Hof Viel Post von Rechtsaußen

Von und

Zahlreiche Stadträte und der OB erhalten Karten der Organisation Der Dritte Weg. Die Empfänger nehmen es gelassen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof - Die rechtsextreme Organisation Der dritte Weg hat an zahlreiche Politiker, Gewerkschaftsfunktionäre, Journalisten und Rechtsextremismus-Experten in ganz Bayern und in anderen Bundesländern Postkarten mit einer Aufforderung zur Ausreise verschickt. Betitelt sind die Karten mit "Gutschein für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika". Die Empfänger sind aufgefordert, anzukreuzen, wie sie Deutschland - die von ihnen angeblich "ungeliebte Heimat" - verlassen wollten: "per Boot, auf dem Landweg über die Balkanroute oder mit dem Flugzeug". Die rechtsextreme Splitterpartei lässt sich die Aktion offenbar einiges kosten. Die Karten, von denen insgesamt mutmaßlich Hunderte abgeschickt wurden, sind mit 70-Cent-Briefmarken frankiert, die Adressen sind handschriftlich geschrieben.

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz sieht, wie die Nachrichtenagentur dpa meldet, in der konzertierten Aktion einen Versuch, die politischen Gegner des Dritten Wegs einzuschüchtern. Als "maximale Provokation" hätten die Aktivisten die Karten so verschickt, dass sie am 20. April, Hitlers Geburtstag, abgestempelt wurden. "Durch ihre optische und inhaltliche Gestaltung", erklärt der Verfassungsschutz, "fügen sich die Karten in eine Anti-Asyl-Kampagne der Partei ein". Der Dritte Weg gilt als Nachfolgeorganisation der verbotenen Vereinigung Freies Netz Süd, die einen mittlerweile geschlossenen Stützpunkt in Oberprex bei Regnitzlosau betrieben hat. Die Partei wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

Zu den Postkarten-Adressaten in Hof zählten Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner und zahlreiche Mitglieder des Stadtrats. Die Karten, die hier eingegangen sind, tragen Stempel des Briefzentrums Bayreuth.

Er habe der Postkarte "keinerlei Bedeutung beigemessen", erklärte OB Fichtner am Montag auf Anfrage der Frankenpost. Er habe das Schreiben "umgehend entsorgt". Dennoch, teilt Fichtner mit, sei er vorsorglich mit der Polizei in Kontakt getreten.

Oberstes Ziel müsse es sein, "verfassungsfeindlichen Gruppierungen" wie dem Dritten Weg keine Plattform zu bieten. Nach wie vor vertrete er die Meinung, "die ich zum Thema Flüchtlinge bereits mehrfach geäußert habe": Selbstverständlich bringe diese Situation Herausforderungen mit sich. Die momentane und künftige Aufgabe bestehe darin, "vom Aufnahme- in den Integrationsmodus zu wechseln. Wenn dies erfolgreich gelingt, wird auch Strömungen wie dem Dritten Weg der Nährboden für derartige Parolen und Aktionen entzogen."

Auch bei Linken-Stadtrat Thomas Etzel ist eine der Postkarten im Briefkasten gelandet. "Das ficht mich nicht besonders an", sagt Etzel auf Frankenpost-Anfrage. Als Aktivist des Bündnisses "Hof ist bunt" habe er schon wiederholt ähnliche E-Mails erhalten mit der Aufforderung, er solle aus Hof und aus Deutschland "abhauen". Einschüchtern lasse er sich dadurch nicht, betont Etzel. Er sehe sich vielmehr in seiner Auffassung bestärkt, dass man wachsam bleiben müsse und im Einsatz gegen die rechtsextremen Umtriebe nicht nachlassen dürfe.

CSU-Stadtrat Felix Lockenvitz, der ebenfalls eine Postkarte erhalten hat, macht kein Hehl daraus, dass er "im ersten Moment erschrocken" ist. Ihm gab zu denken, dass sein Name und seine Adresse per Hand geschrieben waren, die Karte also offensichtlich ganz gezielt an ihn verschickt worden war. Mittlerweile habe er erfahren, dass zumindest in der CSU-Fraktion "so ziemlich alle Stadtratsmitglieder" die gleichen Karten bekommen haben. Deshalb sieht der CSU-Mann das Schreiben des Dritten Wegs jetzt gelassen: "Wenn die meinen, für so etwas Geld ausgeben zu müssen, ist es auch recht." Nichtsdestotrotz, räumt er ein, seien solche Vorfälle geeignet, "ein bisschen die Stimmung zu vergiften". Denn man frage sich: "Was kommt als Nächstes?"

Als "eher lästig" bezeichnet SPD-Stadträtin Andrea Hering die unerwünschte Sendung, die in ihrem privaten Briefkasten lag. "Von solchen Leuten Post zu bekommen - das braucht's nicht." Als Bedrohung empfinde sie das nicht. Sie beschäftigt eher die Frage, wie man mit solchen Schreiben umgehen sollte. "Einerseits: Wenn man ihnen öffentliche Aufmerksamkeit schenkt, haben die Urheber ihr Ziel erreicht. Wir wollen dem Dritten Weg keine Plattform geben." Andererseits: "Einfach totschweigen darf man solche Vorkommnisse auch nicht." Mit Verwunderung weist die SPD-Stadträtin auf den enormen Aufwand hin, den die Rechten in die offenbar länderübergreifende Postkartenaktion gesteckt haben - nicht nur finanziell: "All die Karten handschriftlich zu adressieren - ein Wahnsinn!"

Medienberichten zufolge sind beispielsweise auch in Plauen und Zwickau gleichlautende Karten an Stadträte und auch an Zeitungsredaktionen verschickt worden. Wie der Bayerische Rundfunk online berichtet, gingen in Nürnberg derartige Postsendungen an mindestens 25 Personen.

Der BR beruft sich auf Angaben von Titus Schüller, Linken-Stadtrat in Nürnberg. In Mittel- und Oberfranken seien die Postkarten vor allem an Kommunalpolitiker der Partei Die Linke in Nürnberg, Fürth und Bayreuth geschickt worden.

Keine Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft Hof hat, wie sie am Montag auf Frankenpost- Anfrage mitteilte, Kenntnis von den Postkarten. Anzeigen von Betroffenen liegen ihr nicht vor. "Nach Prüfung des Sachverhalts wurde kein Ermittlungsverfahren eingeleitet", heißt es: "Andere Staatsanwaltschaften haben wegen inhaltsgleicher Postkarten eine Strafbarkeit ausführlich geprüft und verneint."

Autor

Bilder