Kicken für Antonia Fußballfest der Superlative

Legenden wie Pierre Littbarski und Klaus Augenthaler kicken für einen guten Zweck. Foto: FLO MIEDL

Weißenstadt erlebt mit dem Benefizspiel „Kicken für Antonia“ den sportlich größten Tag seiner Geschichte. Drei 1990er-Weltmeister zählen zur Legenden-Elf. Die nur 470 zugelassenen Fans sind begeistert und erleben Spitzen-Kicker zum Anfassen.

 
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Auge, Litti, Hansi – die Fans rufen die Spitznamen, als die drei 1990er-Weltmeister des deutschen Fußballs auf den Rasen laufen. Keiner von ihnen war je zuvor in Weißenstadt, schon gar nicht bei der SpVgg. Und doch ist es genau der Verein, der es geschafft hat, etwas wohl bundesweit Einzigartiges auf die Fußballerbeine zu stellen. Eine große Legenden-Elf tritt gegen regionale Legenden an, um für ein behindertes Mädchen zu kicken: Antonia. Und die Promis tun es mit Begeisterung und Herzblut.

„Etwas zurückgeben“

„Wir haben eine sehr schöne Zeit in unserer Profi-Karriere erlebt. Und es ist gut, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben“, nennt Hans Pflügler, der Hansi, seinen Beweggrund, die Aktion zu unterstützen. Zusammen mit den anderen Legenden sitzt er vor dem Spiel auf der Seeterrasse des Kurzentrums, wo die Spieler aus der gesamten Republik nach und nach eintrudeln.

Klaus Augenthaler – Auge – ist schon am Vortag angereist: „Viele von uns haben Kinder, die gesund sind. Es ist ein Muss, hierher zu kommen, wenn man die Zeit hat. Und wenn man sie nicht hat, muss man sie sich einfach nehmen.“ Und neben dem karitativen Zweck gibt es für Auge noch die große Freude darüber, „die alten Kollegen wiederzusehen, gegen die man früher mal gekämpft hat“.

„Verrücktheit eines Mannes“

Torben Hoffmann hat „nicht lange überlegt, hier teilzunehmen“. Der Sky-Sportreporter, der in 131 Bundesliga-Spielen gekickt hat, hat das Schicksal Antonias, die weder laufen, sitzen, sprechen, lachen oder weinen kann, doch sehr bewegt. „Und dass es hier in Weißenstadt so schön ist, hatte ich wirklich nicht auf dem Schirm.“

Benny Lauth – der bislang erfolgreichste Torschütze bei 1860 München – geht es ebenso. „Und als Wolfgang Heß angefragt hat, ob ich Zeit und Lust habe, war ich natürlich sofort mit dabei.“

„Ich fand das Anschreiben von Wolfgang so süß und charmant“, erzählt Pierre Littbarski. Als Promi-Fußballer bekomme er häufig Anfragen für soziale Unterstützung. Dass er nach vielen Jahren der Abstinenz noch einmal die Fußballschuhe schnürt, führt Litti wirklich auf die „Verrücktheit dieses Mannes“ zurück, der ihn etwa zehnmal angerufen habe. „Der ist mit dem ganzen Herzen dabei, so etwas Großes auf die Beine zu stellen“, sagt Litti über Heß. Obendrein genießt der Weltmeister von einst das „tolle Hotel“ und das Treffen mit den vielen früheren Kollegen.

Der Ritterschlag

Organisator Wolfgang Heß ist fast sprachlos, als er hört, was sein „großes Idol Littbarski“ über ihn sagt. „Das ist Weltklasse, das ist für mich wie ein Ritterschlag.“ Als Litti damals zugesagt hat, für Antonia in Weißenstadt mitzukicken, „herrschte Ausnahmezustand im Hause Heß“.

Wechsel vom See auf den Fußballplatz: „Ich hab’ schon vor dem Spiel eine Diclo eingeschmissen.“ Peter Schreyer aus Marktredwitz, einstiger Wacker-Spieler, ist nicht der einzige, der sich prophylaktisch mit Tabletten wappnet. „Bei unserem einzigen Training hat es mit dem Rückwärtslaufen nicht mehr geklappt.“ Landrat Peter Berek, der am Samstag nicht als solcher, sondern als Kicker den Sportgrößen von früher gegenübersteht, hofft auch, „dass die Knochen halten“.

Müde Knochen

Profi Auge dehnt und streckt sich. Dass es mit über 60 schon ein wenig zwickt und zwackt, ist seinem Gesicht anzusehen. Clubberer Jörg Dittwar läuft schon vor dem Anpfiff der Schweiß übers Gesicht. „Die Impfung hat mir ein bisschen zugesetzt.“ Sagt’s – und trabt winkend auf den Platz. Gerd Schönfelder hingegen, der 14-fache Weltmeister bei den Paralympics im Skifahren, macht einen äußerst agilen Eindruck und gibt beim Spiel Vollgas. „Für mich ist das heute ja ein Heimspiel“, meint der zum Kicker mutierte Skifahrer schmunzelnd. Littbarski setzt sich am Spielfeldrand schnell noch einen Strohhut fürs Fan-Foto auf den Kopf, ehe er zu den Kollegen auf den Rasen eilt.

Ball von oben

Alles Gute kommt von oben. In diesem Fall ist es der Spielball, der in den nächsten 90 Minuten über den Rasen rollen wird. Drei Fallschirmspringer aus Speichersdorf fliegen mit dem Ball und orange rauchenden Fackeln punktgenau in die Mitte des Platzes, wo Deniz Aytekin das Spiel anpfeift.

Das Publikum – mehr als 470 sind wegen Corona nicht gestattet – erlebt Fußballer zum Anfassen, Idole ohne Allüren, die bereitwillig immer wieder Autogramme geben, Shirts signieren oder am Schluss die Bälle, die für Antonia übers Spielfeld gerollt sind. „Was wir mit denen machen, wissen wir noch nicht. Da fällt uns schon was ein“, sagt Wolfgang Heß, von dem ebenso wie von seinem Organisationspartner Florian Mäder die Last der letzten Monate abgefallen ist. Nur mehr Erleichterung und strahlende Gesichter. „Meine Herrn, war und ist das geil!“, posaunt Heß durchs Mikrofon. Und schiebt am Spielfeldrand hinterher: „Das war noch wesentlich besser, als ich gedacht habe!“

La Ola für Antonia

Jetzt ist La Ola angesagt. Das Publikum macht am Rande mit, mischt sich aber jetzt unter die Kicker, die Antonia in ihre Mitte geholt haben. La Ola für einen Tag, der in die Geschichte Weißenstadts eingehen wird.

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