Neue Bäume durch Drohnen? Luftrettung für den Frankenwald

Alles Gute kommt von oben – zumindest für einen gesunden Forst. Da es immer seltener regnet, muss sich die Wissenschaft etwas einfallen lassen. Im „neuen“ Frankenwald, den Ministerin Kaniber vorstellte, kommen nun sogar Drohnen zu Einsatz – aber nicht nur.

 
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Zerfurchtes Erdreich, dazwischen kratertiefe Löcher, schief aus dem Boden ragende Baumstümpfe – und mittendrin in Reih und Glied gepflanzte Setzlinge. Wer auf den Höhenzügen des Frankenwalds oberhalb des Pressiger Ortsteils Förtschendorf wandert, findet dort einen wenig intakt wirkenden Forst vor. Der erste Eindruck: Da haben Waldarbeiter mittendrin mit der Bewirtschaftung eines Flurstücks aufgehört. Doch diese Schlussfolgerung könnte falscher nicht sein. Denn das alles hier soll genau so aussehen. Noch zumindest. Denn das Areal ist nicht weniger als ein Versuchslabor für den Frankenwald von morgen. Hier sollen die Baumarten wachsen, die das langfristige Überleben des hiesigen Ökosystems sichern.

Denn der Frankenwald wird attackiert, und zwar von zwei unbarmherzigen Gegnern. Einerseits dem Klimawandel, der den ohnehin schon trockenen Böden Nordbayerns das Wasser noch weiter abgräbt. Andererseits dem Borkenkäfer, der dank der Erderwärmung immer bessere Bedingungen vorfindet. In den vergangenen Jahren bekam der Frankenwald bereits einen bitteren Vorgeschmack auf das, was künftig der Normalfall sein könnte: ein reihenweiser Kahlschlag. Dieses Szenario will Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) verhindern. Als sie vor zwei Jahren zuletzt den Frankenwald besucht hatte, legte sie ein millionenschweres Hilfsprogramm für die hiesigen Forstwirte auf. Sozusagen, um die Blutung zu stillen. Am Donnerstag kam Kaniber erneut nach Oberfranken. Diesmal ging es darum, wie die vom Käfer in den Wald gefressenen Wunden heilen sollen.

„Beachtliche Tatkraft“

Durch Geld allein, das machte Kaniber deutlich, werde die Gesundung des Ökosystems nicht gelingen. Zwar sehe ihr Zukunftsprojekt „Der neue Frankenwald“ erneut hohe Fördersätze vor. Entscheidend aber sei, wie diese vor Ort genutzt würden. Sie würdigte eine beachtliche „Tatkraft aus der Region heraus“, die bisher bereits zu respektablen Erfolgen in der Borkenkäferbekämpfung geführt habe. „Sie haben die riesige Menge von 1,7 Millionen Festmeter Käferholz aufgearbeitet, um benachbarte Wälder zu schützen“, dankte sie den anwesenden Forstbesitzern. Wenn es weiterhin gelinge, den Käfer zu bremsen, „gewinnen wir Zeit“. Zeit, die nötig sei, um den Frankenwald zu einem klimatoleranten Mischwald umzubauen. „Der neue Frankenwald wird ein völlig anderes Gesicht haben als der alte. Ein weitaus bunteres und vielfältigeres“, kündigte die Forstministerin an.

Noch kann man dies oberhalb von Förtschendorf an der alten Heeresstraße lediglich erahnen. Noch vor ein paar Jahren stand hier eine Fichte neben der anderen. Bis der Käfer kam und alles durcheinanderbrachte. Bei einem Rundgang durch den von Experten der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft angelegten Wiederbewaldungsparcours – ein zweiter soll im Landkreis Hof entstehen – erläuterten die Forstexperten Sophia Buchner und Rico Schädler, was in den einzelnen Parzellen des Areals wachsen soll. Von der Birke über die Europäische Lärche, die Rotbuche und Weißtanne reicht das Spektrum. Daneben sollen Eiben, Küstentannen, Winterlinden und Vogelkirschen blühen.

Der „Rolls Royce unter den Baumarten“

Wie Sophia Buchner sagte, seien nach bisherigen Erkenntnissen Eichen und Rotbuchen besonders gut für den Frankenwald geeignet. „Sie sind der Rolls Royce unter den Baumarten.“ Teuer in der Anschaffung, aber auch sehr wertig und langlebig. „Und sie kommen super auf Freiflächen und mit Trockenheit zurecht“, so Buchner. Beste Aussichten also, um im Frankenwald der Zukunft zu bestehen. Auch die Weißtanne könne ein Revival erleben. 70 Prozent des Frankenwalds seien einst von ihnen bedeckt gewesen. „Mittlerweile machen sie in ganz Bayern nur noch zwei Prozent aus“, informierte Rico Schädler. Allerdings machten die beiden Fachleute auch klar: Jeder Waldbesitzer müsse seinen ganz eigenen Weg zur Wiederaufforstung gehen. Der nun angelegte Parcours mache es jedoch erstmals möglich, Interessenten ganz praktische Tipps für den Waldumbau zu geben. In diesem Sinne hoffe man, dass das Angebot gut angenommen werde.

Darüber hinaus wird vor Ort wissenschaftliche Forschung betrieben. So befasst sich laut Staatsministerin Kaniber die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in einem Forschungsprojekt mit der wassersparenden Bewirtschaftung von Setzlingen. Professor Axel Göttlein von der TU München stellte am Donnerstag einen weiteren Ansatz vor. Gemeinsam mit dem Start-up „Skyseed“ werde an der Ausbringung von Saatgut via Drohne gearbeitet. Vor allem an Steilhängen oder schwer zugänglichen Flächen könne auf diesem Weg gefahrlos für neues Wachstum gesorgt werden. Zum Einsatz komme eine spezielle „Notfallmischung Frankenwald“, die beispielsweise Samen von Lärche, Hirschholunder, Sandbirke oder Vogelbeere enthalte. Ziel sei es, eine sogenannte Vergrasung von Kahlflächen zu verhindern. Göttlein: „Wenn das passiert, verschwinden nicht nur die Bäume, sondern auch die Mineralstoffe im Boden. Diese aber brauchen wir, wenn dort wieder Wald entstehen soll.“

Die Erkenntnisse, die hier in den nächsten Jahren gewonnen werden, sollen auch andernorts im Freistaat nützlich sein, denn: „Was heute im Frankenwald passiert, wird morgen auch andere Regionen Bayerns treffen“, sagte Peter Pröbstle, Leiter der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.

Das Projekt

Das Zukunftsprojekt „Der neue Frankenwald“, das Forstministerin Michaela Kaniber am Donnerstag vorstellte, fußt auf vier Säulen. Neben der Entwicklung neuer Bewaldungskonzepte sowie der Ausweitung der wissenschaftlichen Forschung soll es auch mehr finanzielle Unterstützung sowie zusätzliche Personalstellen in Oberfranken geben. So haben sieben neue Revierförsterinnen und -förster bereits ihre Arbeit aufgenommen. In den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten werden zudem 1,5 neue Stellen für die zügigere Förderabwicklung geschaffen. „Und wir heben den Zuschuss für die Instandsetzung der geschädigten Forstwege auf durchgehend 90 Prozent der Kosten an. Denn für eine rasche Wiederbewaldung braucht es befahrbare Forstwege“, versprach Kaniber. Diese seien im Frankenwald zuletzt arg in Mitleidenschaft gezogen worden.

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