Elektromobilität 7500 Kilometer mit dem E-Bike

von Steve Przybilla
Florian Heiberger mitten in der Natur – seine elektrische Eva Esse Esse 9 hat eine Reichweite von etwa 150 Kilometer Foto: Florian Heiberger

Viele Menschen hadern mit der Reichweite von E-Autos. Wie ist es dann erst mit einem Motorrad? Der Nürnberger Florian Heiberger hat die ganz große Route gewagt. Im Interview erzählt er, wie es geklappt hat.

 
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Deutschland, Skandinavien, Baltikum: 7500 Kilometer ist der Nürnberger Kommunikationsdesigner Florian Heiberger mit seinem Elektromotorrad gefahren – in vier Wochen. Im Interview erzählt der 53-jährige von Highlights, Herausforderungen und warum er sich auf Ladepausen freute.

Herr Heiberger, viele fürchten sich, dass ihnen mit dem Elektroauto der Strom ausgeht. Warum per E-Motorrad durch Skandinavien?

Ich fahre einfach gerne Motorrad. In den 1980er Jahren bin ich sogar Zweitakt-Rennen mit Vespas gefahren – ich weiß also durchaus, was ein Benzinmotor ist. Vor drei Jahren habe ich wieder angefangen, diesmal mit einer elektrischen „Energica“, und ich wollte mir schon immer Helsinki anschauen. Ich besitze kein Auto, fahre viel Fahrrad und nutze den ÖPNV. Warum sollte ich mir da noch mal einen Verbrenner anschaffen?

Wie weit kommt denn ein elektrisches Motorrad?

Mein Modell, eine Eva Esse Esse 9, hat eine Reichweite von etwa 150 Kilometern. Wenn ich zu Hause bin, lade ich sie über die normale Schuko-Steckdose auf. Sie hat aber auch einen TYP2- und CCS-Anschluss, kann also Schnellladesäulen nutzen. Mit einem Benzin-Motorrad kommst du schneller voran, aber das kann auch gefährlich werden: Schnell tanken und direkt weiter – da wird man unvorsichtig. Ich hingegen habe mich auf die Ladepausen immer richtig gefreut.

Was war so toll daran?

Wenn du eine Stunde Zeit hast, kannst du etwas Vernünftiges essen –zum Beispiel einen Rentier-Burger. Außerdem habe ich wahnsinnig viele nette Menschen getroffen, mit denen ich mich unterhalten konnte. Die meisten waren wirklich interessiert an der Elektromobilität. In Finnland haben sich mir zwei Typen genähert, richtige Schränke, und ich dachte schon, das gibt Ärger. Aber nein! Die wollten nur Fotos machen. Diese kindliche Begeisterung habe ich auch in Norwegen erlebt – ganz anders als bei uns.

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Ich habe meine Route vorab genau geplant – mit der Wander-App Locus Map. Die ist für diesen Zweck eigentlich gar nicht gedacht, hat sich aber als sehr nützlich erwiesen. Auch die Ladepausen habe ich vorab genau geplant. In Lappland hatte ich Distanzen von 120 Kilometern am Stück. Da war es schon wichtig, dass ich am Ziel dann wirklich laden kann. Was aber auch immer geklappt hat.

Also keine Reichweitenangst?

Gerade in Norwegen muss man sich keine Sorgen machen: Das ist das Land mit der weltweit besten Ladeinfrastruktur. Selbst ganz oben in Lappland gibt es ausreichend Ladestationen. Oft sind das richtige Tankstellen mit 24 Schnell-Ladeplätzen. Weitaus besser als in meiner Heimatstadt Nürnberg. Hier kann man sich schon freuen, wenn von drei Anschlüssen zwei funktionieren.

Wie viele Ladekarten und Apps haben Sie gebraucht?

Ich habe nur drei Ladekarten mitgenommen, von EnBW, Maingau und Shell. In Lettland haben die mir nichts mehr gebracht, da musste ich eine lokale App installieren. Am Ende hatte ich insgesamt 24 Apps auf dem Handy. Das hat super funktioniert, auch wenn ich in Lettland die Sprache der App nicht verstanden habe. Aber kein Problem: Ein Tesla-Fahrer hat spontan übersetzt.

Wie klappte es mit dem Gepäck?

In vielen Hotels und sogar auf Campingplätzen gab es Waschmaschinen, die ich nutzen konnte. In Trondheim und Bergen bin ich in den Waschsalon gegangen. Mit meiner Frau unternehme ich regelmäßig Trekkingtouren, deshalb bin ich es gewohnt, leicht zu packen. Ich hatte sogar noch Platz für meinen Laptop. So konnte ich von unterwegs arbeiten, zum Beispiel von einer Holzhütte aus.

Wie viel haben Sie für Strom bezahlt?

Für die 7500 Kilometer lange Strecke habe ich insgesamt 280 Euro ausgegeben. Das finde ich echt in Ordnung.

Tipps für Nachahmer?

Plant eure Stopps nicht zu knapp, aber macht euch auch keine allzu großen Sorgen. Passt auf beim Fahren! Ich musste insgesamt viermal einem Rentier ausweichen, das über die Straße gelaufen ist. Falls ihr am Straßenrand campt, fragt vorher bei den Leuten vor Ort nach, ob es erlaubt ist und ob man sich vor Wölfen und Bären in Acht nehmen sollte. Die will man wirklich nicht treffen.

Zur Person

Nürnberg
 Florian Heiberger arbeitet als freiberuflicher Kommunikationsdesigner in Nürnberg. Bereits in den 1980er Jahren machte der heute 53-Jährige seine ersten Motorrad-Erfahrungen und fuhr sogar Vespa-Rennen. Nach dem tödlichen Motorradunfall eines Freundes pausierte er lange Zeit. Im Jahr 2020 hat er sein Hobby wieder angefangen. Seitdem ist er elektrisch unterwegs.

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