Denn gegen die Verfasser, Elisabeth und Herbert Frenzel, erhärtete sich damals der Vorwurf des Antisemitismus; sie hätten, wies die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ihnen nach, in ihrer seit 1953 immer wieder aufgelegten Literaturgeschichte wichtige Autoren wie Kurt Tucholsky, Irmgard Keun oder Oskar Maria Graf nicht behandelt und dadurch geholfen, sie auch nach 1945 erst einmal totzuschweigen. An Keun, zumal an Tucholsky erinnert sich der Literaturfreund zum Glück längst wieder; desgleichen an den alpenvorländlichen Kraftlackl Graf, der heute vor 125 Jahren in Berg am Starnberger See zur Welt kam. Katholik war er, Sozialist und Bayer, das vor allem: Zur Folklore seiner Selbstinszenierung gehörte der Mittelname Maria, den er sich selber zulegte. Zum bedeutendsten Erzähler seiner Heimat im 20. Jahrhundert schrieb er sich empor mit schonungslos realistischen Büchern aus der Weimarer Republik und dem "Dritten Reich", aus der Landeshauptstadt (wie dem "Anton Sittinger"), der Kleinstadt (wie dem "Bolwieser", den Rainer Werner Fassbinder teils in Hof verfilmte) und aus der Bauernwelt wie seinem Hauptwerk "Das Leben meiner Mutter" - harte Geschichten von Daseinskämpfen ohne Volkstümelei. Gleich 1933 floh Graf vor den Nazis, mit der gellenden Forderung "Verbrennt mich!" (womit er, versteht sich, seine Bücher meinte). Totschweigen, etwa von den Frenzels, ließ sich so einer nicht. Noch im US-Exil war er als krachlederner Krakeeler berüchtigt. Erstaunlich, dass er als Rezitator lyrischer Gedichte eine unvergleichliche Ausdrucksfülle entfaltet haben soll.