Kulmbach Von Tierwohl bis Trockenheit

Stephan Herbert Fuchs

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner informiert sich im Landkreis Kulmbach über die Sorgen der Bauern. Im Fokus hat sie dabei vor allem junge Landwirte.

 
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Kulmbach - Die Region Kulmbach steht für Ernährung, für gute fachliche Praxis sowie für Einklang von Natur und Produktion. Dieses Fazit zog Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei ihrem Besuch in der Region. Klöckner besichtigte unter anderem das Unternehmen Raps und das Max-Rubner-Institut und sprach mit Vertretern des Uni-Campus Kulmbach. Während der Unternehmensbesuch und die Stippvisite im Max-Rubner-Institut weitgehend nichtöffentlich stattfanden, gab es zuvor eine Diskussion mit Junglandwirten auf einem Feld zwischen Appenberg und Gundersreuth bei Mainleus. Gleich zu Beginn ihres Besuches hatte sie die Aufgabe, die Bauern mit einer negativen Meldung zu konfrontieren: Die für Januar 2021 geplante Grüne Woche in Berlin werde coronabedingt ausfallen.

Es gehe ihr bei dem Besuch in Kulmbach darum, zu erfahren, was junge Landwirte an Hilfestellungen brauchen, um das leisten zu können, was die Gesellschaft von ihnen verlange, sagte Klöckner. Da gehe es um mehr Umweltschutz und um mehr Klimaschutz, aber auch um die Sicherung unserer Ernährung. Landwirtschaft sei schon immer dem Wandel unterworfen gewesen. Genauso habe die Gesellschaft auch schon immer wechselnde Anforderungen an die Nahrungsmittelproduktion. Während es vor 40, 50 Jahren darum gegangen sei, Ernten zu sichern, stünden heute die Produktionsbedingungen im Vordergrund, so die Ministerin.

Landwirte müssten heute vor dem Hintergrund des Klimawandels, aber auch in ihrem eigenem Interesse deutlich höhere Erwartungen erfüllen. Der Klimawandel habe sich an drei sehr trockenen Jahren hintereinander bemerkbar gemacht. Das bedeute, man brauche viel mehr Fruchtwechsel, viel mehr Zwischenfrüchte, um den Boden locker zu halten und Feuchtigkeit zu speichern. Genauso gehöre es zu den Aufgaben, die Mengen an den verwendeten Pflanzenschutz- und Düngemitteln zu reduzieren oder ihren Einsatz ganz zu vermeiden.

In der Tierhaltung spiele das Tierwohl eine ganz große Rolle. Wenn Ställe dafür umgebaut werden sollen, müsse man die Landwirte begleiten. Klöckner gab dabei auch zu bedenken: "Wenn kleine Landwirte vor Ort aufgeben und wir dann die Produkte importieren müssen, haben wir auf die Produktionsstandards keinen Einfluss mehr." Es könne nicht angehen, dass sich jeder Verbraucher eine regionale Lebensmittelerzeugung wünsche, im Supermarkt aber gleichzeitig Cent-Beträge für die Kaufentscheidung ausschlaggebend seien.

Großes Lob zollte die Ministerin der jungen Generation der Landwirte. Die jungen Leute würden sich nicht beklagen, sondern wollten Landwirtschaft betreiben, seien offen für neue Züchtungen und für die Digitalisierung. Dafür forderten sie völlig zurecht auch Planungssicherheit ein. Das solle jetzt auch bei der nächsten EU-Agrarministerkonferenz, die in Deutschland stattfindet, eingebracht werden. Dabei machte die Ministerin aber auch keinen Hehl daraus, dass die künftige gemeinsame europäische Agrarpolitik "grüner und nachhaltiger" werde und dass es in Sachen Tierwohl kein Zurück mehr geben werde. Eine betäubungslose Ferkelkastration werde es beispielsweise nicht mehr geben. "Tierwohl geht vor, wenn die Landwirte von der Gesellschaft akzeptiert sein wollen."

Die jungen Landwirte gaben der Ministerin allerdings auch zahlreiche Forderungen mit auf den Weg. Der Anbau von Zwischenfrüchten zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit müsse halt auch honoriert werden, sagte Tobias Weggel. Bestandsschutz für Ferkelerzeuger forderte Heiko Kaiser. Wenn aufgrund der Tierwohldiskussionen Ausbauten in den Ställen notwendig werden, bedeute das für viele Landwirte, dass sie die erforderlichen Investitionen nicht mehr stemmen können und stattdessen aufgeben. Zu viel Bürokratie beim Bau von Güllegruben kritisierte Milchviehhalter Manuel Faßold aus dem Landkreis Lichtenfels. Aufgrund der vielen Sonderauflagen für jedes einzelne Bauteil habe niemand mehr Lust, eine Güllegrube zu bauen. Dabei seien sie so dringend notwendig, sagte Berufskollege Andreas Popp. Auf der einen Seite soll im Herbst keine Gülle mehr ausgebracht werden, auf der anderen Seite werde der Bau von Güllegruben erschwert.

Ein weiteres Thema war auch der katastrophale Zustand des Waldes aufgrund der Trockenheit. "Wir müssen hektarweise Wald wegschlagen", so Johannes Hick aus Königsfeld. Mittlerweile sei bereits die dritte Borkenkäfergeneration dieses Jahres zugange. Die Waldbesitzer seien ganz einfach überfordert, sagte Susanne Löblein, ebenfalls aus dem Landkreis Bamberg. Bei der Holzvermarktung lege man im Moment drauf. Den "extremen Druck" seitens des Lebensmitteleinzelhandels prangerte schließlich Stefan Scherzer vom gleichnamigen Gemüsebaubetrieb an. Während sein Betrieb mit hohen Investitionen aufgrund immer weiter steigender Anforderungen zurechtkommen müsse, zähle für den Lebensmitteleinzelhandel am Ende jeder Cent. Alles andere, auch die regionale Erzeugung, sei nachrangig.

Zuvor hatte die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner der Ministerin die kleinstrukturierte Landwirtschaft in der Region vorgestellt, die etwa zur Hälfe im Voll- und im Nebenerwerb betrieben werde. Die Region sei extrem von der Trockenheit geprägt, so Zeulner zum derzeitigen Hauptproblem der Landwirte in der Region.

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