Heiligabend Gottesdienste „Eine Anmeldung ist zwingend erforderlich“

Dekan Peter Bauer hat einen Josef aus Fimo für seine Krippen-Aktion gebastelt. Foto: /Matthias Bäumler

Der harte Lockdown ist da. Doch auf die Christmette an Heiligabend können sich die Menschen freuen – das verspricht der Wunsiedler Dekan Peter Bauer. Vieles ist diesmal anders.

 
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Wunsiedel - Für die wichtigste Botschaft braucht Dekan Peter Bauer nicht viel Zeit und schon gar keinen Pomp: „Zu vermitteln, dass Gott in die Welt gekommen ist und sich jeder darauf verlassen kann, dazu ist kein langer Gottesdienst notwendig. Die Freudenbotschaft Jesu’ passt in einen 30-minütigen Gottesdienst.“ Dies sagt der Wunsiedler evangelische Dekan im Gespräch mit der Frankenpost.

Der neuerliche harte Lockdown mit strikten Ausgangsbeschränkungen, geschlossenen Geschäften und Schulen trifft die Bürger hart. Bauer ist es daher umso mehr ein Anliegen, allen Menschen mit den Gottesdiensten eine Freude zu bereiten und zumindest eine feste Konstante im bevorstehenden allzu ruhigen Weihnachtsfest zu bieten. „Wir Christen haben der Welt etwas zu sagen. Wenn wir auf das Feiern des Gottesdienstes verzichten würden, dann wäre das jenseits dessen, was das Christentum ausmacht.“ Und daher wird er an Heiligabend für die Gläubigen in Wunsiedel drei Kurz-Gottesdienste mit maximal 140 Besuchern in der Stadtkirche feiern, um 15, 17 und um 19.30 Uhr. Letzterer Gottesdienst ist die Christmette. „Sie findet so bald statt, damit wirklich jeder um 21 Uhr auch daheim ist.“ Die Gottesdienste um 15 und 17 Uhr werden zusätzlich auf den Jean-Paul-Platz übertragen, ebenso auch der Gottesdienst um 17.15 Uhr in Holenbrunn auf den Kirchenvorplatz. „Wir haben ein umfangreiches Konzept gestrickt, alle Corona-Maßnahmen lassen sich sehr gut einhalten.“

•So ist für alle Gottesdienste, auch die im Freien stattfinden werden, eine Anmeldung aufgrund staatlicher Vorgaben zwingend erforderlich. Auf dieser sollen die Teilnehmer und sämtliche Kontaktdaten ersichtlich sein.

•Dass Masken- und Abstandspflicht gilt, versteht sich von selbst.

•Zudem gibt es für die Gottesdienste absolute Besucher-Obergrenzen.

Trotz der nun schon fast neunmonatigen Corona-Tristesse bleibt der Dekan ein Optimist. „Es ist fantastisch, wie kreativ die Gemeinden im Dekanat sind und was sie den Gläubigen auch mit den Auflagen alles bieten, wie an allen Orten Hilfe und Beistand möglich sind.“ So plant etwa die evangelische Kirchengemeinde Bad Alexandersbad an Heiligabend einen Festgottesdienst an den Schlossterrassen, sodass die Besucher reichlich Abstand halten können. In Brand findet im Schlosshof und in Seußen auf dem Dorfplatz je ein Gottesdienst statt. In allen Orten haben sich die Geistlichen und die Ehrenamtlichen etwas einfallen lassen, damit der Heilige Abend einen Glanz bekommt. Auch an all jene, die sich nicht zu den Gottesdiensten trauen, die nicht kommen können, und die Menschen, die sich in Quarantäne befinden, ist gedacht. „Wir werden wie andere Gemeinden wieder ein Streaming-Angebot einrichten, das auf unserem Youtube-Kanal abrufbar ist (Anmerkung: „Wunsiedel evangelisch“ oder „MAK evangelisch“ auf Youtube).“ Speziell für den Heiligen Abend zu Hause im Kreise der Familie wird der Wunsiedler Kantor und Kirchenmusikdirektor Reinhold Schelter drei, vier Weihnachtslieder auf der sanierten Orgel der Stadtkirche Sankt Veit einspielen, die ebenfalls auf dem Youtube-Kanal zu finden sind. Wer will, kann sich einfach vom Orgelspiel betören lassen oder auch mitsingen, denn die Texte werden eingeblendet. Apropos Singen: Dies ist in den Gottesdiensten nicht erlaubt, auch nicht unter freiem Himmel. „Die Gemeinde dürfte zwar summen, aber ich glaube, das klingt bei ,O Du Fröhliche’ doch etwas seltsam.“ Möglich ist wahrscheinlich außer dem Spiel des Organisten der Auftritt eines kleinen Posaunenchor-Ensembles und eines Solosängers. Ob die Regelung auch noch an Heiligabend Bestand hat, wird sich zeigen.

