Kongress in Selbitz Schwere Zeiten für die Muschel

red
Die Flussperlmuschel ist auch im Dreiländereck zu Hause. Foto: FP-Archiv

Muschelexperten aus ganz Europa waren zu Gast im Landkreis Hof. Ein Thema: der Klimawandel.

 
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Zum Thema „Erhalt der Frischwasser-Muscheln“ haben sich für drei Tage 70 Muschelexpertinnen und -experten aus 14 europäischen Nationen in Selbitz getroffen, um neueste Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis zu diskutieren. Zur Expertenkonferenz eingeladen hatten der Bund Naturschutz (BN) Hof und die TU München. Der BN informiert darüber nun in einer Pressemitteilung.

Die Fließgewässersysteme im Dreiländereck Bayern-Sachsen-Böhmen zählen zu den wenigen Gebieten in Mitteleuropa, in denen die vom Aussterben bedrohte Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) noch vorkommt. Der Schutz und Erhalt der Flussperlmuschelbäche auf deutscher und tschechischer Seite, allesamt europäische Natura-2000-Schutzgebiete, sind von europaweiter Bedeutung. Trotz intensiver Bemühungen zur Verbesserung der Habitatbedingungen gehen die Bestände der Flussperlmuscheln immer weiter zurück.

„Es ist erforderlich, zusätzlich zu den derzeitigen Maßnahmen wie Verhinderung von Feinsedimenteintrag in die Gewässer die Wasserqualität an den Muschelstandorten zu verbessern“, betonte Wolfgang Degelmann vom BN Hof. Parallel dazu müssten die Populationen durch die Aufzucht junger Flussperlmuscheln solange unterstützt werden, „bis sich die Habitatbedingungen verbessert haben“.

Dabei hätten die Wasserversorgung sowie die Nahrungszufuhr aus angrenzenden feuchten Wiesenflächen und Quellbereichen in Zeiten des Klimawandels und immer heißeren und trockeneren Sommern eine zentrale Bedeutung. Ein Problem, das vor allem kleinere Bachsysteme in Mitteleuropa betrifft. „Lösungsansätze kommen dazu aus der Wasserwirtschaft in Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden, die vermehrt Teichflächen zu Wasserreservoiren umbauen – und so in Dürrezeiten Restwassermengen für die Bäche sichern.“

Ein zweites europäisches Problem sind die immer weiter zurückgehenden Fischbestände. In Mitteleuropa ist die Flussperlmuschel ausschließlich auf die Bachforelle als Wirtsfisch angewiesen, in Nordeuropa und Großbritannien ist es daneben auch noch der Lachs. Beide Wirtsfische kämpfen gegen die höheren Wassertemperaturen, das zunehmende Austrocknen von Bächen im Sommer sowie die steigende Zahl von Fressfeinden. Zu diesen Problemen kommt die anhaltend große Fracht an Feinsedimenten, die über Gräben und Drainagen aus dem Hinterland in die Bäche und Flüsse eingetragen werden und die natürliche Reproduktion der Flussperlmuscheln im Jugendstadium gefährden.

Doch kamen während der Konferenz auch zahlreiche gelungene Beispiele von Rettungs- und Schutzmaßnahmen zur Sprache. Neben der erfolgreichen Nachzucht junger Muscheln – wie in der Huschermühle bei Regnitzlosau – konnten viele Teilnehmer über gelungene Renaturierungsmaßnahmen an heimischen Gewässern und deren positive Auswirkungen auf die Fisch- und Muschelbestände berichten.

Zum Abschluss des Kongresses zogen Wolfgang Degelmann vom BN und Professor Jürgen Geist von der TU in Freising das Fazit: „Es ist ein sehr gutes Gefühl, so viele engagierte Menschen aus ganz Europa zu sehen, die über alle Grenzen hinweg zum Schutz dieser Tierart zusammenarbeiten, sich austauschen, gemeinsam nach Lösungen suchen und mit einem Kopf voller neuer Ideen und einem Herz voller Motivation an ihre jeweiligen Einsatzorte zurückkehren“.

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