Oberkotzau Argumente und Emotionen

130 Stühle hatte die Gemeinde in der Saaletalhalle aufstellen lassen, und dennoch fanden nicht alle Besucher Platz. Turbulent wurde es kurzzeitig, als mehrere Feuerwehrleute wegen eines Alarms im Eilschritt die Halle verließen. Später kamen sie zurück. Foto: Keltsch

So eine Gemeinderats- sitzung hat Oberkotzau noch nicht erlebt. Mehr als 130 Besucher hören der Diskussion um die um-strittene Ortsumgehung zu. Ein Antrag der CSU pro Umgehung erhält schließlich die Mehrheit.

 
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Oberkotzau - "So eine Sitzung dürfte einzigartig in Bayern sein", meinte Bürgermeister Stefan Breuer angesichts des mehr als 130-köpfigen Publikums am Montagabend in der Oberkotzauer Saaletalhalle. Das Thema war brisant: Zentraler Tagesordnungspunkt des Gemeinderats war die heftig umstrittene Ortsumgehung. Am Schluss verlief die Abstimmung mit zwölf zu acht Stimmen erwartungsgemäß: Elf Räte aus der CSU- und der SPD-Fraktion und der Bürgermeister votierten für einen Antrag der CSU und somit für den Bau der Umgehung. Acht Gegenstimmen kamen von der UWO und von drei "Abweichlern" der Fraktionen von CSU und SPD. Ein SPD-Gemeinderat fehlte. Wie berichtet, ist der Bau der Umgehung nach einem jahrzehntelangen Verfahren beschlossene Sache und richterlich abgesegnet. Die seit der vergangenen Wahl im Gemeinderat vertretene UWO lehnt sie jedoch ab; die Diskussion in Oberkotzau ist wieder voll entbrannt.

Zunächst Tempo 30

Bürgermeister Stefan Breuer kündigte an: Das staatliche Bauamt Bayreuth werde die schlimmsten Schäden an der Ortsdurchfahrt sanieren lassen - und bis es so weit ist, werde in diesen Bereichen von 20 bis 6 Uhr Tempo 30 eingeführt.

Und so bat der Bürgermeister eingangs, von Applaus für Redebeiträge und von Zwischenrufen Abstand zu nehmen. Die Bitte wurde nicht ganz erfüllt; im Laufe der Sitzung - elf Redner gaben Stellungnahmen ab - wurde wiederholt applaudiert. Auf Unmutsbekundungen verzichteten die Zuhörer weitgehend. Zwar lieferten sich insgesamt elf Redner einen harten Schlagabtausch; alles in allem verlief die Sitzung aber ruhig.

Fast eine halbe Stunde lang nahm der Bürgermeister Stellung; er sprach sich wie die CSU und SPD eindringlich für den Bau der Ortsumgehung aus. Es gehe darum, ein Signal an den Freistaat Bayern zu senden, dass Oberkotzau nach wie vor zu dem Projekt stehe, sagt er. Alle Argumente in der neu aufgeflammten Diskussion seien nicht neu. Die Planfeststellung beruhe auf aufwendigen Gutachten und Expertisen. Deren Zahlen seien nach wie vor maßgebend. Breuer wies Behauptungen im Internet, die Gutachten seien fehlerhaft oder gar manipuliert, zurück. Alternative Lösungen zur Entlastung der Ortsdurchfahrt wären nicht ausreichend wirksam. Den Vorschlägen der UWO zur "zügigen Verbesserung" erteilte Breuer eine Absage. So sei ein Lkw-Verbot auf einer Staatsstraße nicht durchsetzbar. Breuer wandte sich an die UWO: "Das sollten Sie wissen, aber sie ignorieren alle rechtlichen Gegebenheiten."

CSU-Sprecher Achim Hager betonte ebenfalls, an der Notwendigkeit der Umgehung bestehe kein Zweifel. Das Verfahren sei demokratisch und rechtsstaatlich gewesen. Die UWO forderte er auf, "unsinnige" Initiativen zu unterlassen und stattdessen zu helfen, das Projekt Umgehung umzusetzen. Auch Markus Retsch, SPD-Fraktionsvorsitzender, appellierte: "Man muss ein Urteil akzeptieren können."

Die Vertreter der UWO verteidigten ihre ablehnende Haltung ebenso wie die Initiativen, die sie gegen das Projekt gestartet haben, unter anderem eine Petition im Internet und das Verteilen von Postkarten an Oberkotzauer Haushalte. Fraktionsvorsitzender Christian Feller betonte, der UWO gehe es um Information, und sprach von einer "Kommunikationsoffensive". Im Gemeinderat habe vor dem Einzug der UWO niemand die Umgehung kritisch hinterfragt. Mehr als 400 Unterzeichner hätten sich der Petition angeschlossen, und das zeige: "Es herrscht Klärungsbedarf." Die UWO fordere ein Umdenken, betonte Feller. Sie präsentiere neue Ansätze, doch diese würden von der Mehrheit der Gemeinderäte nie ernsthaft diskutiert. Der UWO-Sprecher rief mit Blick auf den Flächenverbrauch durch die Umgehung dringend dazu auf, sich "genau zu überlegen, was wir hier machen. Dieses Land kriegen wir nicht wieder zurück."

Bastian Schatz von der UWO wies Vorwürfe zurück, de Postkartenaktion mit ihren prägnanten Forderungen sei populistisch gewesen. Auf Postkarten schreibe man naturgemäß "keine großen Texte", doch die UWO habe über Links im Internet viele weitere Informationen zur Verfügung gestellt. Erik Winterling machte deutlich, dass ein Projekt wie die Ortsumgehung nicht automatisch nur deshalb umgesetzt werden müsse, weil die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen sind. Er verwies auf den bundesweit bekannten Fall RWE/Hambacher Forst: Der Energieversorger verzichte auf eine weitere Rodung, obwohl er dort das Recht für weiteren Kohleabbau habe. Auch Winterling warf der Gemeinderatsmehrheit vor, in der Vergangenheit Vorschläge der UWO für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit nicht verfolgt zu haben.

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