Konzerte in Helmbrechts „Kulturwelten“ trotzen der Pandemie

Der Shootingstar Foto: /Timo Jäger/PR

Das Coronavirus hält das Team vom Textilmuseum Helmbrechts nicht davon ab, Kultur in die Welt zu tragen. Trotz der gewohnt ausgewogenen Mischung ist ein Trend erkennbar: der Blues wird in diesem Jahr geradezu zelebriert.

 
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Helmbrechts - Wer in diesen Zeiten unbedingt ein solch umfangreiches und aufwendig zu organisierendes Festival wie die „Kulturwelten“ in Helmbrechts veranstalten möchte, der muss mit einer gehörigen Portion Wagemut, multipliziert mit Leidenschaft und Aufopferungswillen ausgestattet sein. Nicht nur das Coronavirus selbst macht nämlich das Organisieren schwer, sondern selbstverständlich auch die sich alle paar Wochen ändernden, mal in sich schlüssigen und dann mal wieder absolut nicht nachvollziehbaren Anweisungen staatlicher Behörden.

Ein Schrägstrich sagt alles: „Bitte noch nicht anmelden, aufgrund der neuen bayerischen Bestimmungen ist das Programm aktuell noch/wieder unverbindlich“ – so steht’s vor jedem Event der „Kulturwelten 2021“ auf der Homepage des Veranstalters zu lesen. In Helmbrechts arbeitet man einmal mehr auf Hochtouren daran, den geforderten Vorgaben des Bundes und des Freistaates Bayern nachzukommen. Das Team vom Textilmuseum um seinen Leiter Heinz König bringt offenbar die charakterlichen Voraussetzungen mit, um auch noch so große Brocken, erdacht von verbeamteten Spielverderbern in den fernen Hauptstädten Berlin und München, aus dem Weg zu räumen. Schließlich geht’s darum, die „Kulturwelten 2021“ Wirklichkeit werden zu lassen, nachdem sie im vergangenen Jahr ausfallen mussten. Zwar hat man die Zahl der Veranstaltungen etwas verkleinern müssen: Doch was jetzt im 2021er-Programm steht, ist nicht nur das maximal Machbare in diesen verrückten Zeiten, sondern ein Paket, das so weit und breit niemand anderes geschnürt hat.

Und es schaut gerade richtig gut aus: Trotz aller Unwägbarkeiten soll der offizielle Vorverkaufsstart für die diesjährigen Kulturwelten am 20. September über die Bühne gehen.

Bei aller Vielfalt, die auch die diesjährigen Kulturwelten auszeichnet, glaubt man dennoch einen Schwerpunkt zu erkennen. Die ganze wunderbare Vielfalt des Blues wird in diesem Jahrgang in Helmbrechts zu erleben sein – mit bekannten Größen wie auch mit Neuentdeckungen, die es in sich haben.

Den Auftakt in Sachen Blues machen die beiden Musiker Timo Gross und Adax Dörsam mit „Leadbelly Calls“, einem Tribut an den legendären Bluesmann der ersten Stunde, Huddie „Leadbelly“ Ledbetter aus dem US-Bundesstaat Louisiana. Der Typ war genauso sehr ein Mörder und Verbrecher wie ein musikalisches Genie und hatte bis zu seinem Tod im Jahr 1949 immensen Einfluss auf die weiße Folkszene um Pete Seeger und Woody Guthrie. Gross und Dörsam knien sich in sein Vermächtnis und verpacken das Archaische, Rohe und Mythische in puren Klang (die bislang gebuchten zwei Shows am 30. September sind ausverkauft, da einige wenige Veranstaltungen der Kulturwelten bereits im Sommer in den Vorverkauf gingen – unsere Zeitung berichtete).

B.B. & The Blues Shacks, die am 2. Oktober in Helmbrechts auftreten werden, sind in der Region durch viele Konzerte bestens bekannt. Und doch erfinden sie ihren Rhythm & Blues immer wieder erfrischend neu.

Zwischen Blues und Americana pendelt der aus Nashville/Tennessee stammende Peter Karp, der am 9. Oktober für zwei Konzerte gebucht ist und schon mehrfach in „Helmetz“ zu Gast war. Zu den „Kulturwelten“ reist er aber mit einer teilweise umbesetzten Band an.

