Unter dem Eis des Jupiter-Mondes Europa und des Saturn-Trabanten Enceladus liegen gigantische Ozeane mit Salzwasser. Das macht sie zu potenziellen Kandidaten für die Entwicklung von Leben im Weltall. Ob dem so ist, könnte die im Oktober startende US-Raumsonde „Europa Clipper“ herausfinden.
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Unter dem Eis einiger Monde von Jupiter und Saturn liegen Ozeane mit Salzwasser. In ihnen könnte wie auf der Erde Leben entstanden sein. Die eisigen Monde der Planeten Jupiter und Saturn sind für die Suche nach außerirdischen Mikroben für Astrobiologen von besonderem Interesse. Denn unter dicken Eiskrusten verbergen viele dieser Monde tiefe Ozeane aus Salzwasser, in denen wie auf der Erde Leben entstanden sein könnte. Wie aber ließen sich etwaige Lebensformen in den verborgenen Ozeanen nachweisen?
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Gleich zwei Forschungsteams sind dieser Frage nachgegangen. Wie US-Wissenschaftler jetzt im Fachblatt „Science Advances“ berichten, ist die Eiskruste des Jupitermonds Europa mindestens 20 Kilometer dick, was den Nachweis von Leben nicht gerade einfacher macht.
Ein Forscher-Team aus den USA und Deutschland zeigt im gleichen Fachjournal jetzt andererseits, dass bereits ein kleiner Teil eines Bakteriums für einen Nachweis durch die Raumsonde „Europa Clipper“ der US-Raumfahrtbehörde Nasa, die im Oktober 2024 starten soll, ausreichen würde.
Europa: 20 Kilometer dicker Eispanzer
„Abschätzungen der Dicke des Eispanzers von Europa schwanken zwischen einigen wenigen und bis zu hundert Kilometern“, erläutern Shigeru Wakita und seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts).
Die Dicke des Eises sei von unmittelbarer Bedeutung für die Lebensfreundlichkeit des darunter liegenden Ozeans. Das Team hat deshalb zwei auffällige Einschlagkrater auf Europa – Callanish und Tyre – unter die Lupe genommen. Beide zeigen mehrere ringförmige Eiswälle und Gräben um ihr Zentrum.
Europa: Unter dem Eis liegt ein Schmelzsee
Mithilfe spezieller Computer-Simulationen analysierten die Forscher, unter welchen Bedingungen sich derartige Strukturen in einer Eisschicht bilden können. Das Resultat: Die Eiskruste von Europa muss mindestens 20 Kilometer dick sein.
Davon sind allerdings nur die oberen sechs bis acht Kilometer festes, nahezu unbewegliches Eis. Darunter ist das Eis wärmer und in Bewegung, und so kann ein Austausch mit Wasser aus dem Ozean stattfinden. Insbesondere im Zentrum der Krater dürfte sich, so die Forscher, zunächst ein Schmelzsee gebildet haben, der auch Material aus dem Ozean enthalten könnte.
Enceladus: Geysire schleudern Wasserdampf und Eiskristalle ins Weltall
Doch nicht nur direkt auf der Oberfläche, auch beim Vorbeiflug an den Monden sei ein Nachweis von Leben möglich, zeigt eine zweite Gruppe um Fabian Klenner von der US-University of Washington und der Freien Universität Berlin.
Insbesondere der Saturn-Mond Enceladus schleudert aus gewaltigen Geysiren Wasserdampf und Eiskristalle hunderte von Kilometern weit ins Weltall hinaus. Hinweise auf solche Fontänen gibt es vereinzelt auch vom Jupitermond Europa – dem Ziel der Raumsonde „Europa Clipper“, die diesen Mond im Jahr 2030 erreichen soll. Mit an Bord: Das Gerät „Surface Dust Mass Analyzer“ soll bei nahen Vorbeiflügen die Zusammensetzung von kleinen Eispartikeln messen, die von Europa ausgestoßen werden. Wie Experimente des Teams zeigen, ist ein solches Instrument erstaunlich leistungsfähig.
„Selbst, wenn nur ein Prozent eines Bakteriums in einem mikrometergroßen Eispartikel enthalten ist, sind dessen biologische Bestandteile in den Daten deutlich sichtbar“, schreiben Klenner und seine Kollegen. Die Sonde muss dafür also nur bei ihrem Vorbeiflug eine der seltenen Fontänen erwischen.
Schon seit Jahren wird vermutet, dass sich Wasser auf der Oberfläche des Jupitermondes Europa befindet. Unter seiner Eiskruste sollen sich unterirdische Ozeane doppelt so groß wie auf der Erde befinden. Europa und ihre drei Geschwister-Trabanten Io, Ganymede und Callisto wurden im Jahr 1610 von dem berühmten italienischen Gelehrten und Astronomen Galileo Galilei entdeckt.
