Nasa-Simulation macht’s möglich Im Herz der Finsternis: 3D-Reise in ein Schwarzen Loch

Markus Brauer

Es ist definitiv eine Reise ohne Wiederkehr: Was passiert, wenn wir einem Schwarzen Loch zu nahe kommen und eingesaugt werden? Das zeigt jetzt eine Visualisierung der Nasa. Die Simulation nimmt uns mit auf eine 3D-Tour zu einem supermassereichen Schwarzen Loch.

 
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Schwarze Löcher sind Orte ohne Wiederkehr. Die Anziehungskraft dieser kosmischen Schwerkrafttrichter im Raumzeitgefüge ist so stark, dass nichts ihnen entkommen kann. Foto: Imago/Cover Images

Der Urknall-Theorie zufolge ist unser Universum vor rund 14 Milliarden Jahren aus einem extrem heißen und dichten Zustand hervorgegangen – dem Big Bang. „Diese Hypothese geht davon aus, dass die gesamte Materie im Kosmos in ferner Vergangenheit in einem einzigen Big Bang entstanden ist“, erklärt der Astronom und Mathematiker Fred Hoyle (1915-2001).

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Gleicht der Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs einem Hologramm? Einem wissenschaftlichen Modell zufolge wäre das zumindest physikalisch möglich. Foto: © brightstars/iStock.com

Ursprung des Universums – ein winziges Teilchen

Der Samen des Universums war dabei noch viel kleiner als ein Atom und enthielt alle Materie und Energie, die sich heute über viele Milliarden Lichtjahre verteilen. Aus diesem Ur-Stoff ist alles entstanden: Sonne und Sterne, Materie und Strahlung – und das Leben. Einfach alles. Irgendwann – den Grund kennen die Physiker nicht – fing dieser winzige, jenseits aller Vorstellungskraft dicht gepackte und unvorstellbar heiße Raum schlagartig an sich zum Universum auszudehnen. Und das tut er bis heute.

Schon wenige Hundert Millionen Jahre nach dem Urknall gab es im jungen Kosmos Schwarze Löcher mit der millionenfachen Masse unserer Sonne. Schwarze Löcher sind die schwärzesten Himmelskörper, die wir kennen. In ihnen soll sich ein Großteil der Dunklen Materie verbergen.

Der Anflug: Vor uns ist die leuchtende Plasmascheibe des um das Schwarze Loch rasenden Materials zu sehen. Foto: © Nasa/Goddard Space Flight Center/J. Schnittman and B. Powell

Masse-Monstern auf der Spur

Schwarze Löcher sind Orte ohne Wiederkehr. Die Anziehungskraft dieser kosmischen Schwerkrafttrichter im Raumzeitgefüge ist so stark, dass nichts ihnen entkommen kann. Schon die Gravitationseffekte im nahen Umfeld reichen aus, um ganze Sterne zu zerreißen.

Kommt Licht dem Schwarzen Loch zu nahe, wird es verzerrt, geschluckt oder auf Kreisbahnen um seinen Ereignishorizont gezwungen. In diesem Photonen-Ring ist die Strahlung wie in einer Zeitkapsel gefangen.

Simulation zeigt zwei Szenarien

Doch was würde passieren, wenn sich ein Astronaut in einem Raumschiff einem Schwarzen Loch näherte? Und was, wenn er sogar den Ereignishorizont passiert? Genau dies zeigen nun neue 3D-Visualisierungen, die Forscher der US-Raumfahrtbehörde Nasa auf Basis physikalischer Modelle erstellt haben.

„Diese schwer vorstellbaren Prozesse zu simulieren hilft mir, die abstrakte Mathematik der Relativitätstheorie mit den Folgen im realen Universum zu verbinden“, erklärt Jeremy Schnittman vom Goddard Space Flight Center der Nasa.

„Ich habe dafür zwei verschiedene Szenarien simuliert: In einem Szenario fliegt die Kamera – stellvertretend für den todesmutigen Astronauten – bis nah an den Ereignishorizont und wird wieder weggeschleudert“, erklärt Schnittman. Im zweiten Szenario überschreitet die Kamera den Ereignishorizont und damit den Punkt ohne Wiederkehr. „Damit besiegelt sie ihr Schicksal.“

Reise zu einem supermassereichen Schwarzes Loch

Ziel dieser fantastischen Reise in das Schwarze Loch ist ein Masse-Monster, das Sagittarius A* ähnelt, dem zentralen Schwarzen Loch im Herzen unserer Milchstraße. Ähnlich wie dieses umfasst der virtuelle Schwerkraftgigant rund 4,3 Millionen Sonnenmassen.