Am 22. Oktober ist ebenfalls nicht zum ersten Mal der Schweizer Philipp Fankhauser mit seinem Quintett zu erleben. Fankhauser erweitert die Blues-Urform wiederum um eine Prise Bossa Nova und eine Portion Soul.

Auch Andreas Kümmert, der etwas andere Gewinner der TV-Castingshow „The Voice Of Germany“ – er setzte sich im Jahr 2013 durch –, liebt den Blues, wie man an seinen auch von Soul und Rock’n’Roll geprägten Songs unschwer erkennt. Für Kümmert sind gleich drei Konzerte angesetzt: zwei während der „Kulturwelten“ am 21. November und ein weiteres am 10. Februar 2022.

Die Französin Laura Cox, die am 26. November auftreten wird, gilt als ein absoluter Shootingstar: Ihr von Rock durchtränkter Blues ist Rhythmus- und Riff-orientiert und geht ordentlich nach vorn. Die Musikerin kokettiert durchaus mit ihrem Frau-Sein in einer immer noch von Männern dominierten Szene. Doch schlussendlich zählt die Qualität – und jene ist bei Frau Cox und ihrer Band über jeden Zweifel erhaben.

Völlig zu Unrecht immer noch nicht ausreichend bekannt – obwohl seit 25 Jahren im Geschäft – ist der Texaner Neal Black. Sein Werk bekommt hervorragende Kritiken – vom „Guitar World Magazine“ bis zum US-„Rolling Stone“. Das Kulturwelten-Team hat ihn und seine Band The Healers für zwei Konzerte am 27. November 2021 verpflichtet. Das Publikum der „Kulturwelten“ darf sich auf Bluesrock von hoher Eigenständigkeit freuen – mit ausgeprägter Gitarrenarbeit, die etwas an Jeff Beck und vor allem an Johnny Winter erinnert. Und darf sich begeistern an Neal Blacks Reibeisenorgan, das in seiner markanten Art hohen Wiedererkennungswert besitzt.

Natürlich gibt es nicht nur Blues in seinen zahlreichen Schattierungen – die eingangs erwähnte ausgewogene Mischung findet sich selbstverständlich auch im Programm der „Kulturwelten 2021“. Gestartet wird in Helmbrechts am 25. September mit dem Minguet Quartett & Victor Villena: das Motto des Abends lautet „Beethoven trifft Tango“ – und das wird sicherlich gut einzulösen sein, wenn ein klassisches Streichquartett und ein argentinischer Bandoneonspieler gemeinsame Sache machen.

Das „Leo Betzl Trio“ spielt am 7. Oktober Techno reineweg mit akustischen Instrumenten – und somit wird daraus, irgendwie, Jazz. Claudia Koreck, die in der Region bestens bekannte bajuwarische Pop-Songwriterin kommt am 14. Oktober und wartet mit einem Best-of-Programm auf. Von Gitarren dominierten Instrumental-Pop bringen Café del Mundo zu Gehör (14. Oktober) und Klezmer-Musik Helmut Eisel und JEM (15. Oktober). Die beiden Kabarett-events mit Wolfgang Krebs am 23. Oktober sind bereits ausverkauft.

Jazzig wird’s wiederum mit dem Trompeter Frederik Köster am 5. und mit dem Saxofonisten Tobias Meinhart am 6. November.

LaLeLu, die am 12. und 13. November gastieren, bieten eine wahrlich ungewöhnliche Mixtur aus Gesang und Komik, Show und Parodie, Pop und Klassik – und das alles ohne ein einziges Instrument auf der Bühne. Die Harfenistin Evelyn Huber wird am 10. Dezember ihrem Instrument Musik aller denkbaren Genres entlocken. Und Martin Zingsheim wartet am 11. Dezember nicht nur mit Kabarett und Comedy, sondern auch mit Rock’n’Roll auf. Den Abschluss der „Kulturwelten“ bilden am 29. Januar 2022 die Künstler von Lauschgold mit New Classical Music in klanglicher Anlehnung an Szenestars wie Ólafur Arnalds oder Max Richter.

Die meisten Veranstaltungen sind als Doppelevents angelegt und finden im Textilmuseum, der Johanniskirche und im Bürgersaal von Helmbrechts statt.

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