Hohenberg Rolle rückwärts in Hohenberg

Ab Mai 2020 sitzt am Schreibtisch des Hohenberger Bürgermeisters wieder ein Ehrenbeamter. Foto: Florian Miedl

Der Bürgermeister arbeitet ab 2020 wieder ehrenamtlich. Im Stadtrat setzt sich die CSU mit ihrem Antrag durch. Die SPD hätte gerne die Bürger befragt. Der Rest ist Wahlkampf.

 
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Hohenberg - Der nächste Hohenberger Bürgermeister wird kein hauptamtlicher mehr sein. Entsprechend einem Antrag der CSU und Parteifreien soll der Bürgermeister bei der Kommunalwahl 2020 wieder als Ehrenbeamter gewählt werden. Mit einer Stimme Mehrheit entschied die CSU/Parteifreien-Fraktion die Abstimmung in der Sitzung am Montag für ihren Antrag. Mit der gleichen Mehrheit (7:6 Stimmen) war kurz zuvor der Antrag der SPD abgeschmettert worden. Die Sozialdemokraten wollten die Bürger über die Rechtsstellung des Rathauschefs entscheiden lassen.

"Vor sechs Jahren hat der Stadtrat einstimmig für einen hauptamtlichen Bürgermeister gestimmt", sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Wohlrab und fügte in Erwartung des Abstimmungsergebnisses an: "Jetzt fällt die Entscheidung mit nur einer Stimme Mehrheit. Die Basis sollte breiter sein."

Warum dann vor sechs Jahren keiner auf die Idee gekommen sei, die Bürger abstimmen zu lassen, fragte Dr. Gerhard Wilhelm (Parteifrei). "Damals hatte sich der Stadtrat doch auch kompetent genug gefühlt. Jetzt sind wir scheinbar alle Stadtratsdeppen", warf er ein. Er bezweifelte, dass die Bürger genug Informationen hätten, um entscheiden zu können. Wie 2013 sei der Stadtrat noch genauso berechtigt, die Entscheidung zu treffen. Es gehe nicht darum, alles einstimmig abzusegnen. "Welche Mehrheit braucht ihr, um eine Mehrheit anzuerkennen?", wandte sich Wilhelm an die SPD-Fraktion. Eine derart strittige Diskussion in die Bevölkerung zu tragen, werde nur zu Streit führen. "Dann wird es einen zweiten Wahlkampf geben. Das wird unschön, und das will ich nicht", machte Gerhard Wilhelm seinen Standpunkt deutlich.

Doch so lange sollte es gar nicht dauern: Den Wahlkampf eröffnete seine Fraktion noch in der Stadtratssitzung, und Christian Paulus wähnte sich mit der Abstimmung gar schon gewählt. "Ich werde ein Bürgermeister sein, der sich Vollzeit einsetzt", kündigte er an. Fraktionsvorsitzender Peter Fischer schlug zwar in die selbe Kerbe ("Christian Paulus macht den Bürgermeister in Vollzeit für das halbe Geld."), räumte aber auch ein, dass seine Fraktion ohne eigenen Kandidaten die Diskussion wahrscheinlich gar nicht begonnen hätte. Er, Fischer, stehe zu der Entscheidung, die vor sechs Jahren getroffen wurde, da allerdings habe der Stadtrat zwar von der Vorsorgeumlage gewusst, nicht aber von den Pensionszahlungen, die die Stadt für den hauptamtlichen Bürgermeister leisten müsse - immerhin 2200 Euro monatlich. Fischer zufolge kostet ein hauptamtlicher Bürgermeister die Stadt 99 370 Euro im Jahr, ein ehrenamtlicher dagegen rund 47 130 Euro. Die "Errungenschaften", die die SPD dem hauptamtlichen Bürgermeister zuschreibe, wollte der CSU-Fraktionsvorsitzende nicht gelten lassen. "Die Zuwendungen der Staatsregierung haben auch Kommunen mit ehrenamtlichen Bürgermeistern bekommen", sagte Fischer. Auf die Arbeiten auf der Burg habe die Stadt keinen Einfluss, das Yamakawa-Seniorenhaus sei der Spenderin und der Familie Schwedt zu verdanken, die Posten als Stiftungsvorstand und Vorsitzender des Runden Tisches für Tourismus hätten nichts mit Hoffmanns Rechtsstellung zu tun. "Wenn ein hauptamtlicher Bürgermeister in einer 1400-Einwohner-Stadt mit angeschlossener Verwaltungsgemeinschaft 2200 Überstunden hat, dann ist er vielleicht überfordert", sagte Fischer, um anschließend ein Loblied auf den CSU-Kandidaten anzustimmen: Paulus werde wie ein Ehrenamtler bezahlt, rund 3200 Euro im Monat, könne sich aber in Vollzeit einbringen. Zudem habe der Stadtrat die Möglichkeit, ab der nächsten Wahlperiode über eine höhere Aufwandsentschädigung für den Rathauschef zu entscheiden.

