So!: Herr Kowalsky, was haben Sie in Ihrer Jugend getrunken?
Peter Kowalsky: Gute Frage. Die Brauereien haben damals ja immer auch Limonade abgefüllt. Zitrone, Orange und Cola, das gab es bei jeder Brauerei. Bei uns hieß das „Ravilla“, das war eine Handelsmarke, das durfte jeder abfüllen. Ich habe also viel Limo getrunken, und eine Menge Wasser.
So!: Wird man im Brauerei-Umfeld schnell zum Biertrinker?
Kowalsky: Nein. Im Gegenteil, da haben Sie so viel mit Bier zu tun, dass Ihnen das erst mal gar nicht schmeckt, auch vom Geruch her. Als Kind sind Sie da eher noch abgeneigter.
So!: Aber heute hat sich Ihr Verhältnis zum Bier normalisiert?
Kowalsky: Selbstverständlich. Als Braumeister wäre es ja schlimm, wenn man die eigenen Produkte nicht konsumieren würde.
So!: Deutschland erlebt seit einigen Jahren einen wahren Bio-Boom. Wann wurden Sie selbst von dieser Welle erfasst?
Kowalsky: Also, wir sind jetzt keine „Bios“. Das ist ja der Vorteil, wenn man auf dem Land lebt: man konsumiert sehr viel Bio, obwohl gar nicht „Bio“ draufsteht. Und die ländliche Ernährung hat natürlich auch eine ganz andere Qualität, wir können unser Fleisch oder unser Obst vom Bauern oder Metzger kaufen, wir müssen dafür nicht in den Supermarkt rennen. Insofern kaufen wir nicht nur Produkte, wo ein Biosiegel drauf ist.
So!: Halten Sie den heutigen Bio-Hype für übertrieben?
Kowalsky: Bio hat zumindest seine Grenzen: Früher stand „Bio“, oder „Öko“ ja für einen besseren Umgang mit der Umwelt und einen anständigen Umgang mit Tieren. Das hat sich heute sehr stark gedreht und ist fast zu einer Hysterie geworden. Die Leute kaufen Öko- oder Bio-Produkte teilweise nur, um ihr schlechtes Gewissen ein bisschen auf Vordermann zu bringen und nicht unbedingt, weil sie qualitativ bessere Produkte kaufen wollen. Da stößt Öko auch an seine Grenzen. Weil es gibt einerseits Dinge, da macht Öko sehr viel Sinn: bei den Grundnahrungsmitteln, also Produkte wie Milch, Käse oder Fleisch, das sind dann wirklich qualitativ bessere Produkte. Andererseits, ein Öko-Bier oder ein Öko-Wein muss jetzt nicht zwingend besser schmecken. Und bei Öko-Zigaretten oder Öko-Schnaps hört es meiner Meinung nach sowieso mit der Sinnhaftigkeit von Öko auf.
So!: Wofür steht das „Bio“ in „Bionade“?
Kowalsky: Bionade ist ja kein Produkt, das seinen Ursprung im Bio-Boom hat, sondern in der biologischen Herstellungsweise. Für uns war wichtig, dass es wie Bier hergestellt wird, mit Hilfe von Mikroorganismen durch Fermentation. Das ist ein biologischer Vorgang, und die Uridee war eben auch, eine Limo nach dem Reinheitsgebot herzustellen. Genau wie beim Bier macht man etwas auf biologischem Weg und verzichtet freiwillig, wie beim Reinheitsgebot des Bieres, auf Chemie oder irgendwelche Zusätze, die nicht natürlichen Ursprungs sind.
So!: Trotzdem lässt sich ein Großteil des Bionade-Erfolges doch nur durch den Bio-Boom erklären, oder?
Kowalsky: Nein. Ich glaube, dass sehr viele Bionade-Trinker gar nicht wissen, dass das ein Bio-Produkt ist. Es ist auch nicht wichtig, dass die Leute das wissen. Es ist aber wichtig, dass Bio drin ist, sonst würde es den Leuten nicht so gut schmecken. Man muss ja nicht immer alles rausbrüllen.
So!: Nun besteht aber der Produktname immerhin zur Hälfte aus „Bio“...
