Hilfe für die Psyche Wie finde ich den richtigen Therapeuten?

Nina Ayerle

Psychische Erkrankungen und seelische Probleme sind weit verbreitet, seit der Coronapandemie haben diese auch noch einmal zugenommen. Die richtige Hilfe zu finden, ist aber oft gar nicht so einfach. Wie kann man dabei vorgehen?

 
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Einen Psychotherapeuten zu finden, ist gar nicht so einfach. Oft sind die Wartelisten lange. Foto: imago/Andrey Popov

Psychische Erkrankungen nehmen in den letzten Jahren in der Bevölkerung zu, vor allem seit der Coronapandemie steigen die Zahlen stetig an. Ängste, Essstörungen, Zwangserkrankungen oder Depressionen sind in der Regel behandlungsbedürftige Erkrankungen – doch Therapieplätze sind rar. Das ist ein Problem für Betroffene. Wer sich ohnehin nicht mehr aus dem Haus traut wegen starker Panikattacken oder Mühe hat, überhaupt noch aus dem Bett zu kommen und von Suizidgedanken gequält wird, braucht eigentlich eine schnelle und unkomplizierte Hilfe und nicht monatelange Wartelisten.

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Kassenplätze sind rar, die Wartelisten lange

Vor allem: Viele Menschen haben nicht die finanziellen Mittel, um einen Psychotherapeuten privat zu bezahlen. Wer aber in Deutschland einen Psychotherapieplatz braucht und diese Therapie über die Krankenkasse abrechnen lassen möchte, der wartet auf sein erstes Gespräch mit einem Therapeuten im Durchschnitt einen Monate, die Wartezeit für den Beginn einer Therapie beträgt häufig sogar sechs Monate.

Einen Therapieplatz zu finden, ist also alles anderes als einfach. Die Sitze für Kassentherapeuten sind begrenzt, daher sind die meisten niedergelassenen Psychotherapeuten komplett überlaufen. Eine erste Anlaufstelle ist deshalb zunächst auch immer der Hausarzt. Dort kann zumindest geklärt werden, welche Art von Hilfe benötigt wird. Für die Therapieplatzsuche kann man sich im Anschluss direkt an Therapeuten in der eigenen Region wenden und sich auf die Warteliste setzen lassen. Wer über die Internetsuche nicht weiterkommt, kann sich von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Baden-Württemberg eine Liste zukommen lassen. Die KV hat eine Datenbank mit allen niedergelassenen Psychotherapeuten.

Auch über die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung können sich Patienten einen Termin vermitteln lassen. Innerhalb von vier Wochen erhalten sie dann ein Erstgespräch in ihrer Umgebung. Auch die Bundespsychotherapeutenkammer hat eine Datenbank, in der Patienten nach Psychotherapeuten in ihrer Umgebung suchen können. Dort gibt es auch einen ausführlichen Ratgeber zu einer Psychotherapie und wann diese überhaupt nötig ist.

Welcher Therapeut ist der Richtige für mich?

Für viele Menschen ist der Therapiedschungel auf den ersten Blick recht undurchsichtig. Coach, Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychiater oder Psychologischer Psychotherapeut – für Laien sind die einzelnen Bezeichnungen und Berufsgruppen oft sehr undurchsichtig.

Psychotherapeut So darf sich nur bezeichnen, wer eine staatlich geregelte Ausbildung und Prüfung absolviert hat. Um Psychologischer Psychotherapeut zu werden, muss man zunächst ein Psychologiestudium an einer Universität abschließen und dann eine drei- bis fünfjährige, staatlich geregelten psychotherapeutische Ausbildung absolvieren.

In Deutschland stehen vier anerkannte Psychotherapieverfahren zur Auswahl, die von der Krankenkasse übernommen werden: die Analytische Psychotherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die Verhaltenstherapie und die Systemische Therapie.

Psychologen, die über keine weitere Therapeutenausbildung verfügen, also lediglich das Universitätsstudium mit einem Master oder einem Diplom abgeschlossen haben, dürfen keine Psychotherapie nach diesen Verfahren durchführen oder gar über die Kasse abrechnen.

Ärztliche Psychotherapeuten haben zusätzlich zu ihrer medizinischen eine psychotherapeutische Ausbildung absolviert – dies können zum Beispiel auch Gynäkologen oder Internisten machen. Sie dürfen Medikamente verordnen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen.

Manchmal ist eine medikamentöse Therapie sinnvoll

Psychiater Sie haben Medizin studiert und im Anschluss eine mehrjährige Facharztausbildung in Psychiatrie absolviert. Psychiater sind oft für schwerere Störungen zuständig wie Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen zuständig. Da sie aber berechtigt sind, Medikamente gegen psychische Leiden zu verschreiben, sind sie auch für Menschen mit Ängsten, Depressionen oder auch anderen psychischen Erkrankungen der erste Ansprechpartner, wenn diese eine medikamentöse Behandlung benötigen.

