Fichtelgebirge Großeinsatz: Fabrik wird Raub der Flammen

, aktualisiert am 27.02.2021 - 16:50 Uhr

In der Nacht zum Samstag brennen große Teile der Fastner-Fabrik im Arzberger Ortsteil Elisenfels nieder. Mehr als 200 Feuerwehr-Kräfte versuchen zu retten, was zu retten ist.

 
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Elisenfels - Als Samstag kurz nach Mitternacht der Funkwecker von Markus Felgenhauer anschlägt, ist er auf alles gefasst. Was der Kommandant der Arzberger Feuerwehr zu der Zeit noch nicht weiß, ist, dass er schon Minuten später den größten Einsatz seit Jahren leiten wird. Aus bislang ungeklärten Gründen ist in einer der beiden Produktionshallen der Glasschmelzhafenfabrik Fastner in Elisenfels Feuer ausgebrochen. „Als wir nach der Alarmierung zum Einsatzort unterwegs waren, haben wir schon von Weitem das Feuer gesehen. Das mittlere Gebäude in dem Komplex stand komplett in Flammen“, sagt Felgenhauer.

Die Fabrik liegt im engen Röslau-Tal, was die Löscharbeiten zusätzlich erschwert. An der Südseite des Gebäuderiegels führt keine Straße vorbei. Die Einsatzkräfte müssen daher die Schläuche und Pumpen durch ein enges Tor schleppen, um die Fabrik auch von der zur Röslau zeigenden Seite löschen zu können. „Wir haben sofort zwei Riegelstellungen gebildet, um die beiden äußeren Gebäudeteile zu retten“, so der Kommandant im Gespräch mit der Frankenpost.

Mehr als 200 Einsatzkräfte

In kurzen Abständen treffen immer weitere Feuerwehren aus dem gesamten Landkreis Wunsiedel, aus dem Landkreis Tirschenreuth und aus Rehau im Landkreis Hof ein. Am Ende werden mehr als 200 Frauen und Männer der Wehren versuchen zu retten, was zu retten ist. Mit drei Drehleitern aus Marktredwitz, Wunsiedel und Waldsassen können die Löschexperten auch von oben „angreifen“. Immer wieder stellen die Fahrer der tonnenschweren Geräte im Laufe der Nacht die Leitern um, da die Flammen mal hier, mal da auflodern. Auch das Technische Hilfswerk und das Rote Kreuz sind während des sich bis in den späten Samstag hinziehenden Einsatzes vor Ort.

„Die Atemschutzträger haben sich sofort den Weg ins Innere gebahnt“, berichtet Felgenhauer. Das ist gefährlich und eine Aufgabe für Spezialisten. Schnell haben sie sich ein Bild von der Lage verschafft. Glücklicherweise ist das Gebäude am Wochenende leer, sodass sich keine Menschen in der Fabrik befinden.

Höhe des Schadens ist noch nicht bekannt

Wie hoch der Schaden ist, ließ sich bis Redaktionsschluss nicht beziffern. Die Polizei schätzt ihn zwischen einer halben und einer Million Euro. Auch der Geschäftsführer der Fabrik, Harald Knaue, kann noch keine genaueren Angaben machen. „Wir müssen uns erst ein Bild von den Zerstörungen verschaffen. Vielleicht können wir noch im vorderen Teil der nicht so schwer betroffenen Halle produzieren.“ Sicher ist hingegen, dass der große Mittelbau nur noch eine Brandruine ist, die abgerissen werden muss. „Vielleicht lässt sich das vordere Gebäude sanieren.“

Auch Knaue wird mitten in der Nacht verständigt, dass die Fabrik in Flammen steht. Er macht sich sofort von seinem Wohnort in Hessen auf den Weg nach Elisenfels, damit er der Feuerwehr als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die Glasschmelzhafenfabrik Fastner & Co. GmbH stellt in Elisenfels feuerfeste Tongefäße für die Herstellung von Spezialgläsern, Antikgläsern und medizinische Produkte her. In dem Arzberger Ortsteil sind 15 Mitarbeiter beschäftigt, die gut zu tun haben. „Ja, wir haben natürlich Aufträge, die wir jetzt erfüllen müssten.“ Wie es weitergeht, kann Knaue nicht sagen. Zunächst würden die Mitarbeiter, die er noch am frühen Morgen informiert hat, wahrscheinlich mit Aufräumarbeiten beschäftigt sein. Die Tonerde, mit der in Arzberg Glashafen für die Herstellung von Nischenprodukten hergestellt werden, wird übrigens im Zweigbetrieb im hessischen Großalmerode in Tongruben abgebaut und aufbereitet.