Beim Näherkommen sehen wir die Photonen-Ringe eingefangenen Lichts (unten). Foto: © Nasa/Goddard Space Flight Center/J. Schnittman and B. Powell

Der Ereignishorizont dieses Schwarzen Lochs hat einen Durchmesser von rund 25 Millionen Kilometern, das entspricht rund 17 Prozent der Entfernung von der Sonne zur Erde. „Wenn man die Wahl hat, sollte man sich für den Sturz in ein solches supermassereiches Schwarzes Loch entscheiden“, erläutert Schnittman.

Wieso das? Die bei der Supernova von massereichen Sternen gebildeten stellaren Schwarzen Löcher sind sehr viel kleiner, aber dafür auch „brutaler“. „Diese Schwarzen Löcher sind nur rund 30 Sonnenmassen schwer und haben dadurch einen viel kleineren Ereignishorizont“, erklärt der Astrophysiker.

Dadurch sei diese Schwelle stärker gekrümmt und die Gezeitenkräfte im Umfeld des Schwarzen Lochs sind nochmals stärker. „Sie können sich nähernde Objekte auseinanderreißen, noch bevor sie den Ereignishorizont erreichen.“

Am Ereignishorizont des Schwarzen Lochs

Die Reise ins Herz der Finsternis beginnt in einem Abstand von rund 640 Millionen Kilometern vom Schwarzen Loch. Schnell wird das Ziel größer, bis das dunkle, von einem Ring aus leuchtendem Plasma umgebenen Gebildes das ganze Gesichtsfeld ausfüllt.

Je näher man dem Gravitationsfeld kommt, desto deutlicher werden der rotierende Gasring und die Photonen-Ringe sichtbar. Sie geben Abbilder längst vergangener Ereignisse und Versionen des Kosmos wieder.

Diese Visualisierung zeigt, wie verzerrt ein Schwarzes Loch von der Seite gesehen aussieht. Foto: © Nasa/GSFC/Jeremy Schnittman

Immer weiter nähern wir uns dem Ereignishorizont. Als Ereignishorizont (englisch: event horizon) bezeichnen Astrophysiker die Grenze um ein Schwarzes Loch, hinter die sich nicht blicken lässt, weil aus dem Bereich dahinter nichts, nicht einmal Licht, entkommen kann.

Einstein lässt grüßen: Krümmung der Raumzeit

Was für den Reisenden nur kurze Zeit dauert, erschiene einem Beobachter aus der Ferne völlig anders: Er sähe, wie wir immer langsamer werden und schließlich kurz vor dem Überschreiten des Ereignishorizonts fast wie eingefroren stillstehen.

Der Grund dafür ist die schon von Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagte gravitative Zeitdehnung: Die Raumzeit wird von der enormen Gravitationskraft des Schwarzen Lochs so stark gekrümmt, dass auch die Zeit verzerrt wird.

Sturz in die Singularität

Am Ereignishorizont angekommen, rast der Astronaut mit Lichtgeschwindigkeit über die Schwelle ohne Wiederkehr. „Wenn die Kamera dann diesen Horizont passiert, sind es bis zur Singularität nur noch 128 000 Kilometer“, erklärt Schnittman. Sie markiert den Punkt, an dem selbst die Gesetze der klassischen Physik ihre Gültigkeit verlieren. „Bis zur Zerstörung der Kamera durch Spaghettifizierung dauert es nun nur noch 12,8 Sekunden.“

Zur Info: Kommt ein Stern (oder ein anderes Obejekt im Kosmos) zu nahe an ein supermassereiches Schwarzes Loch heran, wird er von der extremen Anziehungskraft angesaugt und kann dabei in lange Fäden gezogen werden. Ein Vorgang, der als Spaghettifizierung bekannt ist. Werden Stränge des Sterns in das Schwarze Loch gesaugt, entsteht ein Lichtblitz.