In Berlin wollen die Bauern erneut auf ihre Anliegen aufmerksam machen. "Es kann nicht sein, dass Gesetze über unsere Köpfe hinweg beschlossen werden. Wir wollen mit einbezogen werden", sagt Neuperth. Mittlerweile empfänden immer mehr Landwirte, dass sie nicht wertgeschätzt werden. "Bei uns kommt es so an, als ob der Gesetzgeber und viele Bürger denken, dass wir alles falsch machen. Dabei hat jeder von uns eine staatliche Ausbildung."
Unter anderem stört viele Bauern das neue Artenschutzgesetz, auf das sich die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und die Umweltministerin Svenja Schulze geeinigt haben. Auch die zahlreichen Auflagen, die Landwirte erfüllen müssen, seien ein Problem. "Wenn wir ein Silo oder einen Güllebehälter bauen, müssen wir höhere Auflagen erfüllen als beim Bau einer Kläranlage. Das können wir nicht nachvollziehen." Die Landwirte aus ganz Deutschland fordern nun Verhandlungsgespräche mit der Landwirtschafts- und der Umweltministerin. Auch verlangen sie Gespräche mit den führenden Köpfen von Umwelt- oder andere Verbänden, die die landwirtschaftliche Arbeit beeinflussen.
Die Existenz vieler Betriebe könnte auch das Mercosur-Abkommen bedrohen, das die Europäische Union mit den südamerikanischen Staaten geschlossen hat, sodass eine Art gemeinsamer Binnenmarkt entsteht. Was auf den ersten Blick positiv klingt, bedeutet nach den Worten Christian Neuperths, dass die Europäer noch mehr Lebensmittel aus Südamerika beziehen. "Und mit den Produktionsbediungungen kann die heimische Landwirtschaft natürlich nicht mithalten."
Auch die Bürokratie belastet die Landwirte immer mehr. Wie Christian Neuperth sagt, müssen er und seine Berufskollegen sich nach der Arbeit meist am Abend noch zwei bis drei Stunden hinsetzen, um alles zu dokumentieren. "Dass das den Nachwuchs abschreckt, ist verständlich."
All diese Probleme führen dazu, dass viele Landwirte kaum noch über einen längeren Zeitraum hinaus planen können. "Hier geht es um Investitionen. Wenn ich heute einen neuen Stall bauen oder eine Anlage kaufen muss, weiß ich nicht, ob sich die Auflagen und Bedingungen in fünf Jahren nicht wieder komplett ändern werden - also noch lange, bevor sich die Investition amortisiert hat", sagt Neuperth.
Die Aktion in Berlin ist ebenso wenig mit dem Bauernverband abgestimmt wie die kürzlich in Bayreuth. Mittlerweile schließen sich immer mehr Landwirte über Soziale Medien zusammen und nehmen ihre Anliegen selbst in die Hand. Unter anderem haben sie daher den Zusammenschluss "Land schafft Verbindung" gegründet. Dies sei eine Antwort auf kommende, ideologisch anmutende Gesetzespakete, wegen denen viele Landwirte sorgenvoll in die Zukunft blickten.
Manch ein Bauer aus dem Landkreis Wunsiedel wird die Gelegenheit nutzen, am Dienstag nächster Woche selbst mit dem Traktor nach Berlin zu fahren. Für die mehr als 300 Kilometer planen sie locker sechs Stunden Fahrt ein. Die bundesweit angesetzte Sternfahrt von Bauern aus ganz Deutschland endet um die Mittagszeit am Brandenburger Tor mit einer voraussichtlich riesigen Kundgebung.