Fischer weiter: "Die SPD darf nicht nur das Ehrenamt predigen. Sie sollte es auch leben." Und Ehrenamt müsse doch nicht bedeuten, dass der künftige Bürgermeister nicht Vollzeit arbeite, erklärte Peter Fischer und wandte sich dann direkt an den Amtsinhaber: "Wirst du dich als ehrenamtlicher Bürgermeister genauso einbringen wie bisher?"

Jürgen Hoffmann, der zuvor beim Bauhof der Stadt beschäftigt gewesen war, sagte zu, die Stunden dort dann so weit wie möglich zu reduzieren. "Aber ich werde nicht lügen. Ich kann meinen Job nicht aufgeben, sonst fehlen mir Rentenjahre", machte Hoffmann deutlich. Und er ließ die CSU/Parteifreien-Fraktion wissen, was er von den Bewerbungsreden am Sitzungstisch hielt: "Wahlwerbung gehört nicht in den Stadtrat."

Weiter gab er zu bedenken, dass das Gremium vor sechs Jahren beschlossen hatte, vor einer weiteren Entscheidung über die Rechtsstellung des Bürgermeisters über das Für und Wider zu beraten. "Das ist nicht geschehen", monierte Hoffmann. "Auch war Peter Fischer nie bei mir, um sich zu erkundigen. Ich kann jedem eine Liste meiner Tätigkeiten geben." Er wandte ein, dass im Landkreis viele kleine Gemeinden hauptamtliche Bürgermeister hätten und dass beispielsweise Nagel ab der kommenden Wahlperiode auf einen Hauptamtler setze. "Was sich in den vergangenen Jahren in Hohenberg getan hat, das schieb ich mir nicht allein in die Schuhe", relativierte der Bürgermeister. Er wisse sehr wohl um die Unterstützung des Freistaats und habe das auch immer so kommuniziert. "Ob ein Ehren- oder ein Hauptamtler besser ist, weiß keiner. Das sind Wahlzugeständnisse, die ich hier nicht mache", schloss Hoffmann.

"Ich kann mich erinnern, wie Jürgen Hoffmann mit Blaumann und Anzug zwischen Bauhof und Rathaus hin und her gehetzt ist. Das war kein Zustand", gab Karl Lippert (CSU) zu. "Doch es geht darum, was notwendig ist, und was wir uns leisten können." Mit dem durch einen Ehrenbeamten eingesparten Geld könnten viele Löcher in den Straßen gestopft werden. "Das ist eine einfache Rechnung", sagte Lippert.

Hans-Jürgen Wohlrab wunderte sich über den "plötzlichen Sinneswandel" der CSU-Fraktion. Es gehe allein darum, die erfolgreiche Arbeit für Hohenberg fortzuführen. Die Bürger entscheiden zu lassen, sah er als einen Akt direkter Demokratie an. "Das ist keine Katastrophe, wenn Bürger entscheiden", war er für den SPD-Antrag. Vergebens.

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