Kowalsky: Der Name wurde ganz bewusst so gewählt, weil es eine biologisch hergestellte Limo ist, im Gegensatz zu einer normal zusammengemischten Limonade, die mit biologischer Herstellungsweise ja nichts zu tun hat. Das schüttet man ja einfach zusammen, rührt es um und füllt es ab.
So!: Inzwischen bringen andere Abfüller Kopien wie „Bioaqa“, „Maltonade“ oder „Bios“ auf den Markt – wie bewerten Sie das als Unternehmer?
Kowalsky: Da passieren zwei Dinge: Erst mal regt man sich fürchterlich drüber auf. Weil diese Produkte ja nur da sind, weil man selbst so hart und so viel gearbeitet hat. Auf der anderen Seite sagt zum Beispiel unser Markenanwalt: Das Plagiat ist die höchste Form der Anerkennung. Das heißt, dass wir natürlich eine Menge richtig gemacht haben. Und Bionade hat jetzt die riesige Chance, ähnlich wie das Red Bull, Coca Cola, Tempo oder Nivea gemacht haben, ein Original zu werden. Wir haben ja allein durch den Namen die Möglichkeit, für diese Gattung zu stehen, die wir da aufgemacht haben, die der fermentierten Produkte. Wobei das genau das ist, was mich so aufregt: Keines der Imitate ist fermentiert, die gaukeln da etwas vor, was sie gar nicht sind.
So!: Coca-Cola hat Ihnen bereits ein Kaufangebot unterbreitet – wie läuft so etwas ab?
Kowalsky: Das ist ganz unspektakulär. Die rufen an, dann fährt man da hin und trifft sich mit den Leuten, die so etwas entscheiden. In meinem Fall war das in der Zentrale in Berlin. Die fragen recht unspektakulär, so nach amerikanischer Art, ob du verkaufen willst oder nicht. Das ganze war nach 10 Minuten beendet. Danach haben wir noch eine Viertelstunde schön geredet und dann bin ich wieder rausgegangen. Das ist wirklich unspektakulärer, als man vermutet. Und wenn man sagt „Nein, wir verkaufen nicht“ sind die auch völlig schmerzfrei.
So!: Nach einer aktuellen Statistik trinken 44 Prozent der Männer in Deutschland regelmäßig bis häufig Bier, bei den Frauen dagegen tun das nur 6,8 Prozent. Hat die Bionade ihren Erfolg vor allem den Frauen zu verdanken?
Kowalsky: Ja. In zweierlei Hinsicht: Erstens wird der Mann den Teufel tun und was Alkoholfreies nach Hause bringen, was der Frau nicht schmeckt. Die Frauen sind einfach die, die zuhause das Zepter in der Hand haben. Zweitens sind die Frauen diejenigen, die sich mit Themen wie zum Beispiel gesunder Ernährung auseinandersetzen. Dann ist eine Frau permanent der Meinung, dass sie abnehmen muss. Sie geht mit ihrem Körper ganz anders um als ein Mann. Insofern sind es die Frauen, die uns entdeckt haben, die uns auch trinken, weil Bionade alkoholfrei ist.
So!: Wann kommt eigentlich die nächste neue Bionade-Sorte auf den Markt?
Kowalsky: Wir haben sie schon in der Schublade. Die wird von der Art des Geschmacks her aus heimischen Gefilden kommen, also etwas, was hier wächst. Mehr kann ich aber noch nicht verraten, weil wir werden die erst rausholen, wenn ein wirklich ernst zu nehmender Wettbewerb kommt.
So!: Wenn es enger wird auf dem Markt, schlagen Sie zu?
Kowalsky: Genau. Wir haben ja momentan eine sehr kommode Situation, dass wir eigentlich die Einzigen sind. Der ganze Markt gehört uns, das ist fast so etwas wie ein Monopol. Aber das wird nicht mehr lange so sein. Und erst dann wird es ja spannend, ob wir wirklich so gut sind, dass wir uns auch behaupten können. Sie müssen wissen, der Erfolg, den Sie jetzt da draußen sehen, der ist ja nicht vom Himmel gefallen. Das war – Gott sei Dank – verdammt harte Arbeit, und eine Menge Fleiß, die wir da reingesteckt haben, die jetzt in der Form des Erfolgs vorne rauskommt...
INTERVIEW: JAKOB BUHRE