Auch in der momentanen Adventszeit begleiten die Kirchengemeinden die Menschen in den unterschiedlichsten Formen. In Brand und Seußen hat sich zum Beispiel eine tägliche Telefon-Andacht über eine Fritzbox etabliert. „Da rufen jeden Tag bis zu 70 Leute an, um sich die jeweilige Andacht anzuhören“, sagt Bauer. In Wunsiedel haben zahlreiche Helfer und er Adventstüten gepackt, mit denen sie den Menschen eine Freude bereiten. „Ich muss heute auch noch einige austragen“, sagt Bauer. In den 90 Tüten für die Senioren sind unter anderem eine gedruckte Andacht, ein Gruß der Pfarrer , ein Lebkuchen, ein Teebeutel und ein Adventsrätsel enthalten. Auch für die Jugendlichen und die Kinder hat die Gemeinde eigene Tüten gepackt.

All die Aktionen dienen den Gemeinden, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben und sie zu stützen. Dennoch ist Bauer klar, dass er nicht jeden erreichen kann, der es vielleicht nötig hätte. „Meine Kolleginnen und Kollegen und ich rufen bei älteren Gemeindemitgliedern an. Aber ich will nicht verhehlen, dass uns der eine oder andere auch mal durchrutschen kann. Daher bitte ich wirklich jeden, der ein Gespräch sucht, uns anzurufen. Niemand muss Bedenken haben, wir sind für alle da. zum Gespräch und für handfeste Hilfe.“ Den Titel „Dekan“ empfindet Bauer in diesem Zusammenhang ein wenig hinderlich, da er manchen Menschen abschrecken könnte. „Ich bin eigentlich nicht ,der Dekan’, ich bin ein Pfarrer wie meine Kollegen auch, nur eben mit einer Zusatzfunktion.“

Dass an Weihnachten nicht jeder jeden besuchen kann, sondern auf Hausstände und Besucher-Obergrenzen achten muss, ist nach Ansicht Bauers in vielen Familien oder Verwandtenkreisen eine Belastung. Er hat daher eine Idee, wie sich die Distanzen überbrücken lassen: „Ich schlage vor, dass die Familie, so weit die einzelnen Angehörigen auch entfernt sein mögen, gemeinsam eine Krippe bauen. Die einen kümmern sich um den Stall, die anderen um die Engel und so weiter. Egal wie das aussieht und welches Material jeder verwendet – wenn sich alle Teile zusammenfinden, dann ist es eine richtige Weihnachtskrippe.“ Wenn die Krippe zum Beispiel bei der Oma steht, können alle nacheinander und nicht in großer Runde die Figuren zusammenfügen. „Dann stehen sie dann jeweils für einen lieben Menschen.“ Wer wolle, könne Figuren auch an seine Nachbarn oder Freunde verschenken. Bauer selbst beteiligt sich übrigens auch an der Aktion. „Ich habe schon einen Josef aus Fimo geformt Aber es werden noch mehr Figuren, zwei Engel sind schon verschenkt.“

Eines wird Bauer dieses Jahr trotz aller Kreativität, trotz allen protestantischen Trotzes vermissen: das Händeschütteln und ,Frohe-Weihnachten-Wünschen’ nach dem Gottesdienst. „Manchmal hat mir fast die Hand geschmerzt, so viele Hände habe ich geschüttelt“, sagt er. Diesmal sollen die Menschen auf Distanz bleiben. „Schauen Sie sich mit Abstand in die Augen und wünschen Sie sich gesegnete Weihnachten. Ich glaube, das tut uns allen in dieser Zeit gut.“

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