drucken ließ, einfach nur naiv? Oder bremsen Zukunftspessimisten und Bedenkenträger die Chancen der Digitalisierung - und damit den möglichen gesellschaftlichen Nutzen - aus? Die Wahrheit ist wohl in der Mitte zu finden, insbesondere bei den ethischen und datenschutzrechtlichen Fragen, mit denen sich eine Podiumsdiskussion in der Hochschule Hof auseinander-setzte. Über das Thema "Kampf um die Daten - wer hat künftig die Macht?" sprachen Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft: Professor Valentin Plenk, Leiter des Hofer Instituts für Informationssysteme (Iisys), der Kölner Unternehmensberater Dr. Frank Esselmann, die bayerische SPD-Landesvorsitzende Natascha Kohnen, Ann Cathrin Riedel vom Berliner "Verein für liberale Netzpolitik Load e.V.", der Hofer Wirtschaftsprofessor Andreas Wagener und Johanna Strunz, Mitglied der Geschäftsleitung des Rehauer Unternehmens Lamilux. Initiator der Veranstaltung war das Iisys unter der Federführung von Geschäftsführerin Anne-Christine Habbel. Wo sind nun die Gefahren der Digitalisierung abstrakt - und wo sind sie bereits Teil unserer Lebensrealität? Eine differenzierte Betrachtung zeigt die zwei Dimensionen der derzeitigen, ethisch geführten Debatte. Erstens: autonome, mit Künstlicher Intellizenz (KI) versehene Systeme. Wie wird sich in der Zukunft das selbstfahrende Auto entscheiden, wenn es etwa bei einem Ausweichmanöver die Wahl zu treffen hat: Überfährt es die Mutter mit zwei Kindern oder steuert es sich selbst - und damit auch den Passagier - an die Wand? Zweitens: Was passiert bereits heute mit unseren Daten, die wir im Internet preisgeben? Wer sammelt sie, in welchem Umfang und welcher Qualität - und was tut er damit? Und wie können wir uns gegen kriminellen Missbrauch schützen? Der kürzliche Hacker-Angriff und die Veröffentlichung persönlicher Daten von Politikern und Prominenten im Internet zeigt dieses Gefahrenpotenzial. Von Moderator Matthias Will, Leiter der Wirtschaftsredaktion von Frankenpost und Neue Presse, direkt darauf angesprochen, attestierte Natascha Kohnen der Politik durchaus Versäumnisse: Die Bekämpfung der Cyber-Kriminalität werde noch zu schlecht koordiniert. "Der Vorfall hat uns gezeigt, wie groß die Defizite sind. Man hat das schlichtweg verpennt."