Selb Hochzeit über Grenzen

Der Schönwalder Bürgermeister Klaus Jaschke (links) und sein Kollege Michael Abraham aus Rehau (rechts) unterzeichnen die Kooperations-Vereinbarung der beiden Städte. Amtsleiter Jürgen Meyer aus Schönwald (stehend links) und der Rehauer Ordnungsamtsleiter Frank Rameckers schauen ihren Chefs bei der Unterzeichnung über die Schulter. Foto: Gödde Quelle: Unbekannt

Die Stadt Rehau verwaltet künftig das Standesamt Schönwald. Die Beteiligten versprechen sich davon Vorteile. Die Verwaltung in Schönwald muss sich verschlanken.

 
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Rehau/Schönwald - 9,3 Kilometer oder acht Minuten mit dem Auto sind es von Rathaus zu Rathaus: Die beiden Stadtverwaltungen Rehau und Schönwald kooperieren künftig noch ein bisschen enger. Rehau verwaltet vom 1. Januar an das Schönwalder Standesamt. Wer also in Schönwald lebt und im nächsten Jahr heiraten oder aus der Kirche austreten möchte, muss von Schönwald aus über die Landkreisgrenze nach Rehau fahren, um hier die entsprechenden Dokumente zu unterschreiben. Alle anderen Verwaltungsangelegenheiten mit dem Standesamt sollen telefonisch zu regeln sein.

Kontakt

Das Standesamt der Stadt Rehau ist unter den Telefonnummern 09283/2040, -2041 und -2042 zu erreichen. Ansprechpartner sind Frank Rameckers, Katrin Jähne und Sabine Voit. Die Postadresse lautet: Stadt Rehau, Martin-Luther-Straße 1, 95111 Rehau.

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www.stadt-rehau.de


Genau diese Grenze, die niemand wahrnimmt, der sie überschreitet, soll auch auf administrativer Ebene aus den Köpfen, wenn es nach den beiden Bürgermeistern Klaus Jaschke (Schönwald) und seinem Rehauer Kollegen Michael Abraham geht. Zwar war der Weg zur Genehmigung dieser Lösung recht aufwendig, weil neben zwei Stadträten auch zwei Landratsämter ihren Daumen nach oben recken mussten. Doch beide Seiten versprechen sich von diesem Schritt das, was landläufig als "Synergieeffekt" bezeichnet wird. Und die Außenwirkung, die ein solcher grenzüberschreitender Schritt hat, nehmen die Verantwortlichen gerne mit.

Alles fing vor einigen Monaten mit einer Anfrage aus Schönwald an, die Michael Abraham in Rehau auf den Tisch flatterte. Ob Rehau sich vorstellen könne, die Verwaltung des Schönwalder Standesamtes zu übernehmen. Zuvor war jenes passiert: "Wir hatten ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben", sagt Klaus Jaschke. Und das kam zu dem Ergebnis, dass sich die Schönwalder Stadtverwaltung umstrukturieren, ja verschlanken müsse. Zu hohe Kosten und der grassierende Fachkräftemangel sind zwei Aspekte, die diesen Schritt nahelegten. Neben dem Standesamt steht auch die Bauverwaltung in Schönwald vor einer gravierenden Veränderung, wie Amtsleiter Jürgen Meyer erklärt.

Auch wenn die Geburtenzahlen langsam wieder anziehen: Durch die demografische Entwicklung sind im Rehauer Ordnungsamt, dem das Standesamt unterstellt ist, Kapazitäten frei geworden. Die nutzt das Rathaus nun, um den Schönwalder Kollegen Arbeit abzunehmen. Der Aufwand für das Rehauer Amt unter Leiter Frank Rameckers dürfte sich allerdings in überschaubaren Grenzen halten. 20 Sterbefälle und 15 Eheschließungen kommen jährlich zusammen. Hinzu kommen fünf bis zehn Kirchenaustritte, deren Zahl laut Frank Rameckers aber stark variiert: Kommt über eine der beiden großen Kirchen etwas Öffentlichkeitswirksames ans Licht, steigt die Zahl der Kirchenaustritte auch mal sprunghaft an - um im Jahr darauf wieder abzuebben. Grundsätzlich wären auch Geburten Sache des Standesamts, doch weil es in Schönwald kein Krankenhaus gibt, beschränkt sich das auf ein bis zwei Hausgeburten pro Dekade.

Die Entscheidung für die Kooperation gilt bis auf Widerruf, also zunächst unbefristet. Die Beschlüsse fielen in Rehau und Schönwald übrigens einstimmig, wie Abraham und Jaschke betonen. In einer solch sensiblen Angelegenheit ist übrigens eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig, nicht nur die einfache Mehrheit. Frank Rameckers erklärt das damit, dass eine Entscheidung dieser Tragweite nicht durch die politischen Verhältnisse entschieden, sondern auch fraktionsübergreifend getragen werden sollen.

Die Zusammenarbeit der beiden Rathäuser ist die kleine Lösung. Das Schönwalder Standesamt bleibt nominell bestehen, nur die Verwaltung übernimmt Rehau. In der größeren Lösung, die hingegen unkomplizierter zu vollführen gewesen wäre, hätte Rehau das Schönwalder Standesamt quasi geschluckt; es hätte anschließend nicht mehr existiert. So aber behält Schönwald ein Stück seiner Identität. Trauungen wird im Regelfall weiterhin Bürgermeister Klaus Jaschke in Schönwald vornehmen.

Übrigens hat sich Schönwald auch an die Stadt Selb gewandt, die einerseits etwas näher ist und auch im gleichen Landkreis liegt, entschieden hat man sich aber letztlich für eine Zusammenarbeit mit Rehau. "Die Gespräche mit Rehau und Selb waren beide sehr positiv", sagt Klaus Jaschke. Den Ausschlag für Rehau habe schließlich gegeben, dass beide Städte bereits innerhalb des Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzeptes (ILE) Dreiländereck miteinander kooperieren und beide Seiten hier gute Erfahrungen gemacht haben. Gründe, die gegen Selb sprechen, habe es laut Jaschke "grundsätzlich nicht" gegeben.

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