Rauchwolke ist kilometerweit zu sehen

Zurück zum Einsatz. Kilometerweit ist noch am frühen Samstagnachmittag der aus dem Röslau-Tal aufsteigende Rauch zu sehen. An der Fabrik löschen inzwischen frische Kräfte unverdrossen weiter. „Wir haben gegen 8 Uhr die ersten Trupps nach Hause geschickt und neue angefordert“, sagt Einsatzleiter Markus Felgenhauer.

Dass dies notwendig ist, hat sich Stunden zuvor gezeigt. Als der Brand bereits unter Kontrolle schien, schlugen im nächsten Moment aus dem Dachgeschoss des angrenzenden Gebäudes meterhohe Flammen. „Die Atemschutzträger haben sofort von innen gelöscht, da sich unter dem Dach immer wieder Brandnester bildeten“, berichtet Felgenhauer.

Auch noch in den Mittagstunden des Samstags lodern in dem inzwischen eingestürzten Gebälk immer wieder Flammen auf. Glück für die Retter, dass dank der nur wenige Meter entfernten Röslau Wasser in Hülle und Fülle vorhanden ist.

Gastank steht neben dem Brandherd

Ein fünf Kubikmeter fassender Flüssiggasbehälter, der nur drei Meter neben der Fassade stand, bereitete den Feuerwehrleuten in der Nacht große Sorgen. Sie befürchteten, dass der Giebel des Hauses einstürzen und auf den Tank knallen könnte. Wie der Kreisfeuerwehrverband mitteilt, kontaktierten die Verantwortlichen die Experten des TUIS (Transport-Unfall-Informationssystem der chemischen Werkfeuerwehren) in Frankfurt, um einen Evakuierungsradius festzulegen. Ein Baufachberater des THW sondierte ebenfalls die Lage. Er schätzte die Gefahr letztlich nur gering ein.

Die Helfer des Technischen Hilfswerks sind während des Einsatzes als Baufachberater gefragt, sie versor-gen die Feuerwehr mit Wasser und bringen stetig Nachschub an Treibstoff. „Unsere Fahrzeuge und Spritzen sind ja über viele Stunden im Einsatz, da ist der Treibstoffverbrauch hoch“, sagt Felgenhauer.

Wie zwei jeweils mehrere Quadratmeter große Brandflecken zeigen, hatten die Einsatzkräfte beim nächtlichen Einsatz nicht nur den gut hundert Meter langen Gebäuderiegel im Blick, sondern auch den angrenzenden Wald. „Ja, das Feuer ist auch auf den Wald übergesprungen, aber den konnten wir schnell löschen.“ Einsatzleiter Felgenhauer ist am Samstagnachmittag bereits viele Stunden im Einsatz, doch das Adrenalin hält ihn wach. Immer wieder dirigiert er die Rettungskräfte aus der gesamten Region. Noch am Samstag sind gut 60 Feuerwehrfrauen und -männer im Einsatz. „Obwohl es einer der größten Brände seit Langem war, hat es zum Glück keine Verletzten gegeben.“

Kriminalpolizei nimmt Ermittlungen auf

Die Anwohner des wenig entfernten Wohnblocks sind von dem Flammeninfero verschont geblieben. Viel Schlaf hat in dieser denkwürdigen Nacht sicherlich niemand gefunden.

Wann die Produktion der Glasschmelzhafen wieder beginnen kann, ist derzeit völlig offen. Nachdem die Flammen gelöscht sind, forschen zunächst die Ermittler der Kriminalpolizei nach der Brandursache.

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