Europa: Meer aus flüssigem Wasser, Salzen und Kohlenstoff
Im vergangenen Jahr hatten US-Forscher neue Details über Europa herausgefunden. Demnach enthält der Ozean unter der Eiskruste des Jupitermondes nicht nur flüssiges Wasser und Salze, sondern auch Kohlenstoff. Es handelt sich um das chemische Element, welches für die Entstehung von Leben so wichtig ist.
Den Analysen zufolge könnten das CO2 und seine Vorläufermoleküle aus dem gefrorenen Ozean des Mondes stammen, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ schreiben.
Das Team um Samantha Trumbo von der Cornell University in Ithaca (US-Bundesstaat New York) hatte die Daten der Kameras und Messinstrumente des James-Webb genutzt, um zu prüfen, ob es tatsächlich Kohlendioxid auf Europas Eiskruste geben könnte. „Frühere Studien haben zwar schon CO2 in geologisch jungen Zonen Europas identifiziert, ihre räumliche Auflösung war aber zu gering und es gab zu viel Störrauschen, um die Quelle des CO2 ermitteln zu können“, schreibt Samantha Trumbo.
CO2-Reservoire in der Tara-Region des Jupitermondes
Die neuen Daten bestätigen, dass es in der Eiskruste erhöhte Vorkommen von CO2 gibt. Es handelt sich allerdings nicht um reines, subglaziales – also unter dem Gletschereis befindliches – CO2-Eis, sondern um eine Mixtur aus Wassereis und verschiedenen Salzen.
Die CO2-Reservoire in Europas Eiskruste konzentrieren sich in der sogenannten Tara Region, einem rund 1800 Quadratkilometer großen, zerklüfteten Terrain. „Unsere Interpretation legt damit nahe, dass Kohlenstoff – ein für biologisches Leben essenzielles Element – im subglazialen Ozeans Europas präsent ist“, schreiben die Astronomen.
Dieser Kohlenstoff müsse außerdem vor geologisch gesehen relativ kurzer Zeit an die Oberfläche des Mondes gelangt sein. Was bedeutet: Der Lebensraum unter der Eiskruste von Europa könnte neben Salzen und Wasser eine weitere Zutat für Leben beherbergen –nämlich Kohlenstoff, einen der wichtigsten Bausteine für Leben im Weltall.
Wichtige Erkenntnisse für zukünftige Raumfahrtmissionen
Die Nasa-Raumsonde „Juno“ wurde am 5. August 2011 in Cape Canaveral gestartet und ist am 4. Juli 2016 in eine Umlaufbahn um Jupiter eingeschwenkt. Die Sonde soll herausfinden, ob Jupiter einen festen Kern besitzt und die Anteile von Wasser, Ammoniak und Methan in der Atmosphäre des Gasplaneten bestimmen.
Diese Erkenntnisse machten den Jupitermond zu einem noch vielversprechenderen Kandidaten für außerirdisches Leben im Sonnensystem – und zu einem spannenden Ziel für künftige Raumfahrtmissionen, resümieren die Forscher. „Die Chemie von Europas Ozean zu kennen, wird uns helfen festzustellen, ob er ein guter Ort für Leben ist, wie wir es kennen, oder eher lebensfeindlich.“
Info: Die Erforschung des Jupiters und seiner Monde
„Galileo“ Von 1995 bis 2003 umkreiste „Galileo“ den Jupiter und seine Monde. Wegen Treibstoffmangels und Problemen mit der Bordelektronik wurde die Nasa-Raumsonde 2003 in die Jupiter-Atmosphäre gelenkt, wo sie verglühte. „Galileo“ fand Hinweise auf eine elektrisch leitende Flüssigkeit auf der Oberfläche des Jupitermondes Europa. Eine Analyse dieser Daten ergab Hinweise auf massive Flüssigkeitsschwaden. Daten, die vom Hubble-Weltraumteleskop der Nasa gesammelt wurden, bestätigten vor einigen Jahren die Existenz dieser Wasserschwaden.
„Juno“ Die Raumsonde „Juno“ ist die erste Raumsonde, die gezielt die Jupiterpole überflogen hat. Auf ihren Aufnahmen sind deutlich die Muster der Wirbelstürme zu sehen, die sich jeweils um einen zentralen Wirbelsturm bewegen, der direkt über dem Pol sitzt. Der „Jupiter Polar Orbiter Juno“ der Nasa soll den Gasplaneten erforschen. Sie wurde am 5. August 2011 gestartet und war im Juli 2016 in eine Umlaufbahn um den Jupiter eingeschwenkt.