Marktredwitz Marktredwitz will steile Straße beheizen

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Wenn die Wunsiedler Straße temperiert wird, muss niemand mehr befürchten, mit dem Auto oder Lkw wegen Glatteis ins Rutschen zu kommen. Foto: Miedl

Eine Studie nennt erste Kosten für den Bau einer Straßentemperierung in der Wunsiedler Straße. Oberbürgermeisterin Dr. Birgit Seelbinder erhofft sich 90 Prozent Zuschüsse.

 
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Marktredwitz - Wenn es nach Oberbürgermeisterin Dr. Birgit Seelbinder ginge , könnten die Bagger in der Wunsiedler Straße schon bald rollen. Wie berichtet, will die Stadt die steile Gefällstrecke mithilfe von Geothermie eisfrei halten. Bei einem Pressegespräch am Mittwochnachmittag stellten die Oberbürgermeisterin und mehrere Experten die aktuelle Projektplanung vor. Dabei stellte sich heraus, dass die Straßentemperierung zumindest theoretisch umsetzbar wäre.

Wie exotisch das von Dr. Birgit Seelbinder ersonnene Projekt ist, bewies allein das Gedränge der Medienvertreter aus ganz Bayern. Auch der Referent für Franken von der Obersten Baubehörde in München, Tobias Bäumler, zeigte sich von Seelbinders Idee fasziniert. "Großes Lob für die Stadt Marktredwitz. Mit dem Projekt betreten Sie Neuland und beweisen großen Innovationsgeist." Die Oberste Baubehörde werde das Thema mit Interesse beobachten, sagte Bäumler.

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Baudirektor des Staatlichen Bauamts Bayreuth, Fritz Baumgärtel. Er kündigte an, bei der Umsetzung des Projektes den Sachverstand seiner Behörde mit einzubringen. Immerhin soll die Temperierung des Straßenabschnitts in Marktredwitz lediglich Pilotfunktion haben. Ziel sei es laut der Oberbürgermeisterin, anschließend die Steigungsstrecken auf der B 303 eisfrei zu halten.

Baumgärtel bremste in diesem Zusammenhang die Euphorie des Marktredwitzer Stadtoberhaupts ein wenig. "Bei der Wunsiedler Straße und allen Referenzprojekten handelt es sich um Flächen mit weniger als 1000 Quadratmetern. Die B 303 hat allerdings eine Fläche von 20 Hektar. Und wenn wir nur die Steigungsstrecken eisfrei halten, sind das Abschnitte von jeweils etwa einem Kilometer Länge."

Die Energieagentur Nordbayern hat für die Stadt Marktredwitz mehrere Szenarien verglichen, wie sich die Straße am effizientesten temperieren lässt. Je nach Varianten müssten unterschiedlich viele Sonden auf dem Straßenabschnitt in rund 100 Meter Tiefe in den Untergrund getrieben werden (die Szenarien gehen von Gesamtbohrlängen von 1920 bis 3500 Meter aus). Die Sonden zapfen - einfach ausgedrückt - die Erdwärme an und leiten sie in einen Erdwärmespeicher, der die Straßenoberfläche entweder eis- oder sogar schneefrei halten kann. Energieberater Uwe Täuber von der Energieagentur hält die etwas schwächere Variante für realistischer, die lediglich für eine eisfreie Straße sorgt. Die Gesamtinvestitionen liegen je nach Bauart bei 232 300 oder 243 550 Euro.

Alle gestern versammelten Experten und Behördenvertreter waren vom Sinn einer geothermischen Straßentemperierung überzeugt: "Dadurch wird nicht nur die Sicherheit für die Autofahrer erhöht, sondern auch Geld gespart, weil die Straßen länger haltbar sind", sagte Martin Schneider vom bayerischen Bauindustrieverband.

Lediglich der Geschäftsführer der Firma Markgraf, Karl-Günther Krauß, war mit den Planungen der Stadt nicht ganz einverstanden. "Ein Straßenstück von 135 Meter zu temperieren, erscheint mir wie ein wenig wie eine Spielerei. Wir sollten vielmehr ein aussagekräftigeres Referenzprojekt verwirklichen und die gesamte Wunsiedler Straße auf einer Länge von 650 Meter temperieren."

So positiv die Studie der Energieagentur auch klingt, von einer Umsetzung ist die Stadt noch weit entfernt. "Ich werde nun die Studie im Stadtrat vorstellen. Danach werden wir in die konkrete Planungen einsteigen und dabei die Fördermöglichkeiten eruieren. Ich nehme Ministerpräsident Horst Seehofer beim Wort. Er hat für den Landkreis Wunsiedel Infrastrukturförderungen in Höhe von 90 Prozent zugesagt", sagte Dr. Birgit Seelbinder.

Fakten zur Straßentemperierung

Die Energieagentur Nordbayern hat für die Stadt Marktredwitz beispielhaft einen 135 Meter langen Abschnitt der Wunsiedler Straße mit einer Fläche von 675 Quadratmeter untersucht. Laut Dr. Birgit Seelbinder kann das Projekt auch in einer anderen Straße verwirklicht werden.

Damit die Straße komplett schneefrei bleibt, ist eine Energieleistung von 250 bis 300 Watt pro Quadratmeter notwendig. Soll der Asphalt lediglich eisfrei bleiben, genügen 100 bis 150 Watt.

Die Energiekosten pro Betriebsjahr der Straßenheizung betragen je nach Variante 1000 bis 2000 Euro.

Die Straßentemperierung amortisiert sich je nach Variante in neun bis 27 Betriebsjahren.


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