In Würzburg waren am Morgen des 25. April 852 jüdische Menschen aus der Stadt und den umliegenden Orten, Männer, Frauen und Kinder, zusammengetrieben worden. Die Menschen hatten sich bei der „Evakuierungsstelle“ am Platz’schen Garten einzufinden.
Durch SS und Polizei waren sie zum Güterbahnhof Aumühle kommandiert und vor dem Einstieg in den Zug nach versteckten Wertgegenständen, Waffen, Devisen, Geld, Schmuck durchsucht worden. Nachdem in Bamberg die dort zusammengezwungenen Menschen in den Zug aus Würzburg getrieben worden waren, waren die Waggons, für je 35 Personen vorgesehen, mit 50 Personen überbelegt. Vier Tage dauerte die Fahrt, über Lichtenfels, Saalfeld, Schlesien, das polnische Lublin und von dort nach Krasnystaw. Die Abteile blieben die ganze Fahrzeit geschlossen. Nach der Ankunft am Morgen des 28. April mussten die entkräfteten Menschen mit ihrem Gepäck 16 Kilometer Fuß weiter, in das Transitghetto Kraśniczyn, wo unsäglichen Bedingungen herrschten.
Zu dem Zynismus der Gewalttäter gehört, dass die Reichsbahn der SS, die den Zug gemietet hatte, den normalen Fahrpreis von 4 Pfennig pro Person und Kilometer verrechnete. Die Gestapo holte sich das Geld von den Deportierten wieder, die für die Fahrt in den Tod auch noch 60 RM zu bezahlen hatten. Am 6. Juni 1942 wurden sie ins Vernichtungslager Sobibór verfrachtet und vermutlich Anfang Juni 1942 in den Gaskammern ermordet. Keiner der 955 überlebte.
In einem weiteren Transport am 9. und 10. September 1942 wurden die letzten zwölf Juden aus Oberfranken verschleppt. Es waren im Ersten Weltkrieg schwer Kriegsbeschädigte oder Dekorierte. Sie hatten sich auf Anordnung der Gestapo an der „Fäkalienverladestation“ der Stadt Nürnberg einzufinden und wurden mit einigen Hunderte weiteren Opfern aus Franken mit dem Sonderzug „Da 512“ in das vorgebliche „Altersghetto“ Theresienstadt nördlich von Prag gebracht.
Städteübergreifendes Projekt
Um an die 64 oberfränkische Opfer der Deportationen des Jahres 1942 zu erinnern, hat eine fachkundige Gruppe von Engagierten in Kooperation mit dem Stadtarchiv Lichtenfels Christine Wittenbauer, Manfred Brösamle-Lambrecht), der Stadt Coburg (Gaby Schuller, Hubertus Habel) und der Stadt Kulmbach (Wolfgang Schoberth) eine Ausstellung mit großformatigen Rollups erarbeitet. Sie wird zunächst im Stadtarchiv Kulmbach und in der Synagoge Lichtenfels gezeigt. Neben allgemeinen Aspekten wie der Verschärfung der Verfolgung, dem von SS und Gestapo gesteuerten Täter-Netzwerk und der Durchführung der Deportationen werden vor allem auch die Biografien der örtlichen Opfer dokumentiert. Ergänzt wird die Ausstellung durch die Lebensgeschichten weiterer Verfolgter und schließlich Ermordeter: das Schicksal des Kulmbacher Schuhhändler-Ehepaar Max und Emma Michaelis. Max kommt 1942 in Theresienstadt um, Emma wird 1944 in Auschwitz ermordet.
Ein weiteres Opfer des Holocaust ist der Kulmbacher Viehhändler Karl Strauß. Man unterstellt ihm ein „Verhältnis“ zu seiner verheirateten Wohnungsvermieterin und verurteilt ihn wegen „Rassevergehens“ zu acht Jahren Zuchthaus. Nach Jahren der Haft wird er 1942 Auschwitz ermordet.
Ausstellungseröffnung
Die Ausstellung im Foyer des Kulmbacher Stadtarchivs wird am kommenden Donnerstag um 10 Uhr vom Kulmbacher Oberbürgermeister Ingo Lehmann eröffnet. Bis zum 13. Mai kann die Ausstellung von Montag bis Freitag 9 -17 Uhr besucht werden. Danach steht sie den Kulmbacher Schulen zur Verfügung. Ergänzend zur Ausstellung zeigt das Stadtarchiv lokale Veröffentlichungen zum Thema Nationalsozialismus.