Es gibt jedoch auch Psychiater und Psychiaterinnen, die Psychotherapie ausüben. Dies dürfen sie aber nur dann, wenn sie aufgrund einer Zusatzausbildung die Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ oder „Psychoanalyse“ führen.

Sowohl Psychotherapeuten als auch Psychiater haben eine Approbation – also die staatliche Zulassung, den entsprechenden Beruf selbstständig und eigenverantwortlich auszuüben.

Therapie ohne Kostenübernahme durch die Krankenkassen

Heilpraktiker Anders sieht es hingegen bei „Heilpraktikern für Psychotherapie“ aus, sie dürfen sich auch nicht Psychotherapeut nennen. Sie haben keine Approbation. Heilpraktiker für Psychotherapie können ihre Leistungen daher nicht mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen.

Die Inhalte der Heilpraktiker-Ausbildung und die Prüfungsinhalte sind im Gegensatz zu den Ausbildungen für psychologische und ärztliche Psychotherapeuten nicht gesetzlich festgelegt. Die Qualität der Ausbildung und die Anforderungen der Prüfung von Heilpraktikern können sich also erheblich unterscheiden.

Um im Anschluss an die Prüfung den Beruf des Heilpraktikers auszuüben, sind ein Hauptschulabschluss, ein Mindestalter von 25 Jahren, ein ärztliches Attest und ein polizeiliches Führungszeugnis notwendig.

Häufig haben sich Heilpraktiker für Psychotherapie meistens auf Bereiche spezialisiert, die von der auf Krankheiten eingeschränkten, gesetzlich geregelten Psychotherapie nicht erfasst und nicht bezahlt werden wie zum Beispiel Unterstützung bei Lebens- und Sinnkrisen, Selbstfindung oder persönliche Entwicklung, Hilfe bei Paar- oder Partnerschaftsproblemen sowie Hilfe bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und Unterstützung beim beruflichen Weiterkommen in Form eines Coachings.

Die Qualifikation ist entscheidend für eine gute Therapie

Da die Wartelisten bei Psychotherapeuten mit Kassensitz in der Regel sehr lange sind, entscheiden sich viele Betroffene für eine Therapie bei einem Heilpraktiker für Psychotherapie. Allerdings sollte man sich dort vorab über die Qualifikation informieren. „In dieser Gruppe gibt es sehr große Unterschiede im Umfang und in der Qualität der Ausbildung“, heißt es auf der Website therapie.de des Verbandes Pro Psychotherapie, der sich für eine bessere Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörige einsetzt.

So gebe es am Ende des Spektrums Personen, die gerade einmal die Prüfung am Gesundheitsamt bestanden haben, ohne eine Therapieausbildung gemacht zu haben und ohne Berufserfahrung. Am anderen Ende hingegen Personen, die zuerst in einem Universitätsstudium und später oft in mehreren umfangreichen Therapieausbildungen viel theoretisches und praktisches Wissen erworben haben – aber lediglich keine der vier von der Kasse anerkannten Therapieausbildungen absolviert haben.

Coach Inflationär wird hingegen inzwischen der Begriff Coach verwendet. Ausbildungen können über mehrere Jahre gehen, aber oft auch nur einzelne Wochenendkurse beinhalten. Ein Coach ist nicht berechtigt eine Diagnose zu stellen oder schwerere, psychische Krankheiten zu behandeln. Vor allem durch die sozialen Netzwerke sind Coaches, die sich als Ratgeber für Ängste, Depressionen, Mental-Health-Probleme und weiteres anbieten, recht weit verbreitet. Oft handelt es sich dabei auch um Selbstbetroffene, die sich nun als Unterstützung anbieten.

Der Begriff ist in Deutschland nicht gesetzlich geschützt. Laut Gesetz dürfen Coaches, die keine Zulassung als Psychotherapeut absolviert haben, lediglich Trainings zur Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte, sowie sonstige Tätigkeiten anbieten und erbringen, die nicht vom Heilkundebegriff erfasst sind – also unterhalb der Krankheitsschwelle liegen. Kurz gesagt: Sie dürfen einfache Lebensberatung anbieten, mehr nicht.

Notfallstellen für Menschen mit psychischen Erkrankungen

Notdienst
Bei akuten psychischen Notfällen ist der örtliche Rettungsdienst unter 112 zu erreichen. Auch der Notdienst kann oft schon erste Auskunft geben, was zu tun ist. Dieser ist überall unter 116 117 zu erreichen.

Sozialpsychiatrischer Dienst
Der Sozialpsychiatrische Dienst ist ebenfalls für Menschen mit psychischer Erkrankung zuständig.

Telefonseelsorge
Anonyme und kostenlose Hilfe bei einer psychischen Krise oder Suizidgedanken bietet die Telefonseelsorge unter der Telefonnummer 0800 111 0 111 oder per Chat via online.telefonseelsorge.de. (nay)