Enttäuschung im Fichtelgebirge Die Erdbeerfelder fehlen

Erdbären statt Erdbeeren: Augenzwinkernd macht der Arzberger Dietmar Bauer mit einem ähnlichen Bild auf das Aus fürs Selbstpflücken aufmerksam. Auf Facebook äußern daraufhin viele Fichtelgebirgler ihr Bedauern. Das hier abgedruckte Foto zeigt die Felder in Brand bei Marktredwitz, auf denen bisher jedes Jahr Erdbeeren geerntet werden konnten. Foto: /Bri Gsch; Montage: Repro Frankenpost

„Strawberry fields forever?“ Von wegen! Im Landkreis Wunsiedel gibt es keine Möglichkeit zum Selbstpflücken mehr. Die beliebten Erdbeerfelder bei Brand und Vordorf sind stillgelegt. Was nun?

 
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Gelierzucker, Gläser und Körbe stehen bereit – jetzt beginnt die Saison für alle, die Marmelade einkochen. Naturgemäß geht es mit den Erdbeeren los. Doch in diesem Jahr haben Selbstpflücker im Landkreis Wunsiedel schlechte Karten: Weder auf den bekannten Feldern in Brand bei Marktredwitz noch in Vordorf oder in Schwarzenreuth bei Ebnath wachsen rote Früchte. Die Familie Frohmader hat nach 38 Jahren aus Altersgründen das Geschäft mit der schnell verderblichen Ware aufgegeben. Nachfolger gibt es bisher keine.

„Teddybären schmecken nicht“

Die Enttäuschung im Fichtelgebirge ist sehr groß, weiß der Arzberger Dietmar Bauer, der auf Facebook über einem Foto mit Teddybären auf einem Feld titelte: „Alternative für den Landkreis Wunsiedel: Wenigstens noch ein Erdbärfeld.“ Auf Bauers Post gab es fast 400 Reaktionen, darunter etliche Kommentare, zum Beispiel: „Frohmader fehlt total!“ oder „Schaut schön aus, aber eins mit Erdbären wäre mir lieber.“ „Die Teddybären sind zwar niedlich – schmecken aber nicht so gut!“

Verlust für Tagesstätte

Auch Dietmar Bauer selbst findet es schade, dass die Erdbeerfelder fehlen. Der Erzieher arbeitet in Marktredwitz in einer heilpädagogischen Tagesstätte, die zum Kinder- und Jugendhilfezentrum Sankt Josef in Wunsiedel gehört. Oft sind seine Kollegen und er in den vergangenen Jahren mit den Tagesstätten-Kindern aufs Erdbeerfeld gefahren. „Das hat allen Freude gemacht“, erzählt der Erzieher.

Bis nach Erbendorf?

Das Pflücken und Verarbeiten von Früchten sei eine sehr sinnvolle und gute pädagogische Maßnahme. Die Mädchen und Jungen konnten selbst erleben, was aus ihrer Ernte wurde: Gemeinsam kochten alle Marmelade ein und buken Erdbeerkuchen. „Das Resultat war sehr positiv“, sagt Bauer, der nach Alternativen gesucht hat. Aber die verbleibenden Felder seien zu weit weg. „Mit den Kindern bis nach Erbendorf zu fahren, ist zu teuer. Das gibt unser Budget nicht her“, bedauert der Erzieher. Außerdem sei es zeitlich schwierig unterzubringen, wenn die Anfahrt lange dauere.

Riesen-Resonanz

Spontan postete Bauer daher das Erdbär-Foto auf Facebook als Kommentar zur aktuellen Situation – ohne mit einer derartigen Resonanz zu rechnen. „Die vielen Reaktionen zeigen, wie dieses Problem die Leute beschäftigt.“

Zehn Kilo? Aber locker!

Stimmt, sagt Tina Kestler aus Lorenzreuth. Auch sie findet es „echt bedauerlich“, dass es im Landkreis Wunsiedel keine Möglichkeit zum Selbstpflücken mehr gibt. Die Mutter ist mit ihren drei Kindern oft mit den Fahrrad zum Erdbeerfeld nach Brand gefahren. Das Ernten mache Spaß – da gehe es nicht nur ums Geld.

Zehn Kilo Erdbeeren in vielerlei Varianten kommen bei Familie Kestler jedes Jahr locker auf den Tisch – in Form von Kuchen, Torten, Erdbeerlimes, Bowle und jede Menge Marmelade. Mindestens einmal pro Woche waren die Lorenzreuther während der Saison auf dem Erdbeerfeld zu finden. Auch mit ihren Kindergartenkindern aus dem Guten Hirten unternahmen die Erzieherin und ihre Kolleginnen Ausflüge nach Brand und früher zum Marktredwitzer Berghof, um die roten Früchte zu ernten. Doch inzwischen gebe es nicht einmal mehr in Mitterteich ein Feld, bedauert die Lorenzreutherin.

„Geht nicht nur ums Geld“

Und jetzt? „Ich habe heuer tatsächlich das erste Mal Erdbeeren gekauft, aber die waren definitiv nicht regional“, sagt Kestler. Wer zumindest Früchte aus dem Fichtelgebirge kaufen will, findet welche in Puruckers Hofladen in Leupoldsdorf. Sie werden auch in einigen Edeka-Märkten im Landkreis Wunsiedel angeboten.

Back to the roots

„Erdbeeren selbst auf dem Feld zu pflücken, gehört doch einfach zum Kindsein dazu“, findet Kestler. Schon als sie drei Jahre alt war, nahmen ihre Eltern sie mit aufs Erdbeerfeld nach Erbendorf. „Wir fahren nach Erdbeerdorf“ sagte sie damals begeistert zu ihren Eltern. Und jetzt? Ist Tina Kester 40 Jahre älter und wird wohl wieder in ihr „Erdbeerdorf“ nach Erbendorf fahren müssen, wenn sie selbst ernten will.

Hier ist aktuell geöffnet
Auch in den Nachbarlandkreisen gibt es weniger Gelegenheiten zum Selbstpflücken als bisher. Aktuell geöffnet sind folgende Erdbeerfelder:
  • Erbendorf
    Erdbeer Bösl, täglich 8.30 bis 17 Uhr; rund 26 Kilometer von Marktredwitz entfernt.
  • Rehau, Ortsteil Kühschwitz:
    Bauer Reinhart: täglich von 8.30 bis 19 Uhr; rund 17 Kilometer von Selb entfernt.

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