Länderspiegel Sabine macht es milde

Bis in den Vormittag hinein sind am Montag keine Züge am Marktredwitzer Bahnhof gerollt. Foto: Matthias Bäumler Quelle: Unbekannt

Der Landkreis ist vom Orkan weitgehend verschont geblieben. Dennoch musste die Feuerwehr zu vielen Einsätzen ausrücken.

 
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Wunsiedel/Marktredwitz/Selb - Josef Märkl hat sich seinen Urlaub etwas anders vorgestellt. Übermüdet steht er am Montagmorgen in der Marktredwitzer Bahnhofshalle. Eigentlich wäre er jetzt schon in Karlsbad in einem mondänen Bad. Doch Sabine hatte etwas dagegen. Wegen des Sturmtiefs namens Sabine ist der Münchner in der Großen Kreisstadt gestrandet. "Ich bin kurz nach 23 Uhr in Marktredwitz angekommen und habe meinen Zug nach Karlsbad verpasst." Da er zunächst nicht wusste, wie es weitergehen würde, schlossen sich vor ihm buchstäblich alle Türen: Erst die warme Bahnhofshalle und später auch die Hotels und Gaststätten in Marktredwitz. "Überall war geschlossen, daher bin ich wieder auf den Bahnsteig zurückgegangen und habe hier die Nacht verbracht."

Das Fichtelgebirge hat weitgehend Glück gehabt: Sabine war milde und hat die Region zwar kräftig durchgeschüttelt, aber keine größeren Schäden verursacht. Wie Landrat Karl Döhler sagte, mussten die Feuerwehren im Landkreis in der Nacht zum Montag und am Vormittag gut 40 mal ausrücken. Vor allem auf Straßen gestürzte Bäume brachten immer wieder den Verkehr zum Erliegen. Noch am Mittag war die Straße zwischen Kirchenlamitz und Oberschieda sowie die zwischen Silberbach und Selb-Vorwerk gesperrt. Die Feuerwehrleute rückten den Bäumen mit ihren Kettensägen zu Leibe.

Der Leiter der Polizeiinspektion Marktredwitz, Roland Ast, spricht auf Nachfrage von einer relativ ruhigen Nacht. "Für das Entfernen umgefallener Bäume ist die Feuerwehr zuständig. Soweit uns bekannt ist, hat es auch keine Verletzten gegeben."

Während Sabine im Raum Wunsiedel und Marktredwitz zwar kräftig blies, aber nur geringe Schäden anrichtete, waren Selb und Umgebung stärker betroffen. Hier musste die Wehr häufiger ausrücken, um zum Beispiel Bäume zu beseitigen.

Von all dem hat Josef Märkl nichts mitbekommen. Er spazierte mehrere Stunden lang auf dem Marktredwitzer Bahnsteig auf und ab, bis um 5 Uhr die Bahnhofshalle aufgesperrt wurde. "Ach, mich hat eigentlich nicht gefroren, es war ja relativ mild draußen." Einzig, dass die Frühzüge in Richtung Karlsbad ausfielen, trübte seine Laune etwas.

Im Gegensatz zu normalen Werktagen ist es in den Morgenstunden fast schon gespenstisch still in der Bahnhofshalle gewesen. Auf einem der Sitzplätze vertrieb sich ein junger Mann aus Karlsbad mit dem Handy die Zeit. Auch er ist in Marktredwitz gestrandet. "Ich bin heute Nacht mit dem Auto von Karlsbad hierhergefahren, da ich mit dem Zug weiter nach München wollte", sagt der Tscheche in gutem Deutsch. Er sei Lastwagenfahrer und hätte einen Lkw in München abholen und noch heute nach Wuppertal überführen sollen. "Daraus wird wahrscheinlich nichts werden." Um kurz vor 9 Uhr wartete er immer noch auf einen Zug in Richtung Landeshauptstadt.

Noch am Morgen hat auch Justizminister Georg Eisenreich etwas daran gezweifelt, ob er rechtzeitig zu einem Termin nach Marktredwitz kommen würde. "Wir sind dann doch am Morgen von München losgefahren, nachdem es geheißen hat, dass die Lage nicht so schlimm ist", sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Glücklicherweise sei er in Richtung Norden unterwegs gewesen. "Denn bei Regensburg sind wir viele Kilometer an Staus auf der Gegenfahrbahn vorbeigefahren." Letztlich ist der Minister fast pünktlich um 11.05 zu seinem Termin im Ost-West-Zentrum angekommen.

Ruhig ist es auch in den Schulen im Landkreis Wunsiedel gewesen. Wie berichtet, ist am Montag in ganz Bayern der Unterricht abgesagt worden. Dennoch richteten fast alle Schulen eine Betreuung ein, falls doch das eine oder andere Kind nicht daheim hatte bleiben können.

"Kein einziger Schüler ist gekommen", teilt auf Nachfrage eine Mitarbeiterin des Sekretariats des Otto-Hahn-Gymnasiums in Marktredwitz mit. Fast wortgleich die Auskunft in der Sigmund-Wann-Realschule in Wunsiedel: "Wir hatten zwar ein Betreuungsangebot und auch die Lehrer sind anwesend, aber Schüler kamen nicht." Die Leiterin des Walter-Gropius-Gymnasiums Selb, Tabea-Stephanie Amtmann, hat ebenfalls keinen Schüler betreuen müssen. "Ich habe die Mitteilung, dass der Unterricht ausfällt, am Sonntag gegen 17.30 auf unsere Homepage gestellt. Offenbar hat sich dies in Windeseile herumgesprochen. Keine Nachricht verbreitet sich eben so schnell wie die, dass der Unterricht ausfällt", sagt die Schulleiterin.

Lediglich zwei Eltern wollten am Montag vor 8 Uhr Kinder in die Jean-Paul-Grundschule nach Wunsiedel bringen, sagt Rektor Roland Günther. "Ich habe sie wieder heimgeschickt, weil die Kinder keine Betreuung benötigten. Ansonsten war es ruhig."

Überhaupt drängte sich am Montag der Eindruck auf, dass die Menschen völlig gelassen waren und sich von Sabine nicht beeindrucken ließen. Landrat Döhler brachte es auf den Punkt: "So ein Sturm wie am Montag kann uns im Fichtelgebirge nicht beeindrucken."

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