Demenz Studie: Medikament könnte Alzheimer verlangsamen

Bettina Hartmann

Laut Studien eines US-Pharmakonzerns kann ein Antikörper das Fortschreiten von Alzheimer verlangsamen. Ist nun der Durchbruch in der Demenz-Forschung gelungen?

 
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Demenz führt zu Vergessen. Inzwischen gibt es vielversprechende Medikamente. Eine Heilung ist aber weiter nicht möglich. Foto: dpa/Sven Hoppe

Der US-Pharmahersteller Eli Lilly hat eine Studie mit 1700 Teilnehmern zu seinem Alzheimer-Antikörper Donanemab veröffentlicht. Demnach verlangsamte die Therapie die Verschlechterung der Erkrankung. Noch in diesem Quartal will das Unternehmen die Zulassung für Donanemab bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen. Experten sprechen von einem „wirklichen Fortschritt“, warnen aber auch vor Nebenwirkungen – und geben zu bedenken, dass es sich (noch) nicht um ein Heilmittel handelt.

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Laut Experten der richtige Ansatz

„In meinen Augen ist das der erste überragende Behandlungserfolg der Alzheimer-Erkrankung mit einem Antikörper“, sagt Hans-Ulrich Demuth vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig. Die Teilnehmer, die mit dem Mittel behandelt wurden, zeigten eine 40 Prozent geringere Abnahme bei der Fähigkeit, nach 18 Monaten Behandlungszeit Alltagsaufgaben zu erfüllen, so Demuth weiter. „Sie hatten zudem ein 39 Prozent geringeres Risiko, zum nächsten Stadium der Krankheit fortzuschreiten, verglichen mit den Placebo-Empfängern.“

Christian Haass vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen in München fügte hinzu: „Donanemab ist nun der zweite anti-Aß-Antikörper, der ganz klar den Gedächtnisverlust verlangsamt.“ Es sei mit Blick auf die Nebenwirkungen und eine bessere Wirksamkeit „noch vieles zu verbessern“. Aber die Reduzierung von Amyloid „ist damit sicherlich der richtige Ansatz, um die Krankheit zumindest zu verlangsamen. Und eines sollte jetzt nun auch endlich mal klar sein, die Amyloid-Hypothese ist keine Hypothese mehr, sondern ein Fakt!“

Zulassung von Lecanemab in Europa beantragt

Der Antikörper Donanemab erkennt eine Form des Peptids Amyloid-ß (Aß), das bei Alzheimer-Erkrankten im Gehirn in Amyloid-Plaques angehäuft ist. Solche Ablagerungen von Eiweißen sind charakteristisch für Alzheimer, die häufigste Form von Demenz – und zwar schon Jahre bevor erste Symptome auftreten. Donanemab zielt darauf ab, diese Plaques im Gehirn zu entfernen, statt nur die Ablagerung neuer oder das Wachstum bestehender Plaques zu verhindern.

Das Medikament Lequembi, das seit Januar 2023 in den USA zugelassen ist, hat einen ähnlichen Ansatz. Es wurde vom US-Unternehmen Biogen und dem japanischen Pharmaunternehmen Eisai entwickelt und enthält den Antikörper Lecanemab, der an die löslichen Amyloid-ß-Moleküle bindet und damit die Entstehung der Plaques verhindert – allerdings nur, wenn es in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung zum Einsatz kommt. Auch in Europa ist die Zulassung von Lecanemab beantragt.

Kritik: Kein Heilmittel und Nebenwirkungen

Die Studienergebnisse zu Donanemab seien ein „wirklicher Fortschritt für die Patienten“, sagt auch Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln. Grundsätzlich sei die Wirkung von Donanemab und Lecanemab vergleichbar.

An beiden Medikamenten gibt es allerdings wegen starker Nebenwirkungen wie Hirnblutungen auch Kritik. Zudem sei auch Donanemab „leider kein Gamechanger für die Betroffenen“, sagt Linda Thienpont, wissenschaftliche Leiterin bei der Alzheimer Forschung Initiative. „Es kann die Alzheimer-Krankheit weder heilen noch stoppen.“

Positive Effekte seien teuer erkauft: „Die Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Hirnblutungen waren bei Donanemab stärker als bei Lecanemab, und es sind sogar zwei Menschen daran gestorben, möglicherweise sogar ein dritter.“ Dennoch spricht Thienpont davon, dass es sich mit der Entwicklung des Medikaments möglicherweise um einen „nächsten Schritt in die richtige Richtung“ handelt.

1,8 Millionen Alzheimer-Erkrankte in Deutschland

Laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft leben in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, die meisten von ihnen haben Alzheimer. Es kommt dabei zu einem Absterben von Nervenzellen im Gehirn, was zu Vergesslichkeit, Verwirrtheit, Veränderungen der Persönlichkeit, Sprachstörungen und Orientierungslosigkeit führt. Da die Krankheit fortschreitet, fällt es Betroffenen immer schwerer, den Alltag zu bewältigen. Sie werden zunehmend abhängig von der Unterstützung anderer.

In Deutschland sind derzeit vier Wirkstoffe zugelassen. Donepezil (unter anderem unter dem Handelsnamen Aricept erhältlich), Rivastigmin (etwa als Exelon) sowie Galantamin (etwa als Reminyl) gehören zur Gruppe der Acetylcholinesterase-Hemmer und sind für die Behandlung der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Krankheit vorgesehen. Memantine (etwa als Axura und Ebixa im Handel) ist ein so genannter Glutamat-Rezeptorantagonist und wird bei mittelschweren und schweren Formen der Krankheit eingesetzt.