Hof – Wenn der Kampftrinker zuschlägt, kennt er meist kein Halten mehr und tritt oft noch auf sein am Boden liegendes Opfer ein. Solch aggressive Straftaten im Rausch beschäftigen die Jugendrichter in der Region nicht erst seit den gestrigen Urteilen gegen die Münchner U-Bahn-Schläger. Auch wenn die meisten kriminellen Jugendlichen in der heimischen Szene weniger brutal auftreten als die Münchner Täter, lassen Komasaufen und Kampftrinken die Hofer Justiz nicht kalt. Mit einem seit Jahresbeginn laufenden Projekt werden Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahre, bei denen es alkoholbedingt zu Problemen vor dem Richter gekommen ist, an die Leine gelegt. Voraussetzung ist dabei die enge Zusammenarbeit von Jugendrichtern und Polizei.

In der Praxis läuft das bislang höchst erfolgreiche Projekt wie folgt: Erster Schritt ist ein durch den Jugendrichter verhängtes Alkoholverbot, das in der Regel auf eine Dauer von einem Jahr bis zu drei Jahren ausgesprochen wird. Handelt es sich bei der geahndeten Straftat unter Alkohol um Gewaltdelikte wie Körperverletzung, räuberische Erpressung oder Sexualdelikte, ist die Überwachung der Alkoholverbote natürlich besonders wichtig. Doch im Gespräch mit den Hofer Jugendrichtern Ursula Preiß und Hubert Pürner wird klar, dass genau da bislang der Schwachpunkt im System begründet lag. Denn die Polizei, die solche Verbote am sinnvollsten überwachen kann, wusste meist nichts von den richterlichen Weisungen. Damit ist jetzt zumindest beim Amtsgericht Hof Schluss. Sofort nach der Verurteilung melden die Richter Preiß und Pürner per E-Mail das ausgesprochene Alkoholverbot an den zuständigen Kontaktbeamten der Polizei. Der sorgt dafür, dass die gerichtliche Mitteilung samt Bild, Personalien, Datum der Verurteilung und Dauer des Trinkverbots in den Polizeiverteiler kommt. Damit weiß jeder Streifendienstler, auf welche Jungs – in den meisten Fällen sind es junge Männer, auch wenn die Mädels zunehmend auffällig werden – er ein besonderes Auge haben soll. „Damit“ – so weiß Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Kienlein – „können Aggressionstaten dieser Täter unter Alkoholeinfluss schon im Keim erstickt werden.“ Effektiver kann Präventionsarbeit kaum laufen. Der Hofer Polizeiinspektionschef Dieter Haubner und die Jugendrichter weisen im Gespräch mit unserer Zeitung auf erste durchschlagende Erfolge des Projekts hin. Weil die Strafe für rückfällige Kampf- und Komatrinker auf den Fuß folgt und recht drastisch ausfallen kann: Erwischt ein Polizeibeamter bei den Routinekontrollen einen der Jungs unter Alkoholverbot betrunken, wird dies dem Jugendrichter auf schnellstem Weg per Telefon oder E-mail gemeldet. Weil es eben ein so genannter Weisungsverstoß ist. Der wird nach Jugendrecht sofort mit Ungehorsamsarrest bis zu vier Wochen geahndet. Vollkommen unabhängig übrigens von einer neuen Straftat. Der Rausch alleine reicht. Dass das Projekt schon sechs Monate nach Beginn so richtig Wirkung zeigt, beweist eine erste Statistik, die allerdings ob der Rückfallquote klar macht, wie sinnvoll diese Maßnahmen sind. In 50 Prozent aller Mitteilungen an die Polizei erhielten die Jugendrichter Rückmeldung, dass die Verurteilten erneut betrunken aufgegriffen wurden. In einem Extremfall bereits wenige Tage nach der Verurteilung des jugendlichen Alkoholsünders.