Verglichen mit Wurst oder Schuhen gerät das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Kunst zunehmend aus den Fugen. Zum Beispiel bei den Werken Vincent van Goghs: Wenngleich er die Farben gern dick auftrug, können sie und die Leinwand kaum mehr als jeweils eine Handvoll Dollar gekostet haben. Indes wechselte 1987 eines seiner Sonnenblumen-Bilder für fast 40 Millionen den Besitzer. Drei Jahre später stellte der holländische Maler den eigenen postumen Rekord beeindruckend ein: Da ersteigerte ein Sammler aus Japan sein "Porträt des Doktor Gachet" für über 82 Millionen Dollar. Aus heutiger Sicht geradezu lachhaft: Als Spitzenreiter des Jahres 2012 erbrachte Edvard Munchs "Schrei" knapp 120 Millionen, getoppt nur von Gemälden Klimts und de Koonings sowie, bisher uneingeholt, von Jackson Pollocks "Nr. 5, 1948", das 2006 für sage und schreibe 140 Millionen Dollar wegging. Wahnsinnskäufe von außer Rand und Band geratenen Superreichen. Das Ranking erweckt den Eindruck, es gehe sportlich um einen Wettbewerb - und allerdings lässt sich der wahre Wert der Ware Kunst damit nicht im Ansatz benennen. Vor 125 Jahren, im August 1888, begann van Gogh mit der ersten Version seiner "Zwölf Sonnenblumen in einer Vase"; bis zum Januar 1889 folgten noch drei, fünf, fünfzehn Blumen in jeweils mehreren Ausführungen. Und wirklich dachte das so gut wie mittellose Genie dabei ans Geld - doch gewiss nicht an neunstellige Beträge. Ums Licht war's ihm zu tun: Eine "glorreiche, gewaltige Hitze" herrschte in Arles, wo er zu Werke ging, vor allem darauf bedacht, das "blasse Schwefelgelb" und "Zitronengold" der Sonne in den Korbblüten einzufangen. Dem Thema, dessen Variationen zu Ikonen der Moderne werden sollten, traute sogar der bescheidene Künstler pekuniäre Einträglichkeit zu: Die "Sonnenblumen", versicherte er dem Bruder Theo im Brief, müssten wohl einem "Schotten oder Amerikaner 500 Francs wert sein".