Erfolgreicher Start Stolz auf einen „ganz normalen“ Job

Pascal Oswald bei der Arbeit. Mit im Bild von links: Geschäftsführer Hans-Georg Müller, Inklusionsfachkraft Malte Schwarzer, Dekan Friedrich Hohenberger und Bezirkstagspräsident Henry Schramm. Foto: privat

Das Projekt Arbeit 4.0 der Gummi-Stiftung verhilft Menschen mit Behinderung, in regulären Anstellungen Fuß zu fassen. Für die Betroffenen ist das ein wichtiger Schritt.

 
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Passgenaue Jobs als Alternative zur Beschäftigung in einer klassischen, integrativen Werkstatt für Menschen mit Behinderung: Das ist das Ziel des Projekts „Arbeit 4.0 all inclusive“ der Diakonie Kulmbach und der Jugendwerkstatt der Geschwister-Gummi-Stiftung. Mehr Begleitung, mehr Wahlfreiheit, mehr Perspektiven sind der Kern des Projekts.

Pascal lädt gerade die letzten Wäschewagen am Seniorenheim in den Lieferwagen. Er kontrolliert die Ladung und setzt sich zu seinem Kollegen. Es ist 7 Uhr morgens. Ja, er hat eine Behinderung und einen „ganz normalen“ Job. Er ist Wäschefahrer in Kulmbach.

Pascal Ostwald ist einer von derzeit fünf Frauen und Männern verschiedenen Alters, die im Projekt Arbeit 4.0 all inclusive einen Arbeitsplatz außerhalb der Werkstätten für Menschen mit Behinderung gefunden haben. Sie arbeiten in den Betrieben und Werkstätten des Diakonie Verbunds Kulmbach oder haben betriebsintegrierte Arbeitsplätze in Wirtschaftsbetrieben inne.

Den Start dieses neuen Angebots hat kürzlich auch Bezirkstagspräsident Henry Schramm begleitet. Bei einem Besuch in der Jugendwerkstatt der Geschwister-Gummi-Stiftung, die das Projekt in Kooperation mit den „Angeboten für Menschen mit Behinderung“ der Diakonie Kulmbach durchführt, äußerte er seine Begeisterung hierfür: „Hier wird Menschen eine echte Perspektive für ihre Zukunft gegeben. Ich hoffe, dass das bald noch mehr Menschen ermöglicht werden kann.“

Denn Arbeit 4.0 steht für Teilhabe, Möglichkeiten, Entwicklung und Zukunft. Die Fachkräfte um Inklusionsfachkraft Malte Schwarzer und Katrin Kirschner-Roth vom Sozialdienst unterstützen Menschen mit Behinderung bei der Suche nach einer passenden, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Region. Dazu stellen sie die individuellen Fähigkeiten und Stärken der Frauen und Männer heraus, gehen auf ihre eigenen Beschäftigungswünsche ein und vermitteln zunächst Praktikumsstellen. In vielen Fällen kommt es zu einem Arbeitsvertrag: Aktuell sind so etwa auch Menschen im Projekt Arbeit 4.0 in der Hauswirtschaft oder der Haustechnik verschiedener Betriebe tätig. Die Begleitung an den Einsatzstellen durch die Fachkräfte beugt Krisen vor. Selbstbewusstsein und Stärke gibt das Projekt Arbeit 4.0 all inclusive.

Das spürt auch Henry Schramm. Im Gespräch mit Pascal Ostwald erfährt er von dessen Aufgaben, die Präzision und Verlässlichkeit erfordern. „Ich mag es, wenn ich feste Aufgaben habe,“ verrät der 24-Jährige aus Kulmbach. „Den Job gebe ich nicht mehr her!“

Zuvor hat er in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und später einem Supermarkt gearbeitet. Die Aufgaben haben ihn aber nicht genug gefordert. Er führt sein Leben weitestgehend selbstständig, wird durch die Diakonie Kulmbach in seiner eigenen Wohnung begleitet und fährt jeden Tag um 5 Uhr morgens mit dem Fahrrad zur Jugendwerkstatt. Zur Arbeit. Zur „ganz normalen“ Arbeit.

„Arbeit 4.0 all inclusive soll vor allem auch zeigen, dass eine Behinderung nicht standardisierbar ist“, erklärt Inklusionsfachkraft Malte Schwarzer. „Auch Menschen mit Behinderung haben ganz viele Fähigkeiten, die für Stellen auf dem Arbeitsmarkt sehr nützlich sind. Und es nicht zwangsläufig so, dass die Menschen besonders viel Zeit oder Fürsorge brauchen.“

Die Nachfrage an einem solchen Angebot als sogenannter „Anderer Leistungsanbieter“ ist groß: Seit vielen Jahren erhält die Diakonie Kulmbach Anfragen von Menschen mit Behinderung, ihren Angehörigen oder gesetzlichen Betreuern nach geeigneten Arbeitsplätzen in Firmen der regionalen Wirtschaft, in der Diakonie oder der Jugendwerkstatt.

Diese nun bedienen zu können, freut auch Dekan Friedrich Hohenberger als 1. Vorstand der Diakonie Kulmbach: „Im Bereich Inklusion hat sich in den letzten Jahren schon viel im Bewusstsein der Bevölkerung getan. Da wächst eine Generation heran, die Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft integrieren möchte!“

Das Bundesteilhabegesetz hat die rechtlichen Grundlagen für diese Alternative zur Beschäftigung in einer klassischen WfbM geschaffen. Der Bezirk Oberfranken unterstützt Arbeit 4.0 und war an der Konzeptentwicklung beteiligt. Zudem fördert er die Arbeit der Jugendwerkstatt im Rahmen der Eingliederungshilfe mit jährlich knapp 10 000 Euro pro Beschäftigtem. Im kommenden Jahr sind es bereits 50 000 